Der normannische Ritter Chrysagon de la Crou (Charlton Heston) hat vom Herzog Wilhelm von Gent ein flandrisches Lehen an der Küste des heutigen Belgien angenommen. Bei seinem Eintreffen kommt er gerade zurecht, einen Überfall der die einheimische Bevölkerung bedrohenden (West-)Friesen (ein Teil der heutigen Niederländer) abzuwehren. Doch die anfänglich für den neuen Herren so günstig erscheinende Situation währt nicht lange. Als Chrysagon sich nämlich wenig später ausgerechnet in die dem Sohn des Stammesfürsten versprochene schöne Brownyn (Rosemary Forsyth) verliebt und auf dem Adelsprivileg des „Rechts auf die erste Nacht“ nicht nur beharrt, sondern darüber hinaus die Braut für sich will, schlägt die Stimmung um. Jetzt hat er nicht nur die auf Rache sinnenden Friesen, sondern auch die Einheimischen gegen sich aufgebracht.
Was The War Lord • Die Normannen kommen gegenüber manch anderer vergleichbarer Produktion jener Jahre auszeichnet, ist die insgesamt besonders sorgfältig und stimmig erscheinende Atmosphäre. Selten finden sich in Hollywoods Abenteuerfilmproduktionen zu einem in Europa angesiedelten Filmstoff derart überzeugend ausgewählte und durch bauliche Maßnahmen weiter optimierte Drehorte — natürlich in den USA gelegen, hier im kalifornischen Colusa County. Was davon im Film zu sehen ist, bietet neben einer Handvoll typischer Studioshots sowie mit Hilfe von Albert Whitlocks Hintergrund-Glasmalereien nett getrickster Totalen ein atmosphärisch überraschend dichtes Bild des frühen Mittelalters: ein urwüchsiges Marschland an der belgischen Küste, geprägt von heidnischen Riten der keltischen Ureinwohner und dem Christentum der normannischen Herren. Ebenso bemerkenswert ist das (zumindest auf den ersten Blick) hohe Maß an Authentizität im Aussehen und der Ausrüstung der normannischen Ritter, das den Abbildungen auf dem mittelalterlichen „Teppich von Bayeux“ detailgetreu nachempfunden worden ist. Neben den Frisuren sind dabei die durch ihr markantes Nasenstück so charakteristischen Nasalhelme besonders auffällig. Ebenso ist der Helm des Anführers der Friesen einem germanischen Moorfund sorgfältig nachgestaltet. Aber auch der gegenüber den prächtigeren Burgen des Hochmittelalters (siehe Ivanhoe) zwangsläufig bescheidenere, aber ebenfalls trutzige Wehrturm als Vorläufer derselben setzt einen wichtigen Akzent im beachtlichen Gesamtkonzept.
Franklin J. Schaffner inszenierte The War Lord als düstere Ballade um die Liebe zwischen einem normannischen Ritter und einer Einheimischen, deren Ausgang letztlich offen bleibt. Spektakuläre Höhepunkte sind die recht aufwändig und realistisch wuchtig inszenierten Kampfszenen. Zwar sind in Sachen Aufwand Vergleiche mit Spartacus oder Ben Hur — wie es der etwas reißerische Trailer macht — schlichtweg irreführend: Die Normannen kommen ist eindeutig ein B-Movie. Allerdings steht B (auch) hier keineswegs für billig und schlichtweg bescheiden. Vielmehr bekommt der Zuschauer eine sehr feine, mit einiger Liebe zum Detail gemachte Filmproduktion zu sehen, deren nicht zuletzt wenig romantisierender Blick auf das frühe Mittelalter überraschend entkitscht wirkt. Mitverantwortlich für die packende Gesamtwirkung ist aber auch die Filmmusik von Jerome Moross.
Typisch für die Kino-Ära jener Jahre ist der auf Hauruck-Action abzielende, schlichtweg entstellende deutsche Verleihtitel. Nicht etwa die Normannen kommen, vielmehr sind die Friesen die Invasoren. Der im US-Originaltitel genannte „Kriegsherr“ passt da denn doch wesentlich besser ins Bild dieses gelungenen Kinodramas.
Hauptdarsteller Charlton Heston hat die Rolle des Ritters Chrysagon besonders geschätzt und soll die Rechte an der Vorlage — dem erfolglosen 1954er Broadwaystück „The Lovers“ von Leslie Stevens — sogar für 50.000 $ erstanden haben.
Die Normannen waren übrigens aus Dänemark und Norwegen stammende Wikinger, die sich ab 793 über Europa auszubreiten begannen. Dabei zeigten sie sich überall als sehr anpassungsfähig. In Frankreich wurden sie um die Wende des 9./10. Jahrhunderts sesshaft und bekamen 911 das Gebiet an der Seinemündung zugesprochen, das nach ihnen benannt wurde. Sie assimilierten sich rasch, indem sie die französische Sprache und das Christentum annahmen. Ihre Anführer wurden Herzöge der besagten Normandie. Die Plotte kann man etwa im Jahr 1040 ansiedeln. Bei dem im Film als Herzog Wilhelm von Gent erwähnten handelt es sich wohl um eine sehr freie namentliche Interpretation des späteren Wilhelms des Eroberers. Derartige Raubzüge der Friesen, wie sie die spannende Filmhandlung wiedergibt, sind allerdings nicht überliefert. Übrigens, das „ius primae noctis“ (das Recht auf die erste Nacht) ist ebenfalls eher eine mittelalterliche Legende, denn ehedem verbriefte und praktizierte Realität.
Die DVD-Präsentation des Films ist tadellos: Satte Farben und fast durchgehend sehr gute Werte für Schärfe, Kontrast und Detailliertheit ergeben ein überzeugendes Bild. Das korrekt abgebildete Scope-Format rundet zusammen mit dem, von einigen kurzen Störungen im letzten Filmdrittel abgesehen, sauberen und klaren Mono-Ton (in Deutsch und Englisch) den insgesamt guten Eindruck ab. Etwas merkwürdig ist allerdings, dass die DVD zwar im Pappschuber, aber ansonsten (bis auf einen US-Originaltrailer) „nackt“, also praktisch ohne Boni daherkommt. So fehlt leider das mittlerweile fast schon zur Gewohnheit gewordene mehrseitige Faltblatt mit soliden Hintergrundinformationen.
© aller Logos und Abbildungen bei den Rechteinhabern (All pictures, trademarks and logos are protected).