Im Jahr 1957 kündigte die Ufa die Verfilmung des weltbekannten Romans von B. Traven „Das Totenschiff“ an — verfasst 1926. Mit einem für damalige Verhältnisse stolzen Budget von 1,5 Mio. DM sollte der Film mit den Attributen Großproduktion und Ausstattungskino den Sprung ins Auslandsgeschäft erleichtern. Das Projekt wurde in Zusammenarbeit mit dem mexikanischen Produzenten José Kohn realisiert, der die Filmrechte am Romanstoff besaß. Das Geheimnis um die wahre Identität des nur unter Pseudonym bekannten Autors konnte übrigens bis heute nicht zweifelsfrei gelüftet worden.
Es geht um den jungen amerikanischen Matrosen Gale, dem eine Prostituierte im belgischen Antwerpen sein Geld und das Schifffahrtsbuch entwendet. Er befindet sich daraufhin in einem Teufelskreis, denn ohne dieses Papier kann er weder auf einem Schiff anheuern noch seine Identität glaubhaft machen. Auf Empfehlung eines Seemannes schlägt er sich nach Süden durch, versucht schließlich in einem südfranzösischen Hafen, wo man es mit Papieren weniger genau nimmt, anzuheuern, um zurück in die USA zu gelangen. Er landet dabei auf dem morschen Dampfschiff Yorikke, auf dem eine bunt zusammengewürfelte Mannschaft aus ähnlich wie er Gestrandeten Dienst tut. Die Fahrt entpuppt sich als Himmelfahrtskommando: Der Seelenverkäufer ist hoch versichert und soll mitsamt der Mannschaft untergehen, um eine hohe Versicherungssumme ohne unliebsame Zeugen kassieren zu können
Der Wiener Georg Tressler (geb. 1917) machte zuerst als Dokumentarfilmer von sich reden und arbeitete seit 1955 für das Kino. Im Jahr 1956 erhielt er für Die Halbstarken den Bundesfilmpreis als bester Nachwuchsregisseur. Tresslers Verfilmung des Romans von B. Traven spiegelt eher unterschwellig die ausgeprägte Sozialkritik der Romanvorlage. Dank seines ausgeprägten dramaturgischen Gespürs, und ebenso der guten Kameraarbeit von Heinz Pehlke ist Das Totenschiff ein atmosphärisch dichter und spannender Abenteuerfilm geworden, der dazu mit einigem technischen Aufwand punkten kann. Als „Totenschiff“ wurde auf Malaga das 80 Jahre alte, aber in Topzustand befindliche schneeweiße Handelsschiff „Sevilla“ in den hässlich und schrottreif wirkenden Seelenverkäufer „Yorikke“ umgewandelt. Diese Meisterleistung vollbrachten die Filmarchitekten Emil Hasler und Walter Kutz. Der Film erlebte seine Premiere am 1. Oktober 1959 im City-Kino in Hamburg.
Der Film lebt aber auch von seinen beiden vorzüglichen Hauptdarstellern Mario Adorf (geb. 1930) und Horst Buchholz (1933-2003). Mario Adorf hatte kurz zuvor mit Nachts, wenn der Teufel kam, einen markanten Film produziert, und auch Horst Buchholz war im bundesdeutschen Film kein unbeschriebenes Blatt mehr. „Hotte“ war zum Teil als junger Wilder bekannt aus Filmen wie Die Halbstarken, Himmel ohne Sterne und Robinson soll nicht sterben. Mit Die Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull (Siehe dazu auch den Rolf-Wilhelm-Sampler) wurde Buchholz auch auf internationalem Parkett bekannt. Es folgte die zwar superbe, aber erst seit Ende der 80er Jahre richtig wahrgenommene Kalter-Krieg-Komödie von Billy Wilder Eins, Zwei, Drei (1961).
Black Hill hat Das Totenschiff, wie seinerzeit auch Die Fledermaus, als Standard- und Deluxe-Version (2-DVDs) auf den Markt gebracht. Alles in allem ist besonders die Special-Edition ein visuell sehr nett gemachtes Digipack, inklusive vierseitigem Begleitheft, im Pappschuber. Die Film-DVD enthält neben dem Film eine Diashow aus Werbematerialien sowie ausführliche Biografien auf Texttafeln zu den Darstellern, dem Regisseur, der Produktion und auch zum Geheimnis um B. Traven. Der Film ist nicht neu transferiert worden. Offenbar liegt der bereits früher im TV gezeigte ältere Videotransfer in videotechnisch leicht aufbereiteter Form vor. Der Kontrast erreicht gute bis sehr gute Werte, allerdings ist im Bild häufiger ein merklicher Rauschanteil zu sehen und sowohl Schärfe als Detailfreudigkeit erreichen zwar gute aber keine optimalen Werte. Die Kopie zeigt verschiedentlich diverse Bildschäden, wie Blitze und mitunter neigen Bildkanten etwas zum Überstrahlen. Wertungstechnisch sind dafür noch vier Sterne drin. Der Mono-Ton ist überwiegend recht klar, in Teilen allerdings merklich verrauscht. Hierfür kommen zweieinhalb bis drei Sterne in Betracht.
Auf der Bonus-DVD befindet sich ein knapp einstündiges Interview, das „Hottes“ Sohn, Christopher Buchholz, mit dem Regisseur Georg Tressler geführt hat. Was Herr Tressler über seine Filmarbeit und seine Erfahrungen in jenen Jahren zu berichten weiß, ist in Teilen interessant, manches ist aber auch eher unpräzise und geschwätzig. Etwas irritierend ist dazu die etwas merkwürdige Kameraführung. Endlos lang wird beispielsweise auf Tresslers Hände fokussiert, der zwischendurch anscheinend etwas gelangweilt mit seiner Brille herumspielt. Überhaupt macht das Ganze einen eher improvisierten und wenig professionellen Eindruck.
Fazit: Das Totenschiff ist ein sehenswerter deutscher Abenteuerfilm der besseren, ja besonderen Art. Black Hill präsentiert ihn in einer ordentlichen aber nicht herausragenden DVD-Edition.
Dieser Artikel ist Teil unseres umfangreichen Programms zu Pfingsten 2005.
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