Cinema Serenade

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
10. Mai 2000
Abgelegt unter:
Sampler

Score

(4/6)

Den Begriff „Serenade“ erklären die Lexika mit Abendmusik, Ständchen. Die klassische Konzertliteratur versteht hierunter besonders die im 18. Jahrhundert von Mozart und Haydn vielseitig entwickelten mehrsätzigen Kammersinfonien für Streicher und/oder Bläser. Die CDs „Cinema Serenade“ und „Cinema Serenade 2: The Golden Age“ enthalten Bearbeitungen bekannter Filmmelodien in Form kleiner sinfonischer Konzertstücke für Solovioline und Orchester, die den Stil einer klassischen Serenade – also weitgehende kammermusikalische Durchsichtigkeit – und Soloinstrumente auf dezentem Klangteppich bevorzugen. Erfreulicherweise wurde bei den Bearbeitungen nicht versucht, durch Einarbeiten von Pop-Elementen die Musikstücke krampfhaft für ein möglichst breites Publikum „aufzupeppen“.

Nun, das Nachspielen bekannter Filmmelodien ist nichts Neues. Obwohl viele Ergebnisse derartiger Bemühungen schlichtweg uninteressant sind, gelingt es einzelnen dieser „Cover-Versionen“ immer wieder, sich aus der Masse hervorzuheben. So gelang es schon 1959 Percy Faith und seinem Orchester mit seiner Version von Max Steiners Hauptthema zu A Summer Place • Die Sommerinsel, einen Hit zu landen. Die beiden „Kinoserenaden-CDs“ gehören in jedem Fall zu den edlen Vertretern der Gattung Filmmusik-Sampler, denn hier waren hörbar Überzeugungstäter am Werk: Wer lyrisches Geigenspiel auf ansprechender orchestraler Grundlage mag, dürfte an den Produktionen seine Freude haben. Filmmusik-Puristen rümpfen hier aber wohl die Nase, da die vorliegenden Stücke zum überwiegenden Teil mit den Originalen nur noch die Melodie gemein haben. Letztlich ist es vor allem eine Geschmacksfrage, denn die Arrangements sind von versierter Hand geschrieben worden, und die beteiligten Künstler, der Geiger Itzhak Perlman, der Dirigent John Williams und sowohl das Pittsburgh Symphony Orchestra als auch die Boston Pops, machen ihre Sache vorbildlich und dies mit hörbarem Engagement. Einige der Stücke sind sogar überaus virtuose Violin-Orchesterfantasien geworden: Herausragend ist den Arrangeuren das Hauptthema aus Far and Away In einem fernen Land gelungen, welches zu einer ansprechenden Neuschöpfung umgestaltet worden ist, die fast als „4. Satz“ im Korngoldschen Violinkonzert taugt. Insgesamt gehören die beiden Kino-Serenaden in den Bereich des gehobenen „Easy-Listenings“ und eignen sich auch als geschmackvolle Hintergrundmusik für Leute, die ansonsten an Filmmusik kaum interessiert sind; vielleicht mag sich anschließend der eine oder andere sogar eines der Originale anhören. Abgerundet wird der stimmige Eindruck durch die hervorragende Tontechnik der Produktionen, und obendrauf gibt es noch jeweils ein gut gestaltetes Booklet, sogar mit deutschem Text – was will man mehr?

Bei Varèses Sampler „Movie Memories“ handelt es sich um „alten Wein in neuem Schlauch“, wobei dies hier nicht bösartig gemeint ist. Ursprünglich bereits 1995 auf dem Colosseum-Label veröffentlicht hat nun offenbar jemand vom Varèse-Staff seine Liebe zu dieser Kompilation entdeckt und dem Produkt sogar ein aufgepepptes, recht informatives Booklet verpasst. Die Nürnberger Sinfoniker spielen unter der Leitung von Richard Kaufman die Hauptthemen oder Suiten aus bekannten Filmmusiken aus der Zeit des „Golden Age“ bis in die neunziger Jahre. Bei den Arrangements handelt es sich um überwiegend ordentliche Konzertfassungen der Originale, welche von den in guter Form spielenden Nürnberger Sinfonikern überzeugend bis ausreichend interpretiert werden. Beispielsweise wird der Marsch aus Jäger des verlorenen Schatzes stimmig und schmissig gespielt, beim Lara-Thema aus Doktor Schiwago wählt mir Kaufman aber ein doch allzu behäbiges Zeitmaß. Ergänzt durch gute Tonqualität und eine sehr ordentliche Gesamtspielzeit von rund 70 Minuten ergibt sich eine Einordnung im soliden Mittelfeld mit 3 Punkten.

Fazit: Sonys zwei „Cinema-Serenaden“ sind gute Beispiele für gehobenes Easy-Listening – nichts für Filmmusik-Puristen, sondern für alle, die gegenüber lyrischen, raffiniert und virtuos gestalteten Violin-Konzertstücken aufgeschlossen sind. Die beiden ansprechenden CDs sind sowohl zum Nebenbei-Hören als auch zum bewussten Genießen geeignet. Bei Varèses „Movie Memories“ handelt es sich um einen wiederveröffentlichten Sampler orchestraler Arrangements von Filmmusik-Evergreens aus Filmen wie Gone with the Wind bis [url id=1026]Out of Africa[/url]: nett, aber keinesfalls aufregend. Die Booklets sind in allen drei Fällen gut gemacht; allein Sony bietet erfreulicherweise auch deutschsprachige Texte. Die Tontechnik der Cinema-Serenaden-Einspielungen ist, wie schon fast Sony-Standard, Spitze in Sachen Transparenz; der Varèse-Sampler rangiert wacker ein Stück dahinter.


Mehrteilige Rezension:

Folgende Beiträge gehören ebenfalls dazu:


Komponist:
Diverse

Erschienen:
2000
Gesamtspielzeit:
53:55 Minuten
Sampler:
Sony Classical
Kennung:
SK 63005
Zusatzinformationen:
Itzhak Perlman Violine, Pittsburgh SO, Ltg.: John Williams|Itzhak Perlman Violine, Pittsburgh SO, Ltg.: John Williams

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