Warlock

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
23. Dezember 2005
Abgelegt unter:
DVD

Film

(4.5/6)

Bild

(5.5/6)

Ton

(3/6)

Extras

(4/6)

Western Klassiker von Koch-Media auf DVD: Warlock und Der gebrochene Pfeil

Koch Media schlägt wieder zu! Nicht nur im Italo-Western-Genre ist man fortwährend dabei, Ausgrabungen auf DVD zu präsentieren: Jetzt ist erfreulicherweise auch eine „Classic Western Collection“ ins Leben gerufen worden. Den Anfang machen zwei Spielfilme der 20th Century Fox, die dem Anspruch des Titels der Reihe zweifellos gerecht werden. Sowohl Delmer Daves’ Broken Arrow • Der gebrochene Pfeil (1950, Musik: Hugo Friedhofer) als auch Edward Dmytryks Warlock (1959, Musik: Leigh Harline) zählen klar zur Gattung der „Edelwestern“ aus Hollywood.

In Der gebrochene Pfeil setzt sich Tom Jeffords (James Stewart), ehemaliger Fährtensucher der Armee, unerschrocken für eine friedliche Lösung des Konflikts zwischen weißen Siedlern, der Kavallerie und den Indianern ein — hier die Apachen unter Cochise (Jeff Chandler). In Warlock geht es um ein durchs Land ziehendes Duo: den Revolverhelden Clay Blaisdell (Henry Fonda) und den Spieler Morgan (Anthony Quinn). Beide lassen sich als Marshalls von wohlhabenden Gemeinden anwerben, um in diesen für Ordnung unter rauflustigen Viehtreibern und schießwütigen Banditen zu sorgen. Henry Fondas Rolle wirkt hier ein wenig wie das Spiegelbild von Jack Beauregard aus Mein Name ist Nobody. Dabei werden die übermächtigen Zwei den Einwohnern betreffender Orte regelmäßig rasch ähnlich unheimlich, wie jene Banditen und Raufbolde, die sie zuvor vertrieben. Blaisdells und Morgans Widerpart wird Johnny Gannon, verkörpert von Richard Widmark, der sich schließlich vom anfänglich eher windigen Raufbold zum soliden Charakter mit Fähigkeiten zum Gesetzeshüter mit Augenmaß läutert.

In Dmytryks Warlock geht es brutal und ungewöhnlich düster zu, werfen bereits der Spät- und der Italowestern seine Schatten voraus. Obwohl es in der etwas schwermütigen Law-and-Order-Parabel vielleicht etwas überladen psychologisierend zugeht, unterhaltsam, spannend und somit ansehnlich ist der zugleich visuell im traditionellen, recht üppigen Stil realisierte Film auch heutzutage. Clay Blaisdell ist der Mann mit den zugleich symbolhaften goldenen Colts und entsprechend vermarktete der Constantin Film Verleih im Jahr 1967 Warlock nochmals, nämlich als Der Mann mit den goldenen Colts.

Aus heutiger Sicht kann man Der gebrochene Pfeil sicher ein wenig Betulichkeit und ebenso naiv belehrende Art in seinem Werben für Völkerverständigung unterstellen. Bei eingehender Betrachtung schmelzen aber die meisten Einwände weitgehend dahin, erweist sich vieles — abgesehen von kleineren Ungereimtheiten und sicht- und hörbar spiegelnden Konventionen der Zeit — als weniger klischeehaft, damit echter und ehrlicher als es vielleicht auf den ersten Blick scheint. So ist auch der von James Stewart verkörperte Gutmensch Jeffords (wie auch die anderen Protagonisten) kein Heiliger, sondern nach der Ermordung seiner indianischen Frau anfänglich ein sich in wütende Rachsucht hineinsteigernder Charakter. Aber auch der hasserfüllte Rancher Slade, der feststellt, dass, wer nicht mit uns kämpft, gegen uns sei, war selbst einmal Opfer.

Letztlich überzeugen auch 55 Jahre nach der Premiere die tiefe Ehrlichkeit in den grundlegenden Aussagen und das Menschliche in den Charakteren. All dies macht den Spielfilm auch heutzutage über rein historisches Interesse hinaus interessant und, wie ich meine, zeitlos und damit entsprechend wertvoll. Dass der Streifen im Umfeld von Kaltem Krieg und in Fahrt kommender Kommunistenhatz im Jahr seiner Premiere einige Brisanz besaß, ist etwas, was man ihm sicher zusätzlich anrechnen muss, um ihn stimmig einzuordnen. Ebenso, dass der Film zweifellos der entscheidende Wendepunkt und Wegbereiter für eine ehrliche Betrachtung der Indianer im Western gewesen ist. Wer mag, der vergleiche mit Walter Hills Geronimo — Das Blut der Apachen (1994, Musik Ry Cooder), der sein Thema vergleichbar überzeugend, zwar moderner, aber keineswegs schlichtweg besser angeht.

Zu den DVD-Editionen:

Beide Filme werden in sehr guter Bildqualität präsentiert. Kontrast, Detailliertheit und Farbe sind tadellos. Nicht nur Henry Fondas blaue Augen sind einwandfrei zu erkennen. Das Bild von Der gebrochene Pfeil hätte noch ein Quäntchen mehr an Schärfe vertragen. Im Vergleich mit der schon sehr guten Fernsehausstrahlung der als farbrestauriert angekündigten Fassung vor rund einem Jahr sind in der vorliegenden DVD-Version die Technicolor-Farben noch ein spürbares Quäntchen satter geraten. Dies kommt der kaum auf vordergründig ins Auge fallende Glamour-Effekte setzenden Farbdramaturgie zugute: umso eindrucks- und stimmungsvoller wirken die detailliert abgestuften Ockerfarben und Rottöne der Felsformationen und des Sandes in den grandiosen Landschaftsaufnahmen. Den Ton gibt’s jeweils (wahlweise in Deutsch und Englisch) in sauberem Mono dazu.

Beide Filme sind erfreulicherweise hierzulande erstmalig ungeschnitten zu sehen. Steht dies bei Der gebrochene Pfeil nur für eine einzelne, rund 10 Sekunden dauernde Sequenz, ist Warlock immerhin um knapp 8 (Video-)Minuten verlängert. Die fast fünfminütige Eröffnung ist dabei mit Abstand der längste zusammenhängende Block. Wie in dieser dem bisherigen Marshall nach rüder Demütigung durch Banditen schließlich die Nerven durchgehen und er davongejagt wird, das ist für die Zeit bemerkenswert — und war für die hiesige FSK wohl zu schonungslos inszeniert.

Neben einem mit soliden Infos zum Film aufwartenden 4-seitigen Beiheft ist bei beiden DVD-Editionen eine „Bildergalerie“ mit Plakatmotiven, Aushangfotos und zeitgenössischen Werbematerialien — unterlegt mit Filmmusik — vorhanden. Bei Der gebrochene Pfeil bekommt der Käufer sogar rund 7 Minuten Musik in Stereo geboten, die offenbar von der vorzüglichen SAE-CD-Edition der hervorragenden Hugo-Friedhofer-Musik stammen.

Als immer wieder interessant und oftmals zugleich originell erweist sich die Begegnung mit alten Filmtrailern, so auch hier: Der zu Der gebrochene Pfeil präsentierte Trailer vom Atlas Verleih markiert dabei zugleich ein Stück Vermarktungsgeschichte. Kurioserweise begann die 20th Century Fox in Deutschland bereits in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre damit, ihre älteren Filme an kleinere Verleihe abzugeben; so auch Broken Arrow und Warlock. Wobei so manchem der älteren Leser noch der Verleih Kinder- und Jugendfilmaktion als „Kuno präsentiert“ in Erinnerung sein dürfte, welcher etwa 1967/68 neben Der Dieb von Bagdad eben auch Der gebrochene Pfeil in 35-mm-Kopien verlieh. Wobei Atlas den Film danach, ab Ende der 1960er im Programm hatte, allerdings nur noch in 16 mm. Der besagte auf der DVD präsentierte (Atlas-)Trailer lässt allein grinsen: Der hohe Rang dieses wirklich feinen filmischen Lehrstücks in Sachen Völkerverständigung und Rassenhass wird darin überhaupt nicht deutlich. Vielmehr war man bereits damals bemüht, den Streifen als Actionreißer mit „tausenden von Indianern“ unters jugendliche Volk zu bringen.

Dieser Artikel ist Teil unseres umfangreichen Programms zum Jahresausklang 2005.


Mehrteilige Rezension:

Folgende Beiträge gehören ebenfalls dazu:


Regisseur:
Dmytryk, Edward

Erschienen:
2005
Vertrieb:
Koch Media
Kennung:
DVD DVM 000085D
Zusatzinformationen:
USA 1959

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