Die Liebesbeziehung zwischen Thomas Jefferson, dem dritten Präsidenten der Vereinigten Staaten (1801-1809), und seiner mulattischen Sklavin Sally Hemings war auch schon früher das Thema von Filmen. Der amerikanische Fernsehsender CBS hat den Stoff nun zu einem Mehrteiler verarbeitet, mit Carmen Ejogo in der Titelrolle und Sam Neill (Jurassic Park) als Jefferson. Als Komponisten engagierte Regisseur Charles Haid seinen Freund Joel McNeely. McNeely, der auch als Dirigent und Produzent des Scores auftrat, zählt ja schon spätestens seit den Young Indiana Jones Chronicles • Die Abenteuer des jungen Indiana Jones (2000) zu Hollywoods großen Nachwuchskomponisten (er war George Lucas seinerzeit übrigens von John Williams empfohlen worden).
Um es vorwegzunehmen: McNeely enttäuschte die Erwartungen nicht und legte (wie auch schon bei den Young Indiana Jones Chronicles) eine Musik vor, die sich hinter keiner Kinoproduktion zu verstecken braucht. Ob bei romantischen, dramatischen, festlichen oder ausgelassen-fröhlichen Passagen – die Musik ist, vor allem für eine Fernsehserie, äußerst aufwendig und auch qualitativ sehr gut geraten.
Die CD beginnt – wie auch John Williams’ Amistad (1997) – mit einer (textlosen) Vokal-Solostimme – in beiden Fällen wohl als Reminiszenz an den afrikanischen Kulturkreis, aus dem die Hauptdarsteller stammen (das gleiche Thema taucht in etwas erweiterter Form auch im „Epilogue“ wieder auf sowie, als Orchesterversion, in „Tom jr. Returns“ und in einer kurzen Fassung für Celtic Harp in „Bankrupt“). Die Musik geht dann aber recht schnell in das relativ ruhige, aber dennoch kraftvoll-melodische Titelthema über.
Zu Beginn der Handlung verbringt Jefferson einige Zeit als amerikanischer Botschafter in Frankreich zur Zeit Ludwigs XVI. und Marie Antoinettes (siehe auch die Verfilmung Jefferson in Paris (1995) ). Nach dem ruhigen und etwas melancholischen „Haunted Paris / Consummation“ erklingt mit „At Versailles“ eine kurzes, festlich-höfisches Stück, in dem die fast schon sprichwörtlichen Pauken und Trompeten dominieren. Dramatischer wird es dann in „The French Revolution“, wo McNeely vor allem auf Streicher und Blechbläser zurückgreift, unterbrochen von kurzen Oboen- und Flötensoli in den ruhigeren Passagen.
Noch vor diesem Stück taucht auch das wunderschöne Liebesthema zum erstenmal auf („Falling in Love“), das McNeely in der Folge auch in verschiedenen anderen Tracks verwendet, z.B. in „Birth of the First Child“ oder „Sally and Tom“. Ob als Klavier-, Oboen- oder Flötensolo oder in voller Orchesterstärke – eine Melodie, die zu Herzen geht, ohne jedoch jemals kitschig zu wirken.
Beim siebten Stück auf der CD („Returning Home“) greift McNeely kurzzeitig tief in die Kiste mit den Jubelfanfaren, bevor er wieder das Titelthema erklingen lässt. Hier ist die Ähnlichkeit mit seinem Disney-Score Iron Will (1994) nicht zu überhören.
Das ausgelassen-fröhliche „Homecoming Celebration“ fällt – wie schon „At Versailles“- stilistisch und musikalisch-thematisch etwas aus dem Gesamtrahmen heraus. Es handelt sich um Geigengefiedel im typischen Südstaaten-Stil und reißt den Zuhörer auch nicht gerade übermäßig vom Hocker.
Eher ruhig angelegt sind dagegen das stellenweise hymnenartige „Louisiana Purchase / Stitching Stars“ (mit einem kurzen Zitat aus der Marsellaise) sowie „Crittas Tale“, ein leicht melancholisches Stück, in dem sich Joel McNeely auf wenige Soloinstrumente beschränkt (Violine, Celtic Harp, Gitarre und Klavier).
Neben dem Titel- und dem Liebesthema ragt aus der Fülle des thematischen Materials noch eine weitere, ruhige und etwas ländlich klingende Melodie heraus. McNeely verwendet sie z.B. in „Dupont Arrives“ und „In the Garden“, in letzterem Falle ebenfalls in einer sehr sparsamen Instrumentierung mit Violine und Gitarre.
Bei dem Titel „Slave Auction“ greift McNeely dann wieder auf die bereits erwähnte textlose Vokalmusik zurück, wobei diesmal auch ein kleiner Chor zu hören ist. Im letzten Stück der CD, „Monticello – End Credits“, kommt dann das Titelthema nochmals zum Einsatz, allerdings in einem eigenständigen (stellenweise etwas bombastischen) Arrangement und nicht, wie bei manchen CDs, als bloße Reprise des Titelstücks.
Neben eigenen Kompositionen hat McNeely auch Musik von zwei klassischen Kollegen herangezogen. Zu hören sind einige Ausschnitte aus den Concerti Grossi Op. 6 von Arcangelo Corelli sowie das bekannte „Adagio“ aus der Klaviersonate „Pathetique“ von Ludwig van Beethoven. Es handelt sich jedoch nur um 4 von insgesamt 28 Titeln auf der CD (wobei allerdings kleinere Abschnitte auch noch in anderen Stücken vorkommen, z.B. in „Death of the President“). Auch „Death of James“ (Track 16) klingt stellenweise sehr nach einigen Beethoven-Klavierstücken, z.B. der „Mondscheinsonate“. Ganz ähnliche Töne hat Joel McNeely auch schon in den Young Indiana Jones Chronicles angeschlagen, und zwar in der Episode „Verdun 1916“, in der es ja auch um den Tod geht. Insgesamt überwiegen McNeelys eigene Kompositionen jedoch bei weitem. Leider sind im Tracklisting von den genannten 4 Stücken nur 2 als Fremdkompositionen ausgewiesen.
Überhaupt ist das Booklet der CD ziemlich mager geraten (eine Auflistung der Stücke gibt es z.B. nur auf der Rückseite der CD-Hülle). Dafür ist der abgedruckte Beitrag von Joel McNeely über die Widrigkeiten, mit denen die Musiker bei der Produktion des Scores zu kämpfen hatten, recht amüsant und lesenswert.
Mit einer Gesamtlänge von 74:06 Minuten (von insgesamt 2 ½ Stunden Score) bietet diese unter dem Prometheus-Label erschienene CD dem Käufer auch quantitativ einiges für sein Geld. Natürlich tauchen dabei bestimmte Themen immer wieder auf, doch stets in etwas anderer musikalischer Ausarbeitung und Instrumentierung. Reine Wiederholungen von ganzen Passagen kommen kaum vor.
Fazit: Ein sehr empfehlenswerter Score, den man auch dann immer wieder gerne anhört, wenn man die Fernsehserie selbst nicht kennt und der vor allem die Liebhaber von melodischen Orchesterscores begeistern wird. Allein schon die Musik lässt hoffen, dass die Serie bald im deutschen TV zu sehen sein wird.