Richard Widmark im Kalten-Kriegs-Drama von Sam Fuller: Inferno (Hell and High Water)
Regisseur Samuel Fuller (1912–1997), Sohn russischer und polnischer Emigranten, inszenierte Western, Krimis und Kriegsfilme. Dabei ist der eher modern denn klassisch orientierte Inszenierungsstil recht unkonventionell, unsentimental und stellt häufig genrespezifische Klischees in Frage. Fast immer kommt der Regisseur zügig zur Sache und knallhart auf den Punkt, wirft den Zuschauer meist direkt ins Geschehen. Er wurde für die Filmemacher des New Hollywood zu einem entscheidenden Vorbild. In seinen Kriminalfilmen knüpfte der im Teenageralter als jüngster US-Kriminalreporter tätig Gewesene beim Film-Noir an. Forty Guns * Vierzig Gewehre (1964) gilt inzwischen als Vorläufer des Spätwesterns und spiegelt außerdem Elemente des Italo-Westerns.
Die vielen Kriegsfilme in seinem Werkkatalog reflektieren die Kriegserfahrungen Fullers, der 1942 eingezogen worden ist. Er diente in der 16. Kompanie der ersten Infanteriedivision, der sogenannten „Big Red One“, und exakt diesen Titel trägt denn auch einer seiner letzten Filme, für ihn selbst wohl der persönlichste und vielleicht sogar wichtigste überhaupt. Ein zentrales Element seiner filmischen Erzählungen ist das Verhalten in Grenzsituationen befindlicher kleiner Gruppen, deren Mitglieder total aufeinander angewiesen sind. Damit verbunden sind für seine Zeit sehr ungeschminkt und nüchtern dargestellte Gewaltmomente. Interessanterweise hat Fuller, der als Drehbuchschreiber begann, bei fast allen Filmen für die er seit 1948 auf dem Regiestuhl Platz genommen hat zusätzlich beim jeweiligen Drehbuch mitgewirkt.
In erster Linie ist Fuller für Low-Budget-Produktionen bekannt, wobei Inferno * Hell and High Water schon klar darüber rangiert, denn das Kalte-Kriegs-Drama entstand während seines ab 1951 laufenden siebenjährigen Vertrages mit 20th Century Fox und war übrigens sein erster Film in Farbe und CinemaScope. Es geht um ein kommunistisches Komplott: Die Chinesen wollen über Nordkorea aus einer amerikanischen B-29 eine Atombombe abwerfen und dies den Amerikanern in die Schuhe schieben. Wiederum beeindruckt der Regisseur den Zuschauer unmittelbar, indem er den Film mit der Atomexplosion beginnen lässt, deren Geschichte er im Anschluss erzählt wird. Obwohl nicht nur das Ideologische in diesem Kalten-Kriegs-Drama mitunter ein wenig haarsträubend ist. Fullers Regie sorgt für eine recht ansehnliche Unterhaltung, einige gelungene Spannungsmomente inklusive. In den einen weiten Teil des Films ausmachenden, im inneren eines U-Bootes spielenden Szenen besitzt gerade das Katz und Mausspiel mit dem U-Boot des Gegners eine recht beachtliche Intensität. Zusätzlich bemerkenswert ist dabei, dass internationale Zusammenarbeit an der Tagesordnung ist. Die neben Amerikanern aus Franzosen, Japanern und Chinesen zusammengesetzte U-Boot-Mannschaft funktioniert, ohne dass dabei die damals im US-Alltag allgegenwärtige Fremdenfeindlichkeit spürbar wird. Der Film entstand übrigens komplett im Studio, was natürlich bedeutet, dass viel getrickst worden ist. Obwohl man vielem davon das Alter zwangsläufig anmerkt, sehen einige der Special Effects immer noch recht beachtlich aus. Die sowohl im Prolog als auch am Schluss zu sehende Nuklearexplosion ist ähnlich nett getrickst wie die in Disneys 20.000 Leagues Under the Sea * 20.000 Meilen unter dem Meer aus demselben Jahr. Natürlich ist im Plot neben dem von Richard Widmark gespielten Kapitän des amerikanischen U-Boots eine attraktive Frau unverzichtbar: die polnische Schauspielerin Bella Darvi.
Dass Alfred Newman dazu kein Meisterwerk, sondern ebenfalls eine eher routinierte, aber in Teilen doch recht kraftvolle Musik beigesteuert hat, ist ein weiterer kleiner Pluspunkt.
Inferno in HD auf BD
Die Blu-ray-Veröffentlichung von explosive media ist als Einzel-BD in schwarzer Amaray-Box, versehen mit auf einem Filmplakatmotiv beruhenden Cover erhältlich.
Der HD-Transfer ist durchgehend sehr ansehnlich. Schärfe, Schwarzwert und Farbwiedergabe sind mehr als solide. Bildschäden etc. sind praktisch nicht auffällig. In einigen Szenen wirken jedoch die Hauttöne etwas unnatürlich bräunlich. Das Scope-Bild ist am linken und rechten Bildrand leicht beschnitten, denn in den ersten 18 Monaten nach Einführung im Herbst 1953 war Besagtes noch etwas breiter als späterhin gewohnt, nämlich 1: 2,55 statt des anschließend, wegen des Platzbedarfs der zum 4-Kanal-Stereoton auf den Magnettonkopien noch zusätzlich aufgebrachten Mono-Lichttonspur (MagOptical), geläufigen 1: 2,35.
Der deutsche Mono-Ton ist sauber und klar. Der englische Originalton ermöglicht es, einen sehr ansprechenden Eindruck von der Stereoton-Präsentation des Films in den Fifties zu erhalten, und das bereitet einigen Spaß.
Extras
Als Boni gibt es die übliche ansprechende Bildergalerie mit Standfotos bzw. Werbematerialien sowie einen US-Trailer.
Fazit: Obwohl Inferno * Hell and High Water sicher nicht zu den Top-Filmen von Samuel Fuller und Richard Widmark zählt und man heutzutage durchaus von der straffen antikommunistischen Tendenz irritiert sein kann, sollte man ihm trotzdem eine Chance geben. Man darf den Streifen nicht übertrieben ernst nehmen, sollte ihn vielmehr in die Kategorie routiniert-solide Auftragsarbeit einordnen und als Kind seiner Zeit, als eine Stilblüte des McCarthyismus und der dafür stehenden Paranoia wahrnehmen. Dann vermag man sogar gelegentlich schmunzelnd über seine Schwächen dezent hinwegzusehen. Was dann bleibt, ist eine mittlerweile zwar sicherlich angestaubte, aber innerhalb ihrer Grenzen keineswegs schludrig, sondern solide und punktuell sogar mit einigem Geschick gemachte Unterhaltung aus einer längst vergangenen Kinoära, als das Pantoffelkino Fernsehen und die großen Lichtspieltheater noch ernsthaft um Zuschauer konkurrierten.
Hier geht’s zum Gewinnspiel.
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