Die Totenliste

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
11. Juli 2008
Abgelegt unter:
DVD

Film

(5/6)

Bild

(5/6)

Ton

(3/6)

Extras

(3/6)

John Huston inszenierte im Jahr 1962 einen auch heute, nach immerhin rund 45 Jahren, immer noch faszinierenden, ungewöhnlichen Thriller: The List of Adrian Messenger • Die Totenliste. Im Zentrum der originellen Filmhandlung steht eine unheimliche, nur scheinbar zusammenhanglose Mordserie. Ein besonders origineller Gag ist dabei eine augenzwinkernde Maskerade, die zumindest Teil des Geheimnisses um die Liste des Adrian Messenger ist. Kirk Douglas und ebenso die in kurzen Cameoauftritten zu Sehenden Robert Mitchum, Frank Sinatra, Burt Lancaster und Tony Curtis agieren hinter raffinierten Masken, die sie nicht nur auf den ersten Blick nahezu perfekt unkenntlich machen.

2725Die Totenliste ist eine raffinierte und spannende Mischung aus Sherlock Holmes und Agatha Christie, die auf dem Landsitz eines britischen Adligen ihren Höhepunkt erreicht. John Huston (Der Schatz der Sierra Madre) exerziert hier vor, wie man mit bescheidenem Budget, ohne CGI-Technik und „nur“ mit Hilfe kontrastreicher Schwarz-Weiß-Fotografie bereits vor mehr als viereinhalb Dekaden eine sehr gute Thrillerunterhaltung von wahrlich mörderischer Spannung, völlig ohne allein abgedrehte Splattereffekte produzieren konnte. Der Film hält den Zuschauer im Sessel, obwohl er bereits nach etwa einem Viertel der Zeit den sich fortwährend geschickt tarnenden Mörder kennt. Aber wie dieser letztlich von seinen Gegenspielern, allen voran dem pensionierten Geheimagenten Anthony Gethryn (George C. Scott) geschickt enttarnt und zur Strecke gebracht wird, das ist es, was den Streifen nachhaltig auszeichnet.

2723Koch Media hat den Film jetzt in einer überaus vorzeigbaren DVD-Edition vorgelegt. Das kontrastreiche, detaillierte Schwarz-Weiß-Bild (Format 1:1,85) ist nahezu makellos und auch am sehr klaren Mono-Soundtrack, der Filmtonspur (in Deutsch und Englisch), gibt es kaum Anlass zur Beanstandung. Nicht ganz so gut, aber solide zeigt sich der im Normalformat daherkommende englische Kinotrailer. Ein wenig schlicht ausgefallen ist allein die Ausstattung. Der nette Pappschuber für die Standard-DVD-Box enttäuscht leider die Erwartung auf ein etwas üppigeres Innenleben. Leider fehlt die einer Reihe vergleichbarer Koch-Media-DVD-Produkten beigegebene informative Textbeilage mit wertvollen Hintergrundinfos zum Film und seiner Entstehung. Die stattdessen beiliegende Reproduktion einer seinerzeit für Werbezwecke proklamierten „Publikums- und Leser-Umfrage“, die auf die Maskerade der Fünf Bezug nimmt, ist dafür nur sehr bedingt ein Ersatz.

Aber nicht nur Krimifreunde kommen auf ihre Kosten: The List of Adrian Messenger zählt zu den ersten Filmvertonungen, die der junge vom TV herkommende Jerry Goldsmith mit einem größer besetzten Ensemble umsetzen konnte.

2724Zentrales Thema ist eine vom Saxophon intonierte bluesig anmutende Melodie, die in ihrem geheimnisvollen Flair zumindest einen Hauch vom wesentlich späteren Basic Instinct (1992) besitzt. Die fein ausgestaltete, farbig instrumentierte Musik zeigt in den Suspense-Momenten mancherlei Nähe zu Bernard Herrmann, aber sie überzeugt auch in den pastoralen Passagen in den Szenen auf einem ländlichen britischen Adelssitz. Ein Höhepunkt ist die als klangprächtiges Setpiece vertonte Fuchsjagdsequenz. Zur in Form eines Abspanns stattfindenden drolligen Demaskierung erklingt eine geschickt arrangierte Schluss-Suite, in der Maestro Goldsmith sein Hauptthema unter anderem im Gewand eines charmanten Walzers (mit dezentem Alfred-Newman-Touch) Revue passieren lässt.

2722In dieser frühen Goldsmith-Musik für die große Kinoleinwand zeigt sich bereits sehr deutlich, welch ein Könner hier im Kommen war. Es bleibt zu hoffen, dass diese bislang nur im Bootlegbereich — in äußerst unzulänglicher Qualität — erhältliche Filmmusik mittelfristig eine offizielle Veröffentlichung erleben wird: entweder von den im Archiv von Universal in hoffentlich gutem Zustand schlummernden originalen Tonmastern oder aber, falls bei Universal auch weiterhin nichts geht, als sorgfältig produzierte Neueinspielung. Vielleicht wäre dies gar ein lohnender Fall für „Tribute Film Classics“?

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Regisseur:
Huston, John

Erschienen:
2008
Vertrieb:
Koch Media DVD
Kennung:
DVM000464D
Zusatzinformationen:
USA 1962

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