Flight of the Phoenix / Dina — Meine Geschichte
Nach dem Tode von Jerry Goldsmith zählt Marco Beltrami zweifellos zu den ganz besonderen Hoffnungsträgern. Besonders mit den beiden aus 2004 stammenden Scores zu Hellboy und i, Robot dürfte er so manchem Filmmusikliebhaber stärker ins Bewusstsein gerückt sein. Ende des vergangenen Jahres erschienen hierzulande in kurzer Folge zwei weitere seiner Arbeiten auf Tonträger: Die Musiken zum hierzulande am 7. April 2005 anlaufenden Remake des 1965er Abenteuerklassikers von Regisseur Robert Aldrich Der Flug des Phönix sowie zu Ole Bornedals (Nightwatch) bereits 2002 produzierten, hierzulande allerdings erst am 2. Dezember 2004 gestarteten düsteren Seelendrama aus Nord-Norwegen Dina — meine Geschichte.
Beide Filme haben etwas gemeinsam: sie sind in Teilen stark klangbezogen vertont worden. In Flight of the Phoenix ist die bekannte 1965er Story um eine Gruppe notgelandeter Flugpassagiere in die Mongolei, in die Wüste Gobi, verlegt worden. Auch hier sehen sich die Protagonisten von räuberischen Nomaden bedroht und können schließlich allein Dank der Fähigkeiten eines anfänglich eher unscheinbaren und einzelgängerischen Technikers aus den Trümmern ihrer Maschine ein flugfähiges Gefährt zusammenbauen und so dem sicheren Tod entkommen. Marco Beltrami hat hierfür eine wenig thematisch, sondern in erster Linie atmosphärisch und damit klanglich orientierte Musikuntermalung komponiert. Im Film sind an wichtigen, tragenden Stellen der Filmhandlung — nicht auf der CD vertretene — Songs eingesetzt worden. Damit sind allerdings schon konzeptionell den Entfaltungsmöglichkeiten einer thematisch orientierten Musik doch (allzu) enge Grenzen gesetzt gewesen. Ob dies nun alleiniger Wunsch der Produzenten oder sogar vom Komponisten favorisiert worden ist, lässt sich nicht klären. In jedem Fall hat sich der Komponist wieder einmal pfiffig aus der Affäre gezogen.
Reizvoll und besonders viel versprechend sind das Eröffnungsstück „Elliot“ und ebenso das unmittelbar anschließende „Approaching Storm“ geraten. Kombinationen aus oftmals ungewöhnlich gespielten Instrumenten, Tremoli der Bläser, Streicherpizzicati und Glissandi (auch des Schlagwerks) und (wohl auch verfremdete) ethnische Vokalisen formen ein raffiniertes und zugleich exotisch anmutendes Klangdesign. (Auf den Ort der Filmhandlung bezogen ist es allerdings nicht besonders stimmig geraten.) Auch in anderen Tracks sind geschickt ausgeformte Klangmixturen aus orchestralen Einwürfen, ethnischem Instrumentarium (inkl. exotischer Percussions), Ethno-Vocalise und mitunter auch synthetischen Klangeffekten anzutreffen. Besonders prägnant ist dabei die Rhythmik, die häufiger (passend zu den eingesetzten Songs) auch poppig und rockig daherkommt. Dabei gerät Beltrami erfreulicherweise nicht in das Fahrwasser von Media-Ventures, sondern bleibt eigenständig. In Teilen fühlt man auch in dieser Musik die Nähe zum experimentellen Goldsmith der 60er Jahre. Ein schönes Beispiel dafür ist „Wings Crash“, das zum einen modernistisch, aber doch auch tonmalerisch umgesetzt wird. Durch die Klavierostinati besitzt der Track einen Hauch von Planet der Affen. In „Approaching Storm“ verweisen die Einsätze der Posaunen deutlich auf Elliot Goldenthal.
Völlig unthematisch ist Flight of the Phoenix aber denn doch nicht. Spätestens beim zweiten oder dritten Hören offenbart sich ein (allerdings eher unscheinbarer) melodischer Gedanke, der erstmalig in „Franks Plea“ zu hören ist. Das „Problem“ ist, dass dieses Thema nur vereinzelt (eher knapp) zitiert wird, aber eben keine echte Entwicklung durchmacht. Auch die optimistische, ein wenig hymnisch anmutende Steigerung im Schlusstrack „Homeward“ bleibt letztlich doch etwas blass.
Flight of the Phoenix ist, wie auch manche Scores von Thomas Newman, kein durchgehend überzeugendes Höralbum. Bei verschiedenen Stücken behindert (zumindest hier) auch ihre relative Kürze (von nur knapp ein bis eineinhalb Minuten) eine ohne Filmbild überzeugende Wirkung. Und besonders im mittleren Drittel des Albumschnitts befinden sich einige reine Suspense-Tracks, die ohne Bild kaum noch Sinn machen. In diesen sind dann wiederum auch Teile der Synthesizer-Effekte recht konventionell geraten sind. Unterm Strich kann man sich ein hörenswertes Konzentrat von 20 bis max. 30 Minuten programmieren, das vom Klanglichen recht einfalls- und abwechslungsreich ist, ungewöhnlich und weitgehend eigenständig bleibt; etwas, bei dem nicht andauernd an irgendwelchen Temp-Tracks entlang komponiert worden ist.