Der Hobbit x 3: Peter Jacksons nachträglicher Prolog zu seiner Filmtrilogie Der Herr der Ringe:
Der Hobbit – Die Schlacht der fünf Heere in 3D in der Extended Edition
Zur Weihnachtssaison 2015 hat Peter Jackson nun wohl endgültig Abschied von der großen Mittelerde-Kinosaga genommen: Damit fällt mit den mit besonders umfangreicher, luxuriöser Boni-Ausstattung versehenen Extended-Editions (in 2D oder 3D) zu Die Schlacht der fünf Heere nach mittlerweile rund 15 Jahren jetzt auch auf dem Heimvideomarkt der finale Vorhang zum gesamten Tolkien-Jackson-Ring-Projekt. Bei den Extended-Editions in 2D kommen zur Disc mit dem Film jeweils zwei weitere mit den vielen Boni hinzu. Wobei die 3D-Extended-Editions noch zusätzlich die auf zwei Discs angelegte 3D-Fassung des betreffenden Films enthalten, was dann insgesamt fünf Discs pro Set und damit fünfzehn für die gesamte Hobbit-Filmtrilogie ergibt.
Zweifellos werden wir zum Thema weitere Marketingaktionen erleben. Dazu wird die Herr-der-Ringe-Filmtrilogie eventuell noch in 3D konvertiert. Ebenso dürfte nach erneutem Auspressen des unveröffentlichten Materials aller sechs Filme nochmalig die eine oder andere neue oder nochmals erweiterte Szene hinzukommen. Trotzdem befindet sich sowohl zu den drei Hobbit-Filmteilen als auch zur Herr-der-Ringe-Filmtrilogie das Wesentliche bereits jetzt auf dem Tisch. Zukünftig sind dazu also höchstens noch marginale, aber keine grundlegend neuen Erkenntnisse mehr zu erwarten.
Die recht schlanke Hobbit-Buchvorlage hat Jackson zu ursprünglich zwei, schließlich sogar drei jeweils überlangen Filmteilen erweitert. Über so manche der dazu in den Drehbüchern nötigen, sich gegenüber der Vorlage zum Teil sehr große Freiheiten gestattenden Änderungen und Erweiterungen lässt sich trefflich streiten. Zwar hat der Oxford-Professor Tolkien für den bereits lange vor dem „Herrn der Ringe“ als Erzählung für seine Kinder entstandenen „Hobbit“ das Kapitel, in dem die Geschichte des Ringfundes behandelt wird, späterhin überarbeitet und in den Aussagen dem Nachfolger angepasst. Ob er allerdings der Art und Weise wie Regisseur Jackson „Der kleine Hobbit“ filmisch zum Prolog der Herr-der-Ringe-Filmsaga ausgestaltet hat, positiv gegenüber gestanden hätte, erscheint doch sehr zweifelhaft. Eher hat man den Tolkien’schen Vorlagen hier zweifelsfrei viel Gewalt angetan. Die kontroversen Debatten um das Für und Wider dürften uns also weiterhin begleiten.
Nun, einer wie ich, der sich weder als Tolkienianer noch erklärten Fantasy-Fan sieht und die Filme in erster Linie als visuell aufwändiges Popcorn- und damit als reines Unterhaltungskino wahrnimmt, ist vom Diskurs eh kaum belastet – siehe dazu meine Anmerkungen zu Smaugs Einöde. Allerdings kann ich verschiedene der von Tolkienfreunden vorgetragenen Einwände durchaus nachvollziehen. Zwischen den Handlungen beider Bücher liegenden nämlich immerhin 77 Jahre. Dass es sich bei Bilbos Fund um den „Einen Ring“ handelt, welchen Sauron als Grundlage seiner Weltherrschaft geschmiedet hatte, wird den Protagonisten erst im Laufe dieser beachtlichen Zeitspanne deutlich. Diese Erkenntnis wird dann ja überhaupt erst zum Anlass für Frodo, Neffe und Adoptivsohn des mittlerweile hochbetagten Bilbos, sich mit dem ihm zuvor vererbten Ring und den Gefährten auf eine weitere, noch gefahrvollere Reise zu begeben.
Doch auch wenn die filmische Umsetzung sicherlich nicht perfekt geraten, eindeutig strittiger ist als bei der Herr-der-Ringe-Filmtrilogie, so gibt es doch ebenso bei den Hobbit-Filmen Beachtliches zu vermerken, das nicht übersehen werden sollte. Etwa das besonders ausgeklügelte, luxuriöse Produktionsdesign, welches für visuell so kraftvolle wie opulente Bildeindrücke und damit für ein betörendes Augenkino par excellence sorgt, und ebenso immer wieder einzeln aufblitzende, besonders nett in die Handlung integrierte Einfälle. Insofern möchte ich ganz besonders für die Extended-Editions und speziell diejenigen in 3D (s.u.) eindeutig eine Lanze brechen.
Das zusätzliche Filmmaterial der erweiterten Ausgaben aller drei Hobbit-Teile bildet gegenüber den Kinofassungen in jedem Fall einen Pluspunkt, denn es hilft, die Bezüge zum Herrn der Ringe in bemerkenswerter Weise zu untermauern. So wird etwa besonders deutlich herausgearbeitet, dass es Gandalf letztlich um weitaus mehr als die Widergewinnung des Erebor für den thronlosen Enkel des Zwergenkönigs geht. In den insgesamt 20-minütigen Erweiterungen von Die Schlacht der fünf Heere gipfelt dieser Handlungsstrang in der markant erweiterten Sequenz in Dol Guldur, wo die Schattengestalt des Nekromanten (Sauron) ihr Unwesen treibt. Dem in einem von der Decke hängenden Käfig eingekerkerten Gandalf, der einer der Ringträger ist, soll besagter von einem orkischen Folterknecht mitsamt Finger abgetrennt werden. Erweitert ist auch der geradezu fulminant und packend inszenierte Szenenkomplex, in dem Sauron schließlich von Galadriel (Cate Blanchett), der Herrin des Waldes, noch einmal bezwungen werden kann und in sein altes Reich Mordor entweicht. Dabei spricht der aus unheilvoll flackernder Feuererscheinung heraus mehrfach schemenhaft Gestalt annehmende Sauron die berühmten Sätze: „Drei Ringe den Elbenkönigen hoch im Licht, Sieben den Zwergenherrschern in ihren Hallen aus Stein …“ – was selbst Galadriel sichtlich Angst einflößt. Sehr ansehnlich ist dabei der Kampf zwischen den Ringgeistern, bei denen es sich ja um die Sauron bereits verfallenen neun menschlichen Ring-Träger handelt, gegen Saruman und Elrond. Nicht erst in diesem Zusammenhang, sondern bereits in den beiden Vorläuferfilmen wird nach und nach die außerordentliche Bedeutung des „Einen Ringes“ für den Betrachter der Hobbit-Filmreihe erheblich deutlicher als dies zwangsläufig (s.o.) in der Buchvorlage der Fall ist. Am Schluss ist erstmalig eine wichtige, zuvor geradezu vermisste Szene zu sehen, nämlich die feierliche Aufbahrung von Thorin Eichenschild und der Beginn der Herrschaft von Dain Eisenfuß als neuem Zwergen-König.
Ein weiterer bemerkenswerter Aspekt in Die Schlacht der fünf Heere ist, dass das Misstrauen, die tiefen Gräben zwischen den einzelnen Ethnien Mittelerdes besonders betont sind, wogegen diese in der HdR-Filmtrilogie (übrigens wie im Buch) nur unterschwellig spürbar werden. Zwergen, Elben und Menschen gelingt es in Jacksons Schlachtenfinale schließlich doch noch sich in der Gier nach dem Schatz des Drachen Smaug und dem Königsjuwel, dem Arkenstein, nicht gegenseitig zu zerfleischen. Dabei kommt die Einsicht, sich gegen den gemeinsamen Feind zusammenzuschließen, allerding erst, als die gewaltige Ork-Streitmacht auftaucht und dies die bereits begonnenen Kämpfe zwischen Zwergen und Elben abrupt beendet – was in der Praxis kaum funktionieren würde und daher schon arg unrealistisch ist. Eindringlich inszeniert ist der zunehmende Wahn Thorin Eichenschilds (Richard Armitage), der von der Drachenkrankheit befallen und damit von der Gier nach dem Gold sowie dem Arkenstein zusehends zerfressen wird. Zumindest interessant ist die Zeichnung des stolzen und eigensinnigen Königs der Waldelben, Thranduil (Lee Pace), der mit seiner äußerlichen Kühle und ausgeprägten Arroganz hier in manchem geradezu wie ein blondes Spiegelbild zum misstrauischen und zunehmend gierigeren Thorin Eichenschild erscheint. Spiegelt sich doch bereits im Erebor-Prolog, zu Beginn von Eine unerwartete Reise, in seinen Augen das Glitzern der ihm in einer Truhe offerierten Edelsteine verräterisch wider.
Derartigen Pluspunkten stehen auf der Negativ-Seite partielle Längen und neben eher entbehrlichen Mätzchen, etwa dem völlig frei hinzugedichteten Liebesgesäusel zwischen dem Zwerg Kili und der (wohl wegen der Frauenquote) frei hinzu erfundenen, rassigen Elbin Tauriel, auch so manch überzogen Slapstickhaftes. Wenn z.B. Legolas auf bereits herabstürzenden Trümmerstücken noch nach oben zu stürmen vermag, so ist das der Glaubwürdigkeit des Gezeigten ebenso wenig dienlich, wie wenn in einigen Kampfszenen auch die zweifelsfrei erweiterten Möglichkeiten eines Fantasy-Universums allzu überstrapaziert werden. Darüber hinaus geht der Handlung weiteres von ihrer Ernsthaftigkeit und Dramatik verloren, wenn den im Verhältnis eher simpel und geradezu massenweise zum Abschuss freigegebenen Orks damit letztlich doch einiges von ihrer außerordentlichen Gefährlichkeit geraubt wird, welche in der Herr-der-Ringe-Filmtrilogie unzweifelhaft ist.
In den zusätzlichen Szenen lässt Jackson auch seine Neigung zum Splatter-Horror noch deutlicher als zuvor hervortreten. So bekommt man einen auf makabre Art und Weise verstümmelten Troll zu sehen, der von einem auf seinem Rücken befindlichen Ork an in den toten Augenhöhlen befestigten Ketten gelenkt wird. Dank amputierter, dafür durch Waffen ersetzter Gliedmaßen, wird er zu einer heftigen, nicht jugendfreien Kampfmaschine. Wer, wie ich, so etwas nicht ernst nimmt, der kann sich auch damit weitgehend arrangieren und vermag, trotz einiger recht blutiger Einlagen, sich an den aufwändig choreografierten Schlachtszenen zu erfreuen. Bemerkenswert ist hierzu, dass die große finale Schlacht in der Extended-Edition nicht nur erweitert, sondern in Teilen auch anders montiert und geschnitten worden ist, was dem Gezeigten eine eindrucksvollere Wirkung verleiht. Dass in den USA die Altersfreigabe für die Extended-Edition des dritten Hobbit-Films hochgesetzt wurde, ist für mich zwar nachvollziehbar, aber diese Maßnahme dürfte die Eltern der Kids, welche doch bereits die vorherigen Teile sehen durften, wohl nur in totale Schwierigkeiten bringen.
Zu den Punkten „Bild und Ton“ sowie zu den übrigens auf Wunsch auch sorgfältig deutsch untertitelten „Extras“ gibt es gegenüber den Statements zu Smaugs Einöde keinerlei Änderungen: Sie sind qualitativ ebenso vorzüglich, besitzen praktisch Referenzqualität. Hervorheben möchte ich an dieser Stelle nur nochmals die vorzügliche, absolut professionelle 3D-Technik, welche nicht nur für eindrucksvolle Tiefenstaffelungen sorgt und neben vielen eher subtilen, dabei aber zweifellos ausgeklügelten 3D-Effekten auch immer wieder mal mit dezenten Pop-Outs aufwartet. Dabei wird einem zwar kaum etwas geradezu in den Schoß geworfen. Der Eindruck eines sich aus der vordersten Bildebene hinaus und damit ein deutliches Stück auf den Zuschauer hin bewegenden, dann geradezu „zum Greifen nahe“ erscheinenden Objektes begegnet einem aber immer wieder einmal.
Eine letzte Bemerkung noch zur Filmmusik von Howard Shore. Unmittelbar hat auf mich der Score zu Die Schlacht der fünf Heere am Überzeugendsten gewirkt. Dem Schluss-Song gelang es gar direkt, zum Ohrwurm zu werden. Zwischenzeitlich hat sich allerdings auch einiges der anfänglichen Vorbehalte gegenüber den ersten beiden Musiken, etwa zu den dort empfundenen Längen, zumindest gemildert. Auch die neu hinzugekommenen Themen, welche gegenüber den geläufigen aus der Herr-der-Ringe-Trilogie unmittelbar deutlich weniger markant erscheinen, haben nach diversen Hördurchgängen die allermeisten Hürden überwinden können. Besonders die Musik zu Eine unerwartete Reise vermag es zwischenzeitlich, mich recht gelungen zu unterhalten, weist sie doch für meine Ohren jetzt einige melodisch geradezu erblühte Teile auf. Am schwersten hingegen hat es nach wie vor Smaugs Einöde, dessen über größere Strecken vorhandene Blässe sich bisher kaum gewandelt hat.
Fazit: Auch wenn die Extended-Editions zu den drei Der-Hobbit-Filmteilen nicht alles Kritikwürdige einfach zum Guten wenden, nicht sämtliche Schwachpunkte zu überspielen vermögen, so sind sie (speziell die in 3D) in jedem Fall das hochwertigste Heimkino-Produkt zum besonders umstrittenen Prequel zu Tolkiens Herr-der-Ringe-Trilogie. Dies gilt nicht allein den überwiegend interessant erweiterten Filmen. Auch die jeweils äußerst umfangreichen Bonikollektionen sind trotz partieller Werbeeinschübe unterm Strich von exzellenter Qualität. Spätestens nach etwas eingehender Betrachtung möchte man das Allermeiste, was es hier alles zusätzlich zu sehen gibt, denn doch nicht mehr missen. Allein das Bonus-Segment „Neuseeland: Heimat von Mittelerde – Teil 3“ auf der 2D-Filmdisc zu Die Schlacht der fünf Heere ist trotz der unzweifelhaften (bekannterweise sehr erfolgreichen) Tourismus-Werbung wiederum ein besonders charmanter Gag: bekommt man hier doch eine Reihe der im Film zum Teil digital verfremdeten, faszinierenden Landschaften Mittelerdes im Original präsentiert.
Zur Erläuterung der Wertungen lesen Sie bitte unseren Hinweis zum Thema Blu-ray-Disc versus DVD.