Der kleine Lord – Ein TV-Weihnachtsklassiker, jetzt auch auf Blu-ray
„Little Lord Fauntleroy“, in der deutschen Übersetzung „Der kleine Lord“, ist ein Jugendroman der Schriftstellerin Frances Hodgson Burnett (1849 – 1924), welche zwar in England geboren wurde, aber bereits im noch relativ zarten Alter von 16 Jahren mit der Familie in die USA auswanderte. Nach dem Erscheinen im Jahr 1886 ist dieses warmherzige und zugleich erfrischende Märchen für Groß und Klein rasch weltweit heimisch geworden. Die erste deutschsprachige Übersetzung entstand bereits 1888. Da ist es kein Wunder, dass der Stoff auch eine Reihe von Adaptionen sowohl für das Kino als auch das Fernsehen hervorrief. Dabei hat sich hierzulande seit 1982 die britische TV-Adaption des Regisseurs Jack Gold, Little Lord Fauntleroy * Der kleine Lord, aufgrund einer Abweichung vom Original im Finale, originellerweise zu einem vergleichbar herausragenden Weihnachtssaisonklassiker entwickelt wie Drei Haselnüsse für Aschenbrödel oder Ist das Leben nicht schön?
Es geht um den kleinen Cedric Errol (Ricky Schroder), der mit seiner verwitweten Mutter (Connie Booth) in relativ bescheidenen Verhältnissen im New York des Jahres 1872 lebt. Trotz der standeswidrigen Ehe seines verstorbenen Vaters, eines Sohnes des Earl of Dorincourt (Alec Guinness), mit einer Amerikanerin unterbreitet der eher griesgrämige und menschenfeindliche alte Lord der Mutter des kleinen Cedric ein verlockendes Angebot. Als letzter verbliebener Nachfolger für den Adelstitel der Dorincourts soll Cedric bei seinem Großvater in England aufwachsen und erzogen werden. Zwar wäre dabei auch für das komfortable Auskommen von Mrs. Errol gesorgt, aber wegen seiner Abneigung gegen die Amerikaner im allgemeinen und gegenüber seiner Schwiegertochter im besonderen darf diese sich nur außerhalb des Herrschaftssitzes aufhalten und von Cedric besucht werden. Unter der Bedingung, dass der Junge nichts von der Abneigung des Großvaters gegen sie erfährt, nimmt sie an, lehnt die angebotene Apanage freilich ab: Mrs. Errol will ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten.
Was darauf folgt, das besitzt einiges vom Charme der Dickens’schen „Eine Weihnachtsgeschichte“, wo ein vergleichbar kaltherziger alter Kauz schließlich geläutert wird und sein Leben neu ordnet. Hier sind es jedoch nicht die mit dem Weihnachtsfest verbundenen Geister, welche die Läuterung einleiten, sondern der so charmant-liebenswerte und offenherzige „Kleine Lord“ Cedric, dem es gelingt, das Herz seines Großvaters und der Dienerschaft im Sturm zu erobern. Indem er eher ungewollt dem Earl die Augen über das Elend der auf seinen Ländereien arbeitenden armen Pächter öffnet, erringt er auch deren Anerkennung und Zuneigung. Als es darum geht, den Versuch einer Erbschleicherin zu vereiteln, welche für ihren Sohn Ansprüche auf den Adelstitel erhebt, eilen Cedrics eher antimonarchistisch gesinnte New Yorker Freunde zu Hilfe und laufen zusammen mit dem alten Lord zur Hochform auf. Dabei gelingt es auf ungezwungene, augenzwinkernde Art den antimonarchistischen amerikanischen Freigeist mit der britischen Adels-Tradition zu versöhnen, indem man gegenseitige Vorurteile abbaut und anschließend gemeinsam anpackt, um drängende Probleme aus der Welt zu schaffen. Worauf schließlich alte und neue Welt geläutert sind und zusammen das Weihnachtsfest feiern. Letzteres ist freilich die oben erwähnte Änderung gegenüber dem Roman, wo am Ende ebenfalls ein großes Fest steht, welches der Earl jedoch anlässlich von Cedrics achtem Geburtstag gibt.
Jack Golds TV-Version des Stoffes ist durch die Kombination von sehr gediegener Ausstattung mit einer überzeugenden Besetzung – insbesondere Alex Guinness fasziniert wie eh und je – zweifellos eine der sehr gelungenen Verfilmungen des Stoffes. Dem treffenden Urteil des „Lexikons des internationalen Films“ ist nichts hinzuzufügen: „Detailgetreue Verfilmung eines Jugendromans aus dem 19. Jahrhundert, angesiedelt zwischen poesievoller Unwirklichkeit und humorvoller Distanz. Trotz einer gefühlvollen und melodramatischen Inszenierung ein gelungener Appell an Güte und Mitmenschlichkeit.“
Der kleine Lord erstmalig von Blu-ray:
Neben der üblichen Amaray-Version ist dieser Titel auch in einer aufwändigen limitierten Sonderedition erhältlich. In einer Samtbox sind neben Blu-ray und DVD auch noch der Roman in Buchform und als Hörbuchfassung enthalten.
Bild und Ton:
Beim Bild kann man von einem insgesamt guten Gesamteindruck sprechen. Dafür stehen fast durchgehend solide Werte bei Kontrast, Schärfe, Detailzeichnung, Schwarzwert und Farbwiedergabe. Nur einzelne Szenen wirken deutlich weicher und gelegentlich ist der Schwarzwert etwas zu hell ausgefallen. Durchweg ist weitgehend natürlich erscheinendes Filmkorn mehr oder weniger markant bemerkbar. Es handelt sich allerdings nicht um eine gegenüber dem Gewohnten qualitativ merklich aufgepeppte Version. Alles in allem sieht Der kleine Lord von Blu-ray nämlich in etwa so aus, wie man ihn aus den HDTV-Ausstrahlungen der letzten Jahre gewohnt ist.
Als ebenfalls ordentlich erweist sich die insgesamt klare, allerdings mono- und nicht stereofon anmutende, insgesamt unspektakuläre Tonkulisse.
Die Extras:
Es findet sich einzig ein vermutlich speziell für diese Veröffentlichung montierter Trailer.
Fazit: Jack Golds TV-Adaption des „Little Lord Fauntleroy“ ist durch eine kleine Abweichung gegenüber der Vorlage (s.o.), in besonderem Maße für das Fest der Liebe tauglich gemacht geworden. Seit den 1980ern hat sich diese gelungene Verfilmung einen festen Platz im Umfeld des hiesigen Festtagsprogramms erobert. Jetzt kann man sich diese besonders charmante Verfilmung der zeitlosen, herzerwärmenden Vorlage von Blu-ray auch ganzjährig in ansprechender Qualität zu Gemüte führen.
Zur Erläuterung der Wertungen lesen Sie bitte unseren Hinweis zum Thema Blu-ray-Disc versus DVD.