Des Teufels General (1955) und Die Brücke (1960) gehören zur kleinen Reihe der deutschen Nachkriegsfilme, die sich ernsthaft mit den Auswirkungen von Faschismus und zweitem Weltkrieg auseinandersetzen. Beide Filme legen Wert auf ein möglichst überzeugend wirkendes dokumentarisches Flair: Sie sind „nur“ in Schwarzweiß aufgenommen, verzichten außerdem auf Breitwandverfahren und auch auf eine speziell komponierte Filmmusik.
Des Teufels General
Helmut Käutners gelungene Verfilmung des gleichnamigen (im amerikanischen Exil während des Krieges entstandenen) Bühnenstückes von Carl Zuckmayer, in dem es um die stilisierte Figur des Flieger-Generals Ernst Udet geht – der im Zuckmayer-Stück als General Harras gespiegelt wird spielt im Dezember 1941 in Berlin. General Harras (beeindruckend verkörpert von Curd Jürgens), der sich vor den Karren des Regimes hat spannen lassen, um Karriere zu machen, muss erkennen, dass das Paktieren mit einem teuflischen Regime lebensgefährlich werden kann. Im Konflikt mit dem intelligenten, verschlagenen SS-Obergruppenführer Schmidt-Lausitz (Viktor de Kowa brilliert in dieser Rolle) ist er anfänglich umworben, wird allerdings später rücksichtslos an die Wand gedrückt. Harras, der sich als nahezu unersetzbar gewähnt hatte, muss erkennen, dass der „Teufel“ – mit dem er sich in der irrigen Annahme verbündete, dabei anständig und sauber bleiben zu können – nicht zögern wird, sich seiner rücksichtslos zu entledigen, falls er entbehrlich werden sollte. Der General handelt nach den Worten „Wer auf Erden des Teufels General war, der muss ihm auch in der Hölle Quartier machen!“ und wählt den Freitod.
Im Film gibt es viele sehr stark inszenierte Szenen, die von überzeugenden schauspielerischen Leistungen getragen werden. Besonders fasziniert mich jene, in der Harras dem jungen, bedrückten Flieger-Leutnant Hartmann gut zuredet, der wegen einer jüdischen Großmutter keine Karriere in der NS-Partei machen kann. Er öffnet dem jungen Offizier nicht nur die Augen über die Unsinnigkeit von Krieg und Todesbereitschaft, sondern redet überzeugend von der Bedeutungslosigkeit, Angehöriger einer „sortenreinen“ arischen Rasse zu sein und sagt auf köstlich ironische Weise seine Meinung zu den „schrecklich verpanschten alten rheinischen Familien“. Im beeindruckenden Monolog des Harras spielt die historisch gewachsene, heutzutage als multi-ethnisch zu bezeichnende Tradition der Bevölkerung des Rheinlandes die entscheidende Rolle „… das alles hat am Rhein gelebt, gerauft, gesoffen, gesungen und Kinder gezeugt …“. Harras (oder besser sein Schöpfer Carl Zuckmayer) verwendet nicht ein einziges Mal (!) die Worte „deutsch“ und „Deutscher“, sondern hebt allein die (zufällige) Zugehörigkeit zur Region hervor: „Vom Rhein sein, das heißt vom Abendland. Das ist natürlicher Adel! Das ist Rasse! Seien Sie stolz drauf, Leutnant Hartmann, und hängen Sie die Papiere Ihrer Großmutter auf den Abtritt!“
Dem erfolgreichen und ausgezeichneten Film wurde später vorgeworfen, er verharmlose und entschärfe Teile des Bühnenstückes, um seinem Publikum nicht weh zu tun. Von einigen kleinen kinoüblichen Klischees abgesehen, haben mich jedoch die stimmige Atmosphäre und viele eindringliche Szenen immer stärker beeindruckt als diese Kritik – dies gilt auch für so manches scheinbar nebensächliche Detail, welches man erst beim mehrfachen Anschauen bemerkt.
Die Brücke
Der auch als Schauspieler bekannt gewordene Bernhard Wicki schildert in seinem ersten abendfüllenden Spielfilm, Die Brücke (1959), das Schicksal einer Gruppe von Halbwüchsigen in den letzten Kriegstagen. Der Film zeigt, was im Geist der Nazi-Ideologie erzogene Jugendliche anrichten können. Sie verteidigen fanatisch eine strategisch längst bedeutungslos gewordene Brücke. Das dabei provozierte Gefecht führt zu einem Inferno, das nur einer der Jungen überlebt – seelisch zerbrochen …
Der Regisseur entwirft ein atmosphärisch dichtes und packendes Bild der letzten Kriegstage. Er zeichnet ein eindringliches psychologisches Portrait der Jungen, die stellvertretend für eine ganze Generation stehen, von denen viele ihren Glauben an demagogisch missbrauchte Ideale mit kompletter Entwurzelung oder sogar dem Leben bezahlen mussten. Der Film war seinerzeit im In- und Ausland sehr erfolgreich. Er lebt neben der guten Inszenierung auch von seinen überzeugend agierenden (Jung-)Darstellern, wie Volker Lechtenbrink und Fritz Wepper – die viele Leser aus ihren späteren Fernsehrollen kennen dürften.
Bernhard Wicki knüpft stilistisch an die große Tradition des realistischen deutschen Films vor 1933 an, für den hier als sujetbedingtes Vorbild besonders Westfront 1918 (1930) von G. W. Pabst steht. Die den Film beschließenden Kampfszenen wirken in ihrem für ihre Zeit schonungslosen Realismus auch heute nicht harmlos: Sie sind das bittere Pendant zur anfänglichen pflichtbewussten nationalen Begeisterung für das vaterländische „Abenteuer“ Krieg und der eher verkappt-kindlichen Indianer-Spiel-Mentalität der halbwüchsigen Protagonisten.
Die Filme auf DVD
Die beiden Kinowelt-DVDs präsentieren die Filme in guter Bildqualität und mit knackigem Kontrast. (Eventuell empfiehlt es sich, die Schärfe-Einstellung am Fernsehgerät etwas herunter zu regeln, um einen optimalen Bildeindruck mit minimaler Körnung und guter Schärfe zu erhalten.) In beiden Fällen dürfte es sich um die bekannten, schon im Fernsehen präsentierten ordentlichen Video-Fassungen handeln, die vermutlich ein wenig aufpoliert worden sind.
Den Ton gibt es in solidem Mono (Dolby-Digital-1.0) und in deutscher Sprache. Zusatzmaterial wird recht wenig geboten – was in Anbetracht des Alters der Produktionen verständlich ist. Neben einem Kinotrailer gibt es bei Des Teufels General ordentliche Starinfos auf Text-Tafeln; die DVD Die Brücke enthält ein interessantes Interview aus dem Jahre 1989 mit dem Regisseur Bernhard Wicki in der Fernseh-Reihe „Sonntags-Gespräch“.
Es gibt eine klare Empfehlung für diese wichtigen Filme auf DVD, die das wohl dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte interessant reflektieren und (mehr als nur einmal) sehenswert sind.
Mehrteilige Rezension:
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