Ein charmantes Remake reinsten Wassers: Disneys 2017er Die Schöne und das Biest
Mit der Überschrift ist es direkt heraus: Beim jüngsten Realfilm-Remake eines weiteren Disney-Klassikers ist Regisseur Bill Condon in der Umsetzung besonders eng beim animierten Vorbild, Die Schöne und das Biest (1991) verblieben. Entsprechend halten sich Abwandlungen/Modernisierungen in besonders engen Grenzen. Bereits in der 1991er Version war Belle ein patentes, selbstbewusstes Mädel. Dieses Mal tritt die Emanzipation der weiblichen Heroine noch ausgeprägter zu Tage. Die bereits als weiblicher Zauberlehrling der Harry-Potter-Reihe geläufige Emma Watson passt hier wie dort prima in ihre Rolle. Etwas mehr an charakterlicher Tiefe gewonnen hat der vom aus Downton Abbey bekannten Dan Stevens verkörperte verwunschene Prinz, der freilich bis zum erlösenden Finale sein charmantes Äußeres hinter einer rauh-ruppigen digitalen Maske verbergen muss. Sein bisonähnlicher Kopf verfügt über eine besonders ausgeprägt differenzierte Mimik, was dabei hilft, das im Verlauf der Handlung immer sanfter und melancholischer wirkende Ungeheuer dem Betrachter zunehmend sympathischer zu machen. Der Dorf-Schönling Gaston (Luke Evans) ist dieses Mal nicht nur ebenso nervig wie früher, sondern er gibt jetzt auch noch einen veritablen Schurken ab.
Die nun freilich per CGI generierten aber m.E. vergleichbar drollig gestalteten Charaktere, etwa die gutmütige Kaminuhr Cogsworth, der Kerzenständer Lumière, die Teekanne Mrs. Potts und natürlich auch die knuffige Tasse „Tassilo“ haben mich überzeugt. Ebenfalls ansprechend geraten sind die fast durchweg vertrauten Musical-Einlagen, wobei das „Sei hier Gast“ dieses Mal zu einer besonders aufwändig animierten und temperamentvoll choreografierten Reminiszenz an die Musicals der Technicolor-Ära gestaltet wurde.
Natürlich enttäuschen auch dieses Mal weder die eleganten Set-Designs noch die opulenten Kostüme. Wenn Belle mit dem Prinzen im sattgelben Ballkleid tanzt, dann erinnert das schon an Disneys vergleichbar feines Cinderella-Remake aus dem Jahr 2015. Bereits bei diesem konnte man offenbar nicht widerstehen als Hauptmann der Prinzengarde – kaum glaubwürdig – einen Schwarzen unterzubringen. Daraus sind nun bei Die Schöne und das Biest in der Dienerschaft des Prinzen fast schon in Serie auftretende afroamerikanische als auch asiatische Figuren geworden. Warum Disney sich häufiger veranlasst sieht eine antirassistische Grundeinstellung derart aufgesetzt zur Schau stellen zu müssen, erschließt sich mir nicht. Auch wenn es sich hier nur um Märchen handelt, so sind diese hier aufgrund ihrer klassischen Inszenierung doch eindeutig im Europa des 17./18. Jahrhunderts verortet. Damit harmoniert zwanghaft implantiert wirkendes Multikulti-Gehabe jedenfalls eindeutig nicht.
Da war aber doch noch etwas angeblich sogar Skandalöses, oder? Ach ja, diese „offen schwule“ Szene zwischen LeFou (Josh Gad), welcher den schönen Gaston bewundernd anhimmelt. Dass es um etwas derart Belangloses in diversen Regionen einigen Wirbel gab, der Film z.B. im US-Bibelbelt gelegenen Alabama von einem Kino aus dem Programm genommen und diesem vom russischen Abgeordneten Vitaly Milonov sogar „Schwulenpropaganda“ attestiert wurde, das ist doch einzig ein absolut schlechter Witz. Dafür scheint den Homophoben allerdings der nur kurz nach der beanstandeten Szene auftauchende „Travestie-Einschub“ entgangen zu sein, wenn einer von drei Männern gar etwas verzückt darüber erscheint, von Madame de Garderobe (Audra McDonald) zur Lady aufgehübscht worden zu sein.
Die Schöne und das Biest von Blu-ray in HD und 3D
An den Verkaufsstart geht Disneys aktuelle Realfilmneuinterpretation als 3D-Version in einer zwei Discs umfassenden Ausgabe. Die zweite Disc im üblichen Amaray-Set wartet mit der 2D-Version und den Boni auf.
Bild und Ton
Die HD-Präsentation macht in Bild und Ton eine sehr gute Figur. Das Bild ist sowohl in 2D wie auch in 3D sehr detailfreudig. Es zeigt durchweg exzellente Schärfe, und ebenso einen überzeugenden Kontrastumfang. Nur in einzelnen Momenten weist es einen etwas zu hellen (dezent grau erscheinenden) Schwarzwert auf oder lässt in dunklen Passagen auch mal etwas Rauschen sichtbar werden. Die mit Hilfe von CGI verfremdeten Landschaften – es gibt nur zwei echte Außenaufnahmen – und damit auch die Farbpalette sind insgesamt vergleichbar üppig angelegt wie bei Cinderella (2015). Entsprechend neigen die abseits einiger düster gehaltener Momente häufig lichtdurchfluteten Bilder zu sehr satten, leuchtend dargestellten Farbtönen, wobei aber auch Pastellfarben sauber abgebildet werden. Auch am 3D-Eindruck gibtʼs nichts zu bemängeln. Der feine Raumeindruck packt nicht allein durch geschickt gewählte Perspektiven. Erfreulicherweise wird auch vor einer Reihe spielerisch gesetzter, aber gut in die Handlung integrierter 3D-Gimmicks nicht zurückgeschreckt. Wie überzeugend man zwischenzeitlich auch ohne den Einsatz von 3D-Kameras beim Dreh 3D-Filme machen kann, dafür ist nun auch Die Schöne und das Biest nur ein weiterer Beleg – siehe dazu auch The Walk. Zu den Bildern präsentiert sich ein fitter, auf den einzelnen Kanälen sehr aktiver DTS-HD HR 5.1-Surround-Sound-Mix.
Im Zentrum der sehr soliden Bonikollektion (komplett in HD) steht das rund 27-minütige Making-of „Ein zeitloses Märchen in neuem Gewand“. Außerdem bietet das recht ausführliche Feature „Vom Song zur Filmszene: Die Musical-Sequenzen“ (ca. 13 min.) interessante Einblicke in die Produktion. Nett ist auch die Möglichkeit den Film im Stile klassischer Kino-Events mit einer dreiminütigen Ouvertüre beginnen zu lassen. Allerdings ist es etwas schade, dass es keinen 3D-Kinotrailer zum Einstimmen gibt.
Die Filmmusikalben
Alan Menken hat für die aktuelle Filmversion seine Filmmusik zum 1991er Vorläufer in neu eingerichteter, aufpolierter Form wiederverwendet und dabei auch drei neue Songs hinzukomponiert. Disney hat sich dieses Mal besonders gut aufgestellt, um die Wünsche des auch an der Filmmusik interessierten Teils des Publikums optimal zu befriedigen. So finden sich für den primär auf den Musical-Touch und damit auf die Songs abonnierten Interessenten zwei Einzel-CD-Alben, die jeweils mit rund 54 Minuten Programm aufwarten und abseits der dreiminütigen instrumentalen Ouvertüre ausschließlich mit den deutsch- bzw. englischsprachigen Songs bestückt sind.
Außerdem ist eine originalsprachige zwei CDs umfassende Deluxe-Version als Digibook, versehen mit einem Begleitheft mit den Liedtexten, erhältlich. Diese wartet mit einer, gegenüber der Einzel-Disc-Version um knapp 10 Minuten durch Demo-Versionen erweiterten (rund 63-minütigen) Song-CD sowie einer zweiten mit rund 69 Minuten rein orchestraler Teile der Filmkomposition auf. Das deutschsprachige Pendant dieser Deluxe-Version ist allerdings ausschließlich als Download erhältlich.
Inwieweit man sich nun eher mit den englischsprachigen Original-Songs oder der deutschsprachigen Synchronfassung anzufreunden vermag, ist nach meinem Empfinden alles in allem eher eine Frage des individuellen Geschmacks, als eindeutiger Qualitätsunterschiede. Die Crux liegt dabei nur zum kleineren Teil in der Qualität der Übersetzungen, die zwangsläufige Andersartigkeit der Stimmen verschiedener Interpreten wird individuell meist als deutlich problematischer empfunden. Das Problem mit den Synchronisationen sollte eh nicht pauschal als grundsätzlich unlösbar dargestellt werden. Oftmals sind gerade Songs nur deswegen im Original „besser“, weil man ihre tatsächliche Banalität kaum mehr spürt.
Wer hier auf Nummer sicher gehen will und auch etwas „in der Hand“ haben möchte, für den ist das originale Deluxe-Album, allein schon wegen des süffigen orchestralen Scores, praktisch unentbehrlich. Nimmt man sich dann eventuell noch das deutsche Einzel-CD-Songalbum hinzu, hat man das jeweils beste beider Welten griffbereit und kann bei Bedarf die Kids auch leichter mitsingen lassen.
Fazit: Das Realfilm-Remake zu Die Schöne und das Biest hat seine Bewährungsprobe an der Kinokasse ja längst mit Bravour bestanden. Mit dem, was über die Home-Video-Auswertung noch hereinkommt, sollte es diesem Disney-Spektakel zudem locker möglich sein, Disneys 2013er Megahit Die Eiskönigin im Gesamtergebnis zu überholen. Durch ihre liebevolle Machart und visuelle Pracht dürfte die jetzt in Topqualität auch im Heimkinobereich verfügbare Neuversion mittelfristig wohl auch noch die Allermeisten der kleineren Gruppe der Zweifler überzeugen können, welche der 1991er Verfilmung den Vorzug geben, und sich dieser als praktisch ebenbürtig zur Seite stellen.
Wer sich auf das galante Remake des Jahres 2017 einlassen mag, für den ist ebenso mindestens eines der im Angebot befindlichen CD-Alben mehr als nur eine Überlegung wert, auch, weil man hier keineswegs eine simple Dublette der 1991er-Filmmusik erhält
Zur Erläuterung der Wertungen lesen Sie bitte unseren Hinweis zum Thema „Blu-ray-Disc versus DVD“.
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