TV-Dokumentarserien, 16. Folge: Das Great Barrier Reef
Der Cover-Text legt sich mächtig ins Zeug, um den potenziellen Käufer zu beeindrucken. Versprochen wird „das siebte Weltwunder der Natur“, „das größte und faszinierendste Korallenriff der Erde zum Greifen nah …“, das wegen seines Artenreichtums als „Dschungel der Meere“ gelte. Des Weiteren heißt es, dass man das Great Barrier Reef (übrigens im Gegensatz zur Chinesischen Mauer) sogar aus dem Weltall mit bloßem Auge erkennen kann und dass es 1981 von der UNESCO zum Weltnaturerbe erklärt worden ist. Nun, sicher trägt Werbung häufig allzu dick auf, aber dieses Mal wird denn doch nicht zu viel versprochen.
Das Great Barrier Reef ist das größte Riffsystem der Erde und damit sowohl größer als alles, was Menschenhand je erbaut hat, als auch das größte nicht von Menschenhand geschaffene, lebendige „Bauwerk“. Es erstreckt sich auf einer Länge von mehr als 2000 km östlich des australischen Kontinents in einer Entfernung von bis zu 300 km von der Küste. Das gesamte Areal ist ein komplexes Gebilde. Es umfasst eine Fläche von fast 350.000 km² und besteht in Wirklichkeit aus rund 2900 einzelnen Riffen, einer Vielzahl von Sandbänken sowie aus etwa 1000 Inseln. Seine langwierige Entstehungsgeschichte reicht vermutlich bis zu 20 Millionen Jahre zurück, wobei sich die heute sichtbaren Teile seit dem Ende der letzten Eiszeit, innerhalb von rund 10.000 Jahren ausgebildet haben.
Die dreiteilige BBC-Dokumentation führt uns dieses faszinierende, sich ständig verändernde Ökosystem über insgesamt rund 150 Minuten vor, in grandiosen und berauschenden Bildern und in einer zum Thema bislang noch nicht dagewesenen Ausführlichkeit: „Naturwunder der Superlative“ beschreibt die verschiedenen Zonen der gewaltigen Riff-Formation. In „Vom Riff zum Regenwald“ werden die ebenso bedeutenden Wechselwirkungen des komplexen Riff-Ökosystems mit den benachbarten Regionen und deren Flora und Fauna eingehend erläutert. Die Flüsse und Regenwälder wie auch die Berge der Küstenregion und ebenso die sich über eine Fläche etwa so groß wie die Bundesrepublik ausdehnende Lagune zwischen Festland und Riff bilden letztlich eine ökologisch sensible Einheit, die nur als Gesamtgebilde funktioniert. Jede Veränderung eines Teilbereichs hat Konsequenzen für die übrigen. Dabei werden sowohl natürliche Gefahren, aber auch der entscheidende Einfluss des Menschen kritisch betrachtet. Aktuell sieht die UNESCO das Riff durch den Kohle- und Gasboom an der Küste von Queensland sowie den Tourismus akut gefährdet. Der Welterbe-Ausschuss der UN-Kulturorganisation erklärte, dass das Riff dadurch auf die Liste der bedrohten Welterbestätten kommen könne. „Tierische Besucher aus aller Welt“ beschäftigt sich eingehend mit einer besonders spezifischen Attraktion des Great Barrier Reef. Von der Antarktis bis zu den Philippinen reichen die Regionen, aus denen unzählige Tierarten zwischen Riffregion und offenem Meer wandernd zur Eiablage kommen oder auch nur ihrer Beute bis an Australiens Küste folgen.
Das Gezeigte dürfte so manchen Zuschauer begeistern und eventuell sogar dazu animieren, dieses Aushängeschild Australiens vielleicht einmal selbst in Augenschein zu nehmen. Auch wenn das natürlich ein unvergessliches Erlebnis ist: All das, was man über das Great Barrier Reef im Rahmen der TV-Doku in exzellenten Bildern gezeigt bekommt, könnte und dürfte (!) selbst der versierteste Taucher nicht selbst in Augenschein nehmen.
Im deutschen Fernsehen sind innerhalb der Reihe „Erlebnis Erde“ von dieser Naturdoku seltsamerweise bislang nur die ersten beiden Teile zu sehen gewesen. Der dritte Teil erlebt daher hierzulande seine Premiere exklusiv von Blu-ray und DVD.
Die Präsentation auf Blu-ray-Disc
Wie inzwischen schon fast selbstverständlich, zeigt sich auch Das Great Barrier Reef produktionstechnisch von seiner besten Seite und präsentiert insbesondere von Blu-ray seine eindrucksvoll scharfen wie kontrastreichen und äußerst detailfreudigen Bilder fast durchweg in Top-Qualität. Der Betrachter blickt wie in ein übergroßes Aquarium, angefüllt mit exotisch leuchtender Farbenpracht. Das meist glasklare, vom Sonnenlicht durchflutete Wasser ermöglicht Sichtweiten von bis zu 40 Metern. Entsprechend brillant sind die visuellen Eindrücke auch unter Wasser. Dank der außerordentlichen Plastizität der allermeisten Einstellungen erscheint das Gezeigte (wie auf dem Cover versprochen) oftmals fast 3D-mäßig und damit geradezu zum Greifen nah.
Selbst mancher Natur-Doku-Muffel dürfte bereits beim bloßen Hinsehen in den Bann gezogen werden von der bestechenden Farben- und zugleich der unübersehbaren Artenvielfalt dieses faszinierenden Ökosystems, das hier brillant in HD präsentiert wird. Da ist das Attribut „Demo-Qualität“ durchaus nicht übertrieben. Einzelne Szenen erscheinen nicht ganz perfekt, wirken merklich softer, und in den Nachtaufnahmen ist gelegentlich auch mal leichtes Bildrauschen erkennbar. Den sehr positiven Gesamteindruck vermögen diese kleinen punktuellen Einschränkungen aber nicht entscheidend zu trüben.
Die eher frontlastige Tonkulisse aus Kommentator, Geräuschen und der musikalischen Untermalung ist dokumäßig im eher unspektakulären 2.0-Format angelegt — Blockbuster-Surround-Sound ist also Fehlanzeige —, aber sehr solide ausbalanciert. Als Bonusmaterial ist ausschließlich eine kleine, das Polyband-Repertoire bewerbende Trailerkollektion vorhanden. Das ist freilich schon etwas schade, denn Einblicke in die Machart sind bei derartiger Thematik meist besonders spannend und aufschlussreich.
Fazit: Die BBC-Naturdoku Das Great Barrier Reef lässt die prachtvoll bunte Unterwasserwelt des berühmtesten Riffs dank brillanter HD-Bilder besonders spektakulär zur Geltung kommen. Wer sich für derartige High-Tech-Naturdokumentationen begeistern kann, der wird ein weiteres Mal nicht enttäuscht. Und neben der unmittelbar beeindruckenden Eye-Catcher-Qualität vieler Aufnahmen wird dieses weltberühmte Naturphänomen unterhaltsam wie lehrreich in bislang nicht bekanntem Umfang detailliert erläutert. Das ist mal wieder eine der rekordverdächtigen Naturdoku-Blu-rays, die man zugleich für Demozwecke einsetzen kann, eine, vor deren faszinierend schönen Bilderfluten man eventuell aber auch mal die lieben Kleinen beruhigt zu parken vermag.
Zur Erläuterung der Wertungen lesen Sie bitte unseren Hinweis zum Thema „Blu-ray-Disc versus DVD“.
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