Die Legende vom Ozeanpianisten

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
6. November 2000
Abgelegt unter:
DVD

Film

(5/6)

Bild

(5.5/6)

Ton

(5/6)

Extras

(3/6)

Das Buch

In Alessandro Bariccos Buch wird die märchenhafte Geschichte des Findelkindes „Novecento“ erzählt, das im ersten Jahr des 20. Jahrhunderts auf einem luxuriösen Ozeandampfer zur Welt kommt. Als Erwachsener wird er Pianist der Schiffsband und verlässt das Schiff niemals, bis zu seinem Tode…

Novecento hat einen ungewöhnlichen und rätselhaften Charakter; seine Geschichte ist eine Allegorie über das Leben, die Kunst im Allgemeinen und die Musik im Speziellen. Das reizvolle Buch präsentiert die Geschichte auf ungewohnte Weise: als Bühnen-Stück für einen Schauspieler und Regisseur. Der Schauspieler rezitiert in Form eines Monologs den Fortgang der Handlung. Die gelegentlich eingeschobenen Regieanweisungen beziehen sich in der Regel auf eine bestimmte Musik, die im Hintergrund gespielt werden soll. Überhaupt ist vieles in dieser seltsamen, aber zugleich originellen Story aus dem Geist der Musik geschrieben und mit dieser fest verknüpft: „… Zum Teufel, er spielte, und zwar eine Melodie, eine einfache und schöne Melodie. Es war kein Trick dabei, er war es wirklich und spielte mit seinen Händen auf diesen Tasten, bei Gott! Wie das klang, unfassbar…“ Alessandro Baricco verfasste das Stück 1994 für den Schauspieler Eugenio Allegri.

Der Film

Der Regisseur Giuseppe Tornatore (Cinema Paradiso) hat den Theater-Monolog Bariccos zu einem wunderschönen poesievollen Film um- und neugestaltet. Tornatore hat das Drehbuch selbst verfasst und dabei vieles ergänzt und erweitert, was bei Baricco nur flüchtiges Detail ist und auch ein paar neue Handlungselemente eingefügt. Für die Musik gewann der Regisseur Ennio Morricone: Ein Glücksgriff, denn die – bereits vor Beginn der Dreharbeiten fertiggestellte – äußerst sorgfältig und liebevoll ausgefeilte Tonschöpfung harmoniert mit den zum Teil traumhaft schönen Bildern nahezu vollkommen. Auch die CD ist ein wundervolles klingendes Souvenir und hat das Zeug zum Ohrwurm – Interessenten verweise ich auf meinen Artikel vom Februar 1999.

Für die Kameraarbeit wurde der Ungar Lajos Koltai verpflichtet, der für seine Arbeit an Filmen Istvan Szabos bekannt geworden ist. Koltai hat die bis in die Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts reichende Geschichte Novecentos in einer epischen und zugleich poetisch-sinnlichen Bildsprache eingefangen. Der opulent ausgestattete Film hat in vielem einen deutlichen „Titanic-Touch“. Die Musik spielt schon in Bariccos Buch eine entscheidende Rolle; in Tornatores Verfilmung unterstreicht die Kameraarbeit deren Bedeutung noch besonders. Es ist eine Freude, die sich in Novecentos Gesicht (dargestellt von Tim Roth) widerspiegelnden Empfindungen herauszulesen und zuzuhören, wenn er menschliche Charaktere in Töne fasst. Besonders eindringlich vermittelt der Film die Freude an Musik, wenn Novecento für die mittellosen Auswanderer der dritten Klasse spielt und diese mit seinem Klavierspiel begeistert. Die Kamera verfolgt in raffinierten Fahrten die Läufe auf der Klaviatur und zeigt auch die Faszination bei einem kleinen Jungen, der gebannt dem Ozeanpianisten zusieht.

Die Legende vom Ozeanpianisten ist eine nostalgische, surrealistische Kino-Ballade, grandioses Breitwandgemälde und überhaupt eine sinnliche, opernhafte Bilderflut für Genießer – ein rauschhafter und hinreißender Film, wie man ihn nicht alle Tage zu sehen bekommt!

Der Film auf DVD

Die DVD präsentiert den Film im korrekten Seitenverhältnis von 1:2,35 (16:9 optimiert) und in sehr guter Bildqualität: Schärfe, Kontrast und Farbe sind nahezu perfekt.

Ebenfalls ohne Mängel kommt der AC3-5.1-Ton (sowohl in deutsch als auch in englisch) daher. Der sehr stimmungsvolle und subtile Ton-Mix wirkt aber auch im Standard-Dolby-Surround sehr ordentlich.

Die Ausstattung mit Zusatzmaterial Der DVD ist eher durchschnittlich. Neben schriftlichen Bio- und Filmografien der Stars gibt es Produktionsnotizen und den Kino-Trailer in der deutschen sowie der internationalen Version im Format 1 : 1,85. Ansprechend sind die Interviewausschnitte mit dem Regisseur Tornatore und dem Komponisten Morricone. Infolge ihrer Kürze haben diese jedoch Schnipsel-Charakter. Das Musikvideo zum Song „Lost Boys Calling“ von Roger Waters ist im Prinzip eine nette Kurzfassung des Films, allerdings in ziemlich flauer Bildqualität.

Fazit: Auch in Die Legende vom Ozeanpianisten erweist sich Regisseur Guiseppe Tornatore als ein Meister der Kinopoesie. Gesteigert durch Ennio Morricones wundervolle Musik – Morricone ist seit Cinema Paradiso Tornatores Hauskomponist – erlebt der Zuschauer hier in Form eines rauschhaft-sinnlichen Bilderbogens eine nostalgische Ode an die Kunst, das Meer und insbesondere die Musik. Die DVD präsentiert den Film in tadelloser Bild- und Tonqualität.

Für den, der den Film schon gesehen hat, ist diese DVD die perfekte Möglichkeit, dem Film in brillanter Qualität wieder zu begegnen; wer ihn dagegen noch nicht kennt, sollte sich dieses Glanzlicht des italienischen Kinos nicht entgehen lassen.

Etwas schade, dass dieser Tornatore-Film wie auch Cinema Paradiso außerhalb Italiens nur um etwa 45 Minuten gekürzt gezeigt worden ist. Bleibt zu hoffen, dass eine spätere Re-Edition die Begegnung mit der Langfassung ermöglicht.


Mehrteilige Rezension:

Folgende Beiträge gehören ebenfalls dazu:


Erschienen:
2000
Vertrieb:
Concorde Home Entertainment
Kennung:
DVD 2031
Zusatzinformationen:
I/USA 1999

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