Ernest Bloch: „Poems of the Sea“ etc., „Macbeth“
Die Wahrnehmung des Schaffens des in Genf geborenen Ernst Bloch (1880-1959) ist immer noch weitgehend auf die hebräische Rhapsodie „Schelomo“ für Cello und Orchester beschränkt. Das recht breite Œuvre dieses Musikers hingegen wird kaum wahrgenommen. Das Bloch-Album von Capriccio ist ein exzellenter klingender Wegweiser zu diesem bedeutenden und zugleich verkannten jüdisch-eidgenössischen Tonsetzer. Der vorzügliche dreisprachige Begleithefttext zeichnet ein kompaktes Bild. Er beleuchtet schlaglichtartig wichtige Stationen in Leben und Werk des Schweizers, der bereits 1924 amerikanischer Staatsbürger wurde. Blochs Tonsprache besitzt alle Reize der Spätromantik des „Fin de siècle“. Das reich besetzte Orchester dient einem raffinierten chromatischen Farbenspiel der Klänge, bei dem die differenziert aufgefächerten Holzbläser besonders bedeutend sind. Seine Musik zeigt zwar Einflüsse von Vorbildern wie Wagner, Bruckner, Strauss und Mahler, ist aber in einem klar individuellen Stil gehalten. Sie ist mitunter von rhapsodisch-strengem Tonfall, aber ebenso von lyrisch-schwärmerischem Ausdruck.
Die 1922 entstandenen „Poems of the Sea“ zeigen sich als im Ausdruck Richard Strauss nahe stehende musikalische Landschaftsmalerei. Dies gilt besonders für den letzten temperamentvoll und naturalistisch gehaltenen Satz „At Sea“. Die beiden vorausgehenden sind ruhige Stimmungsbilder, von denen das liedhafte „Chanty“ unmittelbar anspricht. Der europäischen Solokonzert-Tradition verpflichtet ist das während seines Europa-Aufenthaltes (1930-1939) komponierte Violinkonzert. Es handelt sich um ein sehr lyrisches Werk, das über so manche wunderschöne Passage verfügt und verdiente, ein häufigerer Gast in den Konzertsälen zu sein. Bei „Voice in the Wilderness“ („Der Rufer in der Wüste“) aus dem Jahr 1936 handelt es sich um ein sechsteiliges sinfonisches Poem mit obligatem Cello, das in seinem religiös-biblischen Bezug zugleich Programm ist für das Bild des Komponisten als Propheten einer israelischen Musik. Die kompetenten Solisten Matthias Wollong (Violine), Wolfgang Emanuel Schmidt (Violoncello) werden vom Rundfunksinfonieorchester Berlin unter den Dirigenten Fabrice Bollon und Vladimir Jurowski adäquat begleitet. Ebenso wenig lässt die Aufnahmetechnik dieser Koproduktion mit DeutschlandRadio zu wünschen übrig.