Aus dem Archiv von Batjac, 2. Folge

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
1. Dezember 2007
Abgelegt unter:
Special

Track of the Cat

William Wellmans Track of the Cat (DVD und TV-Titel: Spur in den Bergen) ist ein seltsamer Film, der seine eher kleine Geschichte besonders eigenwillig, neben Western- und Melodramelementen auch mit den Mitteln des Horror- und Mystery-Films angeht. Als Vorlage diente Wellmann das gleichnamige Buch von Walter van Tilburg Clark, das in Deutschland 1951 unter dem Titel „Der schwarze Panther“ erschienen ist. Vom selben Autor stammt übrigens auch der berühmte „The Ox-Bow Incident“. Wellmann hatte diese düstere Geschichte um Lynchjustiz, Mitläufertum und Rassismus ebenfalls, bereits 1943 in Szene gesetzt. The Oxbow Incident • Ritt zum Ox-Bow ist einer der außergewöhnlichsten Western der 40er Jahre. In seinem betonten Realismus ist dieser Film weitab von den Standards der „Traumfabrik“ angesiedelt und verweist bereits auf Spätwestern wie Michael Winners Chatos Land (1971).

Die Handlung von Track of the Cat spielt im Winter in der schneereichen Sierra Nevada auf der Ranch der Bridges. In der Jagd auf einen die Viehherde bedrohenden Panther brechen die im Familien-Clan schwelenden vielfältigen zwischenmenschlichen Konflikte auf und führen zu einer Familientragödie: die beiden älteren der drei Söhne werden Opfer der Bestie. Die Jagd nach dem schwarzen Panther ist dabei symbolhaft übersteigert. Der seinerzeit gerade mal 26-jährige Carl Switzer (bekannt aus der Kinderserie Our Gang • Die kleinen Strolche) verkörpert im Plot eine geradezu mystische Figur: einen für seine Zeit schminktechnisch überraschend überzeugend auf uralt getrimmten Indianerhäuptling, den letzten Überlebenden seines Stammes. Nicht nur, dass dessen unheimliches Erscheinungsbild und Auftreten schon den Italo-Western vorausahnen lässt. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch eine einfallsreich umgesetzte, stark expressionistisch gefärbte Beerdigungsszene, die auch in einen Vampirfilm passen würde. Am Schluss entlarvt der Häuptling den „schwarzen Panther“ — geradezu allegorisch — als Symbol für das Böse (die Bestie) im Menschen schlechthin; wodurch der Tod der beiden Söhne in anderem Licht erscheint.

Schon Warners Marketingabteilung tat sich schwer Wellmanns Film stilistisch einzuordnen. Das Plakatmotiv mit Robert Mitchum suggeriert denn auch eher unentschlossen sowohl Western als auch ein wenig zeitgemäßen Sex-Appeal.

Das markanteste Merkmal dieser Produktion ist in jedem Fall der Umgang mit der Farbe. Wellmann hatte bereits seit den 1940er Jahren gezielt ein passendes Sujet gesucht, das ihm ein interessantes Experiment gestatten sollte: nämlich einen Schwarzweiß-Film in Farbe zu drehen. Entsprechend ist nahezu alles in Schwarz und Weiß gehalten: so die Bekleidung der Figuren, die Interiörs auf der Farm der Bridges, die Pferde und ebenso die beeindruckende, verschneite (!) grandiose Naturkulisse. Außer in der optimistischen Schlussszene gibt es keinen blauen Himmel, sondern durch Dunst und Wolken eher grau erscheinende Bergpanoramen. Dabei sieht übrigens selbst das Blätterwerk der Bäume — da ausschließlich von hinten angestrahlt — kaum noch grün aus, es erscheint vielmehr praktisch schwarz. Als Kontrast zum quasi „Schwarz-Weiß“ fungieren im Leinwandgeschehen neben gesund anmutenden Hauttönen allein zwei auffällige Farbpunkte. Besonders ins Auge fällt der leuchtend rote Mantel, den Mitchum im ersten Filmdrittel trägt. Außerdem ist da noch die (eher dezent) gelbe Bluse einer der Protagonistinnen. Und schon der vor dem Hintergrund eines diesigen Bergpanoramas ablaufende Rollentitel zeigt abseits des unmittelbar zu Beginn erscheinenden üblichen bunten Warner-Logos praktisch keine Farben: selbst die Schrift erscheint ausschließlich in rabenschwarzen Lettern.

Mag man auch die Story als etwas überfrachtet ansehen, unterm Strich schließe ich mich Martin Scorsese an, der den Film durch seinen faszinierenden „Schwarz-Weiß-Look“ Studenten aber auch anderen Filmemachern zum Studium empfohlen hat. Im Jahr seiner Erstaufführung war Track of the Cat ein kompletter Misserfolg. Anschließend war die Spur besagter Katze lange Zeit weitgehend unauffindbar. Sie ist erst in den letzten ca. 15 Jahren wieder auf einschlägigen Festivals aufgetaucht und dabei, langsam wiederentdeckt zu werden. In den deutschen Kinos ist der Film nie offiziell gezeigt worden. Im TV war er bislang offenbar auch nur ein einziges Mal, am 13.12.1997 im ZDF, unter den Titel Spur in den Bergen zu sehen.

Track of the Cat zeigt von DVD ein feines, sehr detailliertes Scopebild (1 : 2,55) und überrascht darüber hinaus mit einem — in Anbetracht seines Alters sowie sehr kleinen Budgets — sehr detailliert und voll klingenden vierkanaligen Stereo-Tonmix. Nicht nur erwähnens- sondern auch begehrenswert ist darüber hinaus die ausdruckstarke Filmmusik von Roy Webb.

Neben dem sowohl unterhaltsamen als auch aufschlussreichen Audiokommentar gibt’s weitere sehenswerte Boni, wie Dokus über Regisseur William Wellmann und den Autor der Romanvorlage, Infos zu einem der berühmtesten Filmpferde: dem von Robert Mitchum gerittenen schwarzen Hengst „Black Diamond“ und ebenso einen zeitgemäßen Blick auf die Bedeutung der Panther im Ökosystem.

Plunder of the Sun • Das geheimnisvolle Testament (1953)

Dieser kleine, aber durchaus feine Abenteuerfilm mit Glenn Ford, Diana Lynn und Patricia Medina entstand 1953 in Schwarz-Weiß, im Normalformat unter der Regie von John Farrow. Rücksichtslose Grabräuber wollen einen in einer Tempelruine befindlichen Inka-Goldschatz an sich bringen und außer Landes schaffen. Glenn Ford verkörpert hier überzeugend einen „Gentleman“ mit dunklen Seiten: den eher zwielichtigen Al Colby, der sich erst im Laufe der Handlung gegen die Verlockung entscheidet, illegal schnell eine größere Summe zu verdienen. Schließlich will er das Inka-Gold dem mexikanischen Nationalmuseum übergeben, eine Entscheidung, die natürlich nicht von allen Beteiligten widerspruchslos akzeptiert wird …

Offenbar konnten die Dreharbeiten seinerzeit noch ohne besondere Auflagen an Originalschauplätzen (wie Oaxaca und Mitla) durchgeführt werden. Wie der etwas improvisiert wirkende, aber dennoch informative Audiokommentar von Peter Ford (Glenn Fords Sohn) und dem Filmhistoriker Frank Thompson verrät, sollen Teile der Ruinen, um eindrucksvoller zu wirken, sogar noch weiter ausgegraben worden sein …

Sehr beachtlich ist die Kameraarbeit des wenig geläufigen Jack Draper. Den kontrastreichen Bildern wird nicht allein durch viele Schatten und spezielle Ausleuchtung gekonnt stimmige Atmosphäre und Noir-Touch verliehen. Dabei sind die Einstellungen eben nicht TV-mäßig inszeniert, besitzen (atmen) vielmehr Weite und Raum. Letzteres wird auch dadurch unterstrichen, dass die meisten Szenen „on Location“ aufgenommen worden sind. Plunder of the Sun ist in diesem Punkt deutlich aufregender geraten als rund 10 Jahre zuvor der von eindeutig sichtbar sterileren Studioshots dominierte Casablanca.

Bereits der Filmtrailer nennt John Hustons The Maltese Falcon • Die Spur des Falken (1941, Musik: Adolph Deutsch) als Bezugspunkt. Plunder of the Sun ist häufiger nicht nur attestiert worden, sich an vorstehend genannten Film anzulehnen, sondern ebenso an The Treasure of the Sierra Madre • Der Schatz der Sierra Madre (1948, Musik Max Steiner). Beides kann man bejahen und ebenso feststellen, dass der Film keineswegs in sämtlichen Details überzeugt. Eine angenehme Unterhaltung bietet er aber unterm Strich durchaus, insbesondere die gut eingefangene Noir-Atmosphäre macht das Anschauen kurzweilig und lohnend. Das Bild ist überwiegend kontrastreich, scharf und detailliert. Nur ein paar Szenen erscheinen merklich softer. Der Ton kommt erwartungsgemäß über klares sauberes Mono nicht hinaus.

In der Bonus-Sektion finden sich neben dem soliden Audiokommentar (s. o.) und einem Trailer zum Film allein noch eine handvoll Erinnerungen, in „Am Drehort mit Glenn Ford“. Dafür bietet „Plundering History“ eine die archäologischen Aspekte der Filmhandlung aufschlussreich beleuchtende Dokumentation. „The John Wayne Stock Company“ widmet sich einem langjährigen Batjac-Mitstreiter, dem irischen Schauspieler Sean McClory, den Wayne bei den Dreharbeiten zu The Quiet Man 1952 entdeckte. McClory verkörpert hier Jefferson, einen auffällig blonden, skrupellos-gewalttätigen Archäologen, der unmittelbar ersichtlich zu den „Bad Guys“ gehört.

Zum Batjac-Special, 1. Folge

Dieser Artikel ist Teil unseres Spezialprogramms zum Jahresausklang 2007.

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