Lost in Space
Als 1998 kurz vor Filmstart das CD-Album zu Lost In Space erschien, ging ein Aufschrei der Enttäuschung durch die Filmmusikszene. Was hatte man für diesen Blockbuster-Stoff nicht alles von Bruce Broughton erwartet! Zumindest ein eingängiges Hauptthema wollten die Anhänger des Komponisten von Silverado, Tombstone oder anderen großorchestralen Projekten hören. Aber die erste CD auf dem TVT-Label, zur Hälfte mit irrelevanten Techno-Tracks bestückt, ließ kein positives Urteil über Broughtons Arbeit zu. Es handelte sich dabei um eine sehr dürftige Repräsentation der Originalmusik, die ohne Zutun des Künstlers auf Album gebannt wurde.
Glücklicherweise konnte Monate später bei Douglass Fakes Speziallabel Intrada genug Geld locker gemacht werden, um eine separate, vom Komponisten produzierte Score-CD von Lost In Space herauszubringen, die beinahe 70 (von insgesamt ungefähr 90) Minuten der Musik enthält. Durch diese adäquate Präsentation wird der Score in ein ganz anderes Licht gerückt. Nachträglich muss man feststellen, dass der qualitativ jenseits von Gut und Böse anzusiedelnde Sci-Fi-Film von einer erstaunlich gelungenen Filmmusik begleitet wird.
Broughtons Score ist hier wirklich einer der wenigen Lichtblicke, den man problemlos von den wenig überzeugenden Bildern getrennt rezipieren kann. Auf der Intrada-Version ist endlich das Hauptthema klar als solches zu erkennen, das man als eine bescheiden-erhabene Hymne für ehrliche Abenteurer – sehr gut das Sujet treffend – beschreiben könnte. Interessant ist auch noch das wandlungsfähige Motiv für den Bösewicht Dr. Smith (z. B. in „Dr. Smith’s Plan“). Von einer Klarinette gespielt, klingt es zynisch und verschmitzt, wenn aber der Großteil des Orchesters eingesetzt wird, sagt es nur eines: Höchste Gefahr! Auch für packende Actionmusik ist Bruce Broughton der richtige Mann. „The Launch“, „Into The Sun“, „Spiders“, „Facing The Monster“ u.a. weisen den Komponisten als Könner auf diesem Gebiet aus.
Die Leistung der Instrumentalisten soll aber auch nicht unter den Tisch gekehrt werden. Die Sinfonia Of London, wegen der vergleichsweise häufigen Zusammenarbeit mit Broughton in Filmmusikkreisen recht bekannt, ist den hohen Anforderungen, die Einspielungen von Filmmusik in der Regel mit sich bringen, mühelos gewachsen. Das große Vergnügen, dass Lost In Space bereitet, hängt nicht zuletzt mit der präzisen Einspielung zusammen, die das größtmögliche Volumen aus dem Ensemble holt. Dennoch leidet das Orchester, das übrigens unter der Leitung von Broughtons Frau Belinda steht, nicht anders als der Komponist selbst scheinbar an filmmusikalischer Unterbeschäftigung.
Für mich hat der Score einen klaren Höhepunkt: Das letzte Stück auf der CD, „Lost In Space“. Hier wird das schöne Hauptthema wieder aufgegriffen, in einer rasanten orchestralen Achterbahnfahrt den herrlichsten Variationen unterzogen und praktisch durch alle Instrumentalgruppen gejagt.
Fazit: Ein beachtlicher Sci-Fi-Score für einen völlig missratenen Film. Bruce Broughton vermag auch in diesem Genre Ansehnliches zu leisten.