Faschismus und Zweiter Weltkrieg im Spiegel ausgewählter Kinofilme, Teil VII

Faschismus und Zweiter Weltkrieg im Spiegel ausgewählter Kinofilme, Teil VII
Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
13. November 2004
Abgelegt unter:
Special

Der Untergang: Film, Bücher und Hörbuch, Filmmusik-CD

Oliver Hirschbiegels Drama über die letzten Tage des Dritten Reiches, Der Untergang, polarisiert und erhitzt die Gemüter. „Wie menschlich darf man Hitler überhaupt zeigen?“, zählt dabei zu den in den Medien diskutierten Fragen. „Die Zeit“ zitiert „Le Monde“, wo vom vorzeigbaren, häuslichen Hitler und von der Langweiligkeit dieser letzten Tage im Führerbunker die Rede ist; wobei der Wiener „Der Standard“ zu denen gehört, die besonders unheilvoll resümieren: Die Vermenschelung Hitlers sei ein Abschied von der „republikanischen verfassungspatriotischen Erinnerungskultur“, der Film stehe symptomatisch dafür, dass „sich die gesellschaftlichen Fraktionen für eine konservative Hegemonie allmählich finden“.

Die hier nur äußerst knapp angerissene Kontroverse um einen Film, der sich fast 60 Jahre „danach“ bemüht, ein möglichst realistisches Bild jener Götterdämmerung im Berlin des Frühjahrs 1945 zu zeigen, ist bemerkenswert, aber nicht wirklich neu. Geht der Film doch noch eindeutiger als einige seiner Vorläufer — z. B. Hitler, The Last Ten Days (1972), The Bunker (TV, 1980) — auf G. W. Pabsts Der letzte Akt (1955) zurück. Pabsts Film durchbrach als erster das im Nachkriegsdeutschland lange Zeit unausgesprochene Tabu, Adolf Hitler im Film zu zeigen. Bereits knapp 10 Jahre „danach“ einen Spielfilm zu diesem Thema in die Kinos zu bringen, zeugt von Wagnis und Mut. Nicht allein die in den deutschen Großstädten noch (für mehr als ein Jahrzehnt) sichtbaren Ruinen waren eine tagtägliche unausweichliche Erinnerung an die Folgen des „1000-jährigen Reichs“. Der Streifen kam außerdem zu einer Zeit in die Kinos, als hierzulande um Wiederbewaffnung und Gründung der Bundeswehr heftig gestritten wurde.

Der letzte Akt ist ein selbst heutzutage noch — auch und gerade (!) als Ergänzung zu Der Untergang — sehr sehenswerter und überaus eindrucksvoller Film. Leider ist er bislang nur als technisch recht unzulänglicher Video-Transfer hin und wieder im deutschen Fernsehen gezeigt worden. Möge daher Der letzte Akt dem Interessierten bald auch in Form einer ansehnlichen DVD-Edition zugänglich sein. In Albin Skoda besitzt der Film einen glaubwürdigen und zugleich markanten Hitler-Darsteller, dessen Interpretation der Figur übrigens Bruno Ganz als Ausgangspunkt für die Gestaltung seiner Rolle diente.

Auch Der letzte Akt hatte seinerzeit (bereits während seiner Entstehung) ähnlich heftige Pressenotizen zur Folge, die den heutigen mitunter verblüffend ähnlich sind. So wurde die Frage aufgeworfen, ob das Aufgreifen des Themas nicht an die Grenzen des guten Geschmacks rührt, und ein Redakteur resümierte in einem Artikel der Illustrierten „Quick“ schon damals: „Ob der Film dem deutschen Volk gut tut, das ist eine Frage, die nicht gestellt wird.“

Wie auch immer man Oliver Hirschbiegels Film auffassen und interpretieren mag, ich denke, dass er ein überaus sehenswerter Beitrag zu dem wohl dunkelsten Kapitel der Deutschen Geschichte ist. Allein aus dem Ansehen eines Films heraus die Ära des Dritten Reiches voll zu verstehen oder überhaupt umfassender zu begreifen, das ist jedoch ein überzogener Anspruch, an dem jeder Film zum Thema scheitern muss. Insofern sollte der zeitgeschichtlich Interessierte in jedem Fall den Filmbesuch nachbereiten und ergänzen. Dieser Artikel will dazu ein paar Anregungen geben.

Ausgangspunkte für Der Untergang lieferten Joachim Fests historische Skizze gleichen Titels sowie die Erinnerungen Traudl Junges, einer der vier Sekretärinnen Hitlers, in „Bis zur letzten Stunde“. Beide Publikationen eignen sich vorzüglich, das im Film Gesehene zu vertiefen und dem Gezeigten mehr Detailschärfe durch aufgezeigte Zusammenhänge zu verleihen.

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