Nach der dem italienischen Regisseur Sergio Sollima gewidmeten luxuriösen Italo-Western-Box präsentiert KOCH Media nun den interessanten Sollima-Thriller Città Violenta • Brutale Stadt (1970). Brutale Stadt zählt zu den bemerkenswerten Krimis, in deren Zentrum ein eiskalter Killer steht, hier verkörpert von Charles Bronson (1921 — 2003), der eigentlich Charles Buchinsky hieß. Das Vorbild dafür bildet J.-P. Melvilles Le Samouraï • Der eiskalte Engel (1967) mit Alain Delon in der Hauptrolle. Das Motto, das Melville seinem Film voranstellte, gilt auch hier: „Es gibt keine größere Einsamkeit als die des Samurai, es sei denn die des Tigers im Dschungel.“ In der auch dieser wiederum vorbildlich produzierten DVD beigegebenen, rund 20-minütigen Featurette weiß der Regisseur so manch Interessantes zur Produktion des Films zu berichten.
Zweifellos ist Brutale Stadt ein besonderes Schmankerl für die Fans des Hauptdarstellers Bronson. Bronson, der den eiskalten Auftragskiller Jeff verkörpert, war kaum ein besonders wandlungsfähiger oder wortgewandter Mime. Er besaß vielmehr ein markantes Gesicht für einsame, eher wortkarge Typen. Bronson begann seine Schauspielkarriere 1949. Im eher überschätzten ersten 3-D-(Horror-)Film der Warner Studios, House of Wax • Das Kabinett des Professor Bondi (1953), verzeichnete er einen ersten respektablen Leinwandauftritt. Den meisten Kinogängern dürfte er erstmalig in The Magnificent Seven • Die glorreichen Sieben (1960) dezent ins Bewusstsein gerückt sein. Über lange Jahre ließ der Durchbruch auf sich warten, war der Darsteller meist in Nebenrollen zu sehen. Mit Cera una volta il West • Spiel mir das Lied vom Tod (1968) geriet Bronson zuerst in Europa ins Blickfeld einer breiteren Öffentlichkeit von Kinogängern. Von den nachfolgenden Filmen ist Michael Winners exzellenter Spätwestern Chatos Land (1971, Musik: Jerry Fielding) vielleicht sein bester geworden und gerade durch einen fast wortlos agierenden Charles Bronston besonders eindringlich geraten. Und auch an Telly Savalas (1924 — 1994), der hier einen Syndikatsboss verkörpert, wird sich so mancher Leser erinnern. Hierzulande erlangte Savalas ab 1973 als andauernd Lollies lutschender Kommissar Kojak in der gleichnamigen US-TV-Serie — bei uns unter dem Titel Einsatz in Manhattan gezeigt — einige Berühmtheit.
Sollimas Brutale Stadt ist ein Noir-Film in zum Teil leuchtenden Farben, für den sein Regisseur als urbanen Hintergrund das zuerst atypisch für Kriminalität scheinende New Orleans wählte. Sollima weiß die pittoreske Atmosphäre von New Orleans und das Malerische des „Alten Südens“ stimmungsvoll für seine filmische Umsetzung zu nutzen.
Bronsons zweite Ehefrau, Jill Ireland, spielt die verführerische Vanessa, die sich wahrlich als femme fatale entpuppt. Die Leidenschaft zu Vanessa, dieser ebenfalls rücksichtslos agierenden weiblichen Hyäne der Großstadt, kostet Jeff schließlich das Leben. Beeindruckend inszeniert ist das Finale. Bronson liegt auf dem Dach eines Hochhauses auf der Lauer und erschießt die, die ihn so entschieden betrogen haben: die im Außenlift eines gegenüberliegenden Hochhauses empor fahrende Vanessa sowie ihren Begleiter, einen ehemaligen Freund. Das (bewusst) ohne Schalldämpfer ausgeführte Attentat erregt die Aufmerksamkeit zufällig patrouillierender Polizei. Einen auf das Dach eilenden jungen, unsicheren Streifenpolizisten provoziert der desillusioniert sein Ende erwartende Killer zu tödlichen Schüssen. Wie der Regisseur dazu verrät, wurde nur Bronson auf einem Dach in New Orleans gefilmt, die Fassade mit dem Außenlift hingegen ist in San Francisco aufgenommen worden.
In einem recht aufwändigen, ansprechend gestalteten klappbaren Digipack im Pappschuber präsentiert sich auch diese DVD. Und auch ein informatives Doppelblatt mit Infos zum Film nebst ansprechendem Aufdruck des Filmplakatmotivs fehlt nicht. Die mittlerweile vergangenen rund 35 Lenze merkt man dem Streifen in erster Linie an den Interieurs, natürlich der Kleidung und besonders den Frisuren der agierenden Darsteller an. Das transferierte, kontrast- und detailreiche Bild hingegen wirkt frisch wie am ersten Tag und erscheint, da wo beabsichtigt, in strahlenden, satten Farben. Kopienschäden und/oder resultierende Bildfehler, infolge nicht optimalen Videotransfers, sind nur ganz vereinzelt und in geringem Ausmaß auszumachen. Beim Bild reicht es daher eindeutig für satte fünf Sterne. Die sehr frisch daherkommende deutsche Tonfassung (in Mono) verdient deren glatte drei. Wie der Autor des Begleittextes, Wolfgang Luley, in einer Fußnote offenbart, ist im vorliegenden Fall die deutsche Fassung vollständig, die ebenfalls anwählbare englischsprachige jedoch gekürzt worden. Die Lücken in der englischen Version werden daher mit der deutschen Synchronfassung ausgefüllt. Regisseur Sollima hält dazu in der Featurette nicht mit recht drastischen Worten zum Thema „vom jeweiligen Verleih willkürlich vorgenommener Schnitte“ zurück. Und analog zu den Westernfilm-DVD-Ausgaben verhilft die vertretene Bildergalerie im Rahmen einer Montage immerhin zu einem Eindruck von Ennio Morricones solider Filmmusik — dieses Mal sogar in Stereo.