Seven Men from Now • Der Siebente ist dran
Mit diesem Randolph-Scott-Western von Regisseur Budd Boetticher hat Paramount eine echte, seit mehreren Jahrzehnten (!) praktisch nicht verfügbare Rarität gehoben! Der Siebente ist dran (1956) ging seinerzeit, obwohl in Warner-Color produziert, nur in Schwarz-Weiß-Kopien durch unsere Kinos. 1964 wurde er aus dem Verleih genommen und war seitdem praktisch verschollen. Im Gegensatz zu den späteren, von „Ranown“ produzierten weiteren Western Budd Boettichers mit Randolph Scott ist Der Siebente ist dran bislang nicht im hiesigen TV aufgetaucht. („Ranown“ war der Name der Produktionsfirma, gegründet durch Randolph Scott und seinen Partner Harry Joe Brown.) Selbst in den USA ist der Film spätestens seit Ende der 1970er Jahre nur noch ganz vereinzelt gezeigt worden: war ausschließlich noch in einer einzigen rotstichigen „Festival-Kopie“ verfügbar.
Hierzulande können sich also nur diejenigen noch an den Film erinnern, die deutlich vor 1950 geboren worden sind. Und so gab es bis dato über Der Siebente ist dran allein etwas zu lesen, wobei der berühmte Essay von André Bazin den Nimbus dieses legendären Westerns mitbestimmt hat. Nun ist dieser „exemplarische Western“, wie Bazin damals schrieb, endlich wieder verfügbar.
Der Siebente ist dran erzählt eine kleine, ohne großen äußeren Aufwand inszenierte Rache-Geschichte. Bei einem Überfall auf die Wells-Fargo-Station Silver Springs haben sieben Banditen nicht nur eine Kiste mit Gold-Dollars erbeutet, sondern auch die Frau des Ex-Sheriffs Ben Stride (Randolph Scott) getötet. Stride ist den Banditen auf der Spur und bringt einen nach dem anderen zur Strecke. In der Kürze der nur rund 77 Minuten Lauflänge liegt hier schon ein Teil der Würze: Boetticher inszenierte die gut strukturierte Story straff organisiert ohne Durchhänger vor überaus eindrucksvoller Naturkulisse im kalifornischen Lone Pine. Dabei wartet das Szenario nicht allein immer wieder mit überraschenden Wendungen auf. Ebenso gilt: Das Gezeigte wirkt infolge des Mini-Budgets zwar zwangsläufig nicht opulent, es ist aber eben keineswegs einfach billig, sondern vielmehr raffiniert gemacht. Der männliche Hauptdarsteller, Randolph Scott, erscheint schnell etwas steif und nahezu emotionslos. Ob und in welchem Ausmaß sich die unübersehbaren Grenzen seiner Darstellungskunst nachteilig auswirken, hängt von der Qualität des übrigen Ensembles ab. Und auch da kann der Film punkten. Die Heroine Gail Russell bestreitet ihren Part mehr als ansehnlich. Lee Marvin ist keineswegs einfach stereotyper Bösewicht, sondern vielmehr eine charismatische Gangsterfigur, die sogar Manieren besitzt. In der Rolle des markant verkörperten Bill Masters wird Marvin geradezu zum Geheimtipp. (Ursprünglich wollte John Wayne die Hauptrolle selbst übernehmen, er war jedoch durch die Arbeiten an The Searchers • Der schwarze Falke verhindert.)
Seven Men from Now gehört zu den Western, die Sergio Leone und Clint Eastwood beeinflussten, was ganz besonders im finalen Duell zwischen Scott und Marvin deutlich wird. Pfiffig ist (nicht nur an dieser Stelle), dass man Scott beim Showdown nicht ziehen sieht. Man hört (jeweils) nur den von ihm abgegebenen Schuss, sieht dessen Wirkung und erst anschließend erscheint Scott im Bild, mit dem Colt in der Hand. Lee Marvins Rolle als Bill Masters besitzt zugleich Modellcharakter für Clint Eastwoods Rollen in den Dollar-Western. Erwähnenswert ist ebenso die feine Kameraarbeit von William H. Clothier, bei der auch das Superbreitwandformat für ausdruckstarke Bildkompositionen geschickt genutzt wird. Und ebenfalls nicht vergessen werden darf der Einfluss von Burt Kennedy (damals noch „nur“ Drehbuchautor, später auch auf dem Regiestuhl tätig), der dem Plot dank der wohlüberlegten Dialoge zusätzlichen Pfiff verliehen hat.
Musikalisch betreute der Pole Henry Vars, der eigentlich Henryk Warszawski hieß, die Produktion. Vars gehört zu den Komponisten der tönenden Leinwand, deren Namen leider nahezu unbekannt geblieben sind. Sein Score erweist sich als angenehm solides, traditionelles Orchesterhandwerk mit einem zum Song tauglichen Hauptthema, das als Leitmotiv eine sorgfältig ausgeführte Filmmusik prägt. Einzig das Chorarrangement des Main Titles wirkt mittlerweile etwas altbacken. (Wie das kleine Segment zur Restauration des Films verrät, hat Boetticher den Song offenbar gehasst, hätte es wohl gern gesehen, wenn dieser im Zuge einer Restauration entfernt worden wäre.)
Budd Boettichers Karriere kam erst Mitte der 50er in Schwung. Der 1916 in Ohio Geborene kam aus guten Verhältnissen. Er entwickelte früh eine besondere Vorliebe für Mexiko und den Stierkampf. Und so kam Boetticher 1941 durch eine Begegnung mit Rouben Mamoulian eher zufällig als technischer Berater zum Film, für das Fox-Stierkampf-Epos Blood and Sand • König der Toreros. In den Folgejahren führte er zwar bei zahlreichen B-Produktionen Regie, aber etwas besonders Hervorstechendes findet sich darunter nicht. 1951 erhielt er mit dem für Wayne-Fellows (später Batjac) produzierten The Bullfighter and the Lady eine Oscar-Nominierung für die beste Original-Story.
Boetticher hatte allerdings fortwährend Schwierigkeiten mit den Produzenten und den Studios. Er wurde z. B. 1953 von Universal entlassen. Privat führte er ebenfalls ein recht turbulentes und ausschweifendes Leben, brachte es dabei auf immerhin fünf Eheschließungen. Der Siebente ist dran wurde für ihn zum entscheidenden Durchbruch. Der Film begründete seinen Ruf als Top-Regisseur für mit äußerst bescheidenen Budgets (meist in wenig mehr als zwei Wochen) produzierte, aber trotzdem gute bis vorzügliche Western. Der Erfolg von Seven Men from Now begründete eine Reihe von sechs weiteren Low-Budget-Western für Ranown (s. o.), die bis 1960 entstanden. Der so genannte „Ranown-Zyklus“ wäre in jedem Fall in vergleichbar sorgfältig gemachten DVD-Editionen wünschenswert. Er umfasst: The Tall T • Um Kopf und Kragen (1957), Decision at Sundowm • Fahrkarte ins Jenseits (1957), Buchanan Rides Alone • Sein Colt war schneller (1958), Westbound • Messer an der Kehle (1959), Ride Lonesome • Auf eigene Faust (1959) und Comanche Station • Einer gibt nicht auf (1960).
Die DVD-Präsentation von Der Siebente ist dran gibt keinen Anlass zu herber Kritik. Das dem Breitbild-TV angepasste Bildformat 16 : 9 entspricht annähernd dem originalen Kino-Superbreitwandformat (1 : 1,85) des Films. Das Bild zeigt meist gute bis sehr gute Schärfe, sauberen Kontrast und überzeugende Farben. Hier und da ist der Bildeindruck etwas flauer. Mitunter ist der Schärfeeindruck nicht optimal und neben gelegentlichen Kompressionsartefakten sind in einigen Bildpassagen trotz Restauration verbliebene kleinere farbliche Defekte erkennbar.
Der zum Film wählbare Audiokommentar des Filmhistorikers Jim Kitses hält aufschlussreiche und damit wertvolle Detailinformationen bereit. Die Dokumentation „Budd Boetticher: An American Original“ liefert dazu ein solides Porträt des Regisseurs, in dem die wichtigsten Stationen seines Lebens und seiner Karriere mit Hilfe von Filmausschnitten und Interviewauszügen angerissen werden. Der Restauration des Films ist dabei ebenfalls ein kleines Untersegment gewidmet.
Boetticher, der im November 2001 verstarb, hat die restaurierte Kopie übrigens noch im Rahmen einer ihm gewidmeten Veranstaltung begutachten können. Im US-TV ist diese Fassung erstmalig 2005 gezeigt worden und hat in Form der DVD nun endlich auch Deutschland erreicht. Erfreulicherweise hat man noch auf den originalen deutschen Synchronton zugreifen können, der in sauberem, klarem Mono daherkommt. Eine kleine Featurette ist dem markanten kalifornischen Drehort vieler kleinerer Western, „Lone Pine“, gewidmet, und ebenso wird der weibliche Star der kleinen Story, Gail Russell, porträtiert in „The John Wayne Stock Company“.
Dieser Artikel ist Teil unseres Spezialprogramms zum Jahresausklang 2007.
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