Lone Ranger

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
30. Dezember 2013
Abgelegt unter:
Blu-Ray

Film

(3/6)

Bild

(5.5/6)

Ton

(5.5/6)

Extras

(3.5/6)

Käpt’n Sparrow im Wilden Westen

Das Erfolgsteam der Fluch-der-Karibik-Reihe war erneut am Werke. Der Versuch von Regisseur Gore Verbinski und seinem Team, den absurden Charme der sehr drolligen und damit charmant-unterhaltsamen Piratenfilme (Teile 1–3) auf das Westerngenre zu übertragen, funktioniert allerdings nicht so recht. Der Lone Ranger ist eine Figur der amerikanischen Popkultur, ein aus einer US-TV-Serie der 1950er entlehnter, maskiert auftretender, für die gerechte Sache kämpfender Zorro-Ableger. Bei Verbinski wird der Lone Ranger John Reid von Armie Hammer derart blass gespielt, dass dieser kaum längerfristig in Erinnerung bleiben dürfte. Johnny Depp mimt seinen indianischen Gefährten Tonto abgefahren wie gewohnt, aber zusätzlich mit einem mystischen Touch versehen.

Allerdings pendelt das Ganze völlig unentschlossen zwischen auch mal pointiert-witziger bis absurd-abgedrehter Comedy und überaus brutal-hartem (Italo-)Western hin und her. Der in die Filmstory zudem integrierte bitterböse und sarkastische Blick auf die Geschichte des Wilden Westens, auf gierige Finanzmagnaten von der Eisenbahn, korrupte Militärs und den mörderischen Betrug an den Indianern, macht alles nicht einfacher. Das dürfte zumindest auch mit ein Grund dafür sein, dass der Film beim US-Publikum so schlecht weggekommen ist: Ich kann mir nicht vorstellen, dass allzu viele Amerikaner es witzig finden, wenn etwa im Hintergrund die Nationalhymne abgesungen wird und im Vordergrund gerade eine Riesensauerei passiert.

Derartige Krassheiten gibt es bei den an der Kinokasse sehr erfolgreichen karibischen Piraten eben nicht. Da ist alles komplett märchenhaft, geradezu im Münchhausen-Stil überzogen in Szene gesetzt. Alles ist damit so weit von der Wirklichkeit entrückt, dass es überhaupt keinen Sinn ergibt, streng logische oder gar besonders tiefschürfende Stories zu erwarten. Da sind es vielmehr die in der Summe schon sehr witzigen und unterhaltsamen Gags, welche in Kombination mit einer auch tricktechnisch eleganten Umsetzung und außerdem der äußerst gediegenen, sichtbar teuren Ausstattung den Spaßfaktor entscheidend (mit-)bestimmen. Die daraus letztlich resultierende weitgehend gelungene, auf ihre Art durchaus originelle Modernisierung des klassischen Piraten- und Abenteuerfilmkinos für das heutige Action-Blockbusterpublikum gelingt beim Lone Ranger allerdings nur ansatzweise.

Trotzdem ist auch der Lone Ranger nun nicht einfach völlig schlecht geraten, wie nach den geradezu in Serie verfassten vernichtenden Kritiken zu erwarten wäre. Hinter Gore Verbinski steht immerhin Produzent Jerry Bruckheimer, und das garantiert im Resultat zumindest ein opulent ausgestattetes und mehr oder weniger spektakulär fotografiertes Kinoerlebnis. Derartiges Augenkino ist es ja gerade, was bei praktisch allen Blockbustern zumindest einen tragenden Anteil des Unterhaltungswertes ausmacht. Und in diesem Punkt enttäuscht auch der Lone Ranger keinesfalls, liefert er doch faszinierende Landschaftspanoramen (u.a. vom traditionsreichen Monument Valley in Utah) und auch sonst wohlkalkuliert komponierte prächtige Bilder, an denen sich das Auge kaum sattsehen kann.

Dabei drängen sich nicht nur Assoziationen an einen der Altmeister des Westerns, John Ford, auf – etwa an die Eröffnung von Der Schwarze Falke (1956) –, man erkennt auch weitere eindeutige Referenzen: Die elegant fotografierten Szenen vom Eisenbahnbau, welche (zusammen mit dem häufiger in der Zimmer-Filmmusik aufscheinenden Zitat des Todesliedes) zuerst auf Sergio Leones Spiel mir das Lied vom Tod (1968) und damit natürlich auf King Vidors Duell in der Sonne (1946) verweisen. Arthur Penns Little Big Man (1970) dürfte das Vorbild für die Rahmenhandlung des Films gewesen sein, wenn der alte Tonto, auf einem Jahrmarkt im San Francisco des Jahres 1933 als „edler Wilde“ fungiert und einem neugierigen weißen Schuljungen die Geschichte in Rückblenden erzählt. Das gilt ebenfalls für den Army-Captain Jay Fuller (Barry Pepper), der nicht nur wie General Custer in Penns Film aussieht, sondern auch ähnlich selbstherrlich und etwas irre wirkt, wenn er sich vorstellt mit: „Ich hörte, sie haben ein Indianerproblem“. Wenn es dann massiv, auch mit Einsatz von Getling-Guns, gegen die Indianer geht, dann erinnert dies an The Last Samurai (2003). Das als großangelegtes Finale fungierende Wettrennen zweier Eisenbahnzüge (bei dem auch der berühmte Marsch aus G. Rossinis Wilhelm-Tell-Ouvertüre, sogar recht amüsant, fast zu Tode geritten wird) wäre ohne Indiana Jones und der Tempel des Todes (1984) und Buster Keatons Der General (1926) wohl ebenfalls nicht denkbar.

Über die gesamten 150 Filmminuten sieht man dabei fast in jeder Szene das Geld (ca. 250 Mio $), welches diese aufwändige Produktion verschlungen hat. Insofern bereitet das Anschauen schon einigen Spaß, auch wenn die Gesamtbilanz beim besten Willen keine Einordnung in obere Wertungskategorien gestattet.

Lone Ranger von Blu-ray in HD

Die HD-Präsentation sieht klasse aus. Das kaum rauschende, mit vielen Details sowie sehr gutem Kontrast und sattem Schwarzwert aufwartende Bild zeichnet sich durch exzellente Schärfentiefe aus und erreicht häufiger die Referenzmarke. Eingesetzte Stilmittel, wie der etwas angehobene Kontrast oder die meist mehr oder weniger entsättigten Farben kennt man bereits aus der Fluch-der-Karibik-Reihe. Beim sehr aktiven Surround-Ton gibt es ebenfalls kaum etwas zu beanstanden. Die weiträumig aufgefächerte Tonkulisse ist fast durchweg sehr stimmig ausbalanciert. Sie wartet mit kraftvoll platzierten Effekten auf, lässt aber auch die sehr feinen akustischen Details nicht untergehen.

Bei den in HD produzierten, in der Menge eher sparsamen und in der Machart etwas oberflächlichen, wenige Details zur Entstehung des Films präsentierenden Boni-Features finden sich unter „Armies Western Road Trip“ über rund eine Viertelstunde Eindrücke von den diversen malerischen Drehorten, dieses Mal in natürlichen Farben.

Fazit: Arg schräg und allzu unausgegoren geraten ist er schon: Lone Ranger, Gore Verbinskis und Produzent Jerry Bruckheimers Ausflug ins Westerngenre. Was in jedem Falle bleibt, ist eine unübersehbar teure, verschwenderische Ausstattung, eingefangen in exzellent komponierten und fotografierten Bildern. Wer sich auch mal primär mit visuellem Glanz über diverse Schwächen auf anderen Ebenen hinwegzutrösten vermag, der sollte den Film trotz der in Serie zu lesenden Verrisse nicht einfach links liegen lassen, sondern ihm zumindest eine Chance geben.

Zur Erläuterung der Wertungen lesen Sie bitte unseren Hinweis zum Thema Blu-ray-Disc versus DVD.

Regisseur:
Verbinski, Gore

Erschienen:
2013
Vertrieb:
Walt Disney Studios Home Entertainment
Kennung:
BD BGY 0121404
Zusatzinformationen:
USA 2013

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