L. Frank Baum (1856-1919) ist der Vater von „Der Zauberer von Oz“, dem weltweit wohl bekanntesten nordamerikanischen Märchen. Hierzulande dürfte die bereits oben genannte, charmante Musical-Filmversion von 1939, mit Judy Garland als Dorothy, die bekannteste sein. Nur wenige dürften allerdings wissen, dass das 1900 erstmals erschienene Buch zur Keimzelle einer weltweiten Oz-Mythologie geworden ist. Selbst in der Sowjetunion führte Alexander Wolkow die Geschichte weiter und die darauf basierenden deutschen Übersetzungen erfreuten im Arbeiter- und Bauernstaat DDR eine ganze Nachwuchsgeneration.
Die charmante Story um die durch einen Wirbelsturm ins farbenfrohe, märchenhafte Land Oz verschlagene Dorothy, die mit Hilfe neu gewonnener Freunde turbulente Abenteuer erlebt, ist auch für den heutigen Leser unmittelbar zugänglich. Hearns unterhaltsame Randbemerkungen machen aber in jedem Fall interessante und wissenswerte Zusammenhänge deutlich, wobei wichtige Äußerungen von Zeitgenossen und eingehende Kommentare dabei helfen, die berühmten Helden in ihrer ganzen Vielschichtigkeit zu begreifen. Es ist also lohnend, diesen Band eingehender zu studieren, um über berühmte Figuren wie beispielsweise eine Vogelscheuche, die sich Verstand wünscht, einen Mann aus Blech, der gern ein Herz hätte und einen Löwen, der unbedingt mutiger sein möchte, mehr zu erfahren.
Michael Patrick Hearns Buch ist eine vergleichbar liebevoll ausführte Verneigung an diesen Klassiker der amerikanischen Kinderliteratur, wie Gardners Buch zum britischen Alice-Pendant. Im Rahmen einer umfangreichen Einführung wird sowohl die recht abenteuerliche Biografie Baums als auch die Entstehungsgeschichte der Erstausgabe von 1900 eingehender beleuchtet. Ebenso widmet sich ein ausführliches Kapitel der Erfolgsstory um den berühmten Zauberer von Oz, wobei auch frühe Musical- und Filmversionen des Stoffes nicht unerwähnt bleiben. Die Ausstattung der Publikation ist erstklassig: So sind sämtliche Illustrationen der Chicagoer Originalausgabe – seinerzeit stilistisch eine bahnbrechende Neuerung – enthalten.
Beide Bände sind allerdings zweifellos nichts für Kinder, sondern wenden sich vielmehr an interessierte Erwachsene; bilden jeder eine Fundgrube für sich, sind zugleich Lesebuch und Nachschlagewerk für diejenigen, die außerdem prachtvolle bibliophile Ausgaben lieben. Zwei Bücher, die außerdem sowohl in drucktechnischer und typographischer Gestaltung als wunderschön bezeichnet werden dürfen.
Weiterführender Link:
Rezension der DVD Alice im Wunderland.
Mehrteilige Rezension:
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