F. Scott Fitzgeralds „Der große Gatsby“ (1925) gilt als einer der bedeutendsten amerikanischen Romane des 20. Jahrhunderts. Insgesamt dreimal wurde der Stoff bereits zuvor für die Kinoleinwand adaptiert: 1926, 1949 und 1973. Jack Claytons 1973er Version mit Robert Redford und Mia Farrow ist davon die Geläufigste.
Das Buch kenne ich nicht, kann dazu also nichts sagen. Aber auch falls man die Romanvorlage in der jüngsten Kinoadaption des Australiers Baz Luhrman vielleicht nicht völlig überzeugend genug wiederzufinden vermag, so erwartet den Betrachter in jedem Fall ein grandioses visuelles Fest, das beträchtlichen Unterhaltungswert besitzt.
Die Story um den geheimnisumwitterten Tycoon Jay Gatsby (Leonardo DiCaprio), der auf seinem märchenhaft wirkenden, schlossähnlichen Anwesen besonders extravagante Partys gibt und letztlich in eine Katastrophe steuert, da er die große, inzwischen verheiratete Liebe seines Lebens, auch nachdem er reich geworden ist nicht bekommen kann, vermochte mich auch nur in Teilen zu überzeugen. Die betörend schönen Bilder haben mich jedoch derart beeindruckt, dass über die rund 140 Filmminuten keine Langeweile aufkam.
Luhrman lässt die „Roaring Twenties“ und die überbordenden Feste der Upper Class in Form eines glamourösen Bilderrauschs in knalligen Farben lebendig werden, der erst Recht in 3D ganz besonders prächtig ausschaut. Mit rasanten, mitunter geradezu schwindelerregenden Kamerafahrten über verschwenderisch luxuriöse wie dekadente Partys wird der Zuschauer überwältigt. An sich wird ja gesagt, dass man bei 3D schnelle Kamerafahrten vermeiden sollte. Der neuseeländische Kameramann Simon Duggan beweist virtuos, dass es doch geht. Regisseur Luhrmans Ästhetik wird zurecht eine gewisse Künstlichkeit attestiert. Nach meinem Empfinden setzt der Regisseur hier, angelehnt an den vergleichbar artifiziellen Look der Produktionen aus Hollywoods Traumfabrik der 40er und 50er Jahre, ganz gezielt seine ganz persönliche Vision eines effektvollen, modern-eigenwilligen Ausstattungskinos in die Tat um.
Sicher kann man hierbei in Teilen von einer Reizüberflutung sprechen, aber das Glamouröse und meist gekonnt Effektbetonte im Gezeigten macht zugleich eben auch seinen Reiz aus. Das beginnt bereits mit der aus mehreren Logos bestehenden Eröffnung, in der das zuerst erscheinende Warner-Logo noch in schwarzweiß, eher stummfilmhaft flimmernd und auch nur mit geringfügigem Raumeffekt versehen erscheint. Anschließend wird das Bild farbig und präsentiert dem Zuschauer eine bereits eindrucksvoll die Tiefe des Raumes auslotende Bilderfolge. Daran schließt sich nahtlos die erste Szene an: Eine dank Nebelschwaden faszinierend tief erscheinende nächtliche Einstellung bei der eines der wichtigen Symbole des Romans in der Ferne sichtbar wird: „Das grüne Licht“, welches für Gatsbys unerfüllte Sehnsucht nach Daisy (Carey Mulligan) steht.
Nick Carraway (Tobey Maguire) ist 1922 aus dem Mittelwesten nach New York gekommen, um an der boomenden Börse reich zu werden. Er fungiert in Luhrmans Leinwandadaption als Ich-Erzähler und berichtet die Geschehnisse in einer als Rahmen fungierenden Rückblende. Als ein Cousin von Daisy erhält er Zugang zu den Vergnügungen der oberen Zehntausend. Nick erhält überraschenderweise auch eine Einladung zu einer der besonders ausschweifenden Partys die Jay Gatsby auf seinem riesigen Anwesen gibt.
Gatsby selbst ist über die erste halbe Stunde des Films nicht zu sehen, es wird nur über ihn gesprochen. Luhrmann steigert so die Spannung für den ersten Auftritt Leonardo Di Caprios, und wenn dieser sich dann auf dem Höhepunkt eines brillant inszenierten Party-Szenkomplexes ogiastischer Sinneseindrücke zu erkennen gibt, dann startet zugleich im Hintergrund ein gewaltiges digitales Feuerwerk. Das ist „großes Kino“ im Sinne der klassischen Traumfabrik. Mitunter lässt Luhrmann auch kurzzeitig Buchstaben und Worte wie Schneeflocken durch das Bild tanzen
Ebenso eigenwillig wie die Optik ist der die Bilder begleitende musikalische Mix. Für den Film entstanden diverse Songs, ausgewählt und produziert von JAY-Z und dessen Frau Beyoncé. Dabei wird, schon etwas gewöhnungsbedürftig, der originale Jazz der 1920er mit modernem Hip-Hop kombiniert. Darüber hinaus schrieb Craig Armstrong eine weitgehend orchestrale Filmmusik, die zum ersten Erscheinen Gatsbys (s.o.) auch Gershwins „Rhapsody in Blue“ verwendet.
Der große Gatsby (2013) im Glanz von 3D auf BD
Optisch wie akustisch spielt Der große Gatsby auf BD in der oberen Liga auf. Das fast immer sehr detailfreudige, kontrastreiche und scharfe Bild wirkt dank seiner Rauscharmut bereits in 2D sehr plastisch. In 3D tritt noch ein sehr ausgeprägter, durch verschiedene nette Pop-Out-Effekte auch auf den Zuschauer gerichteter Raumeffekt hinzu. Erfreulicherweise sind Doppelkonturen (Ghosting) Mangelware, so dass einem überzeugenden, mitunter fast schwindelerregenden 3D-Erlebnis nichts im Wege steht. In den betont vielfarbigen Bildern erscheinen die Farbübergänge fein abgestuft, die Fleischtöne allerdings mitunter etwas rotstichig. Das akustische Pendant, der 5.1-DTS-HD-Master-Audio Mix, ist vergleichbar gut geraten. Ähnlich vielfältig wie die Bilder umfängt den Zuschauer eine sehr aktive, dabei sowohl feine Details wie auch druckvolle Effekte überaus zufriedenstellend abbildende Surroundtonkulisse.
Auf der zweiten BD finden sich neben der 2D-Version des Films noch eine Reihe die Filmentstehung eingehender betrachtender HD-Features: etwa „Swinging Sounds – Wie die Filmmusik entstand“, „Razzle Dazzle: Die Mode der 1920er“ oder „Gatsbys Schlüsselszenen“.
Fazit: Als eine faszinierend überbordende, opulente Bilderflut feiert nicht nur Buz Luhrmans Remake von Der große Gatsby, sondern auch die alte Traumfabrik der 1940er Jahre fröhliche Urständ. Zum Film ist genug nachzulesende Schelte auffindbar. Wer im Kino aber nicht ausschließlich auf die Inhalte fixiert ist, sondern es auch mal als eine die visuellen Reize ganz besonders betonende Unterhaltungsform schätzen kann, der sollte hier in jedem Fall einen Versuch wagen: diesen dann auch möglichst nicht nur in 2D, sondern in 3D!
Zur Erläuterung der Wertungen lesen Sie bitte unseren Hinweis zum Thema Blu-ray-Disc versus DVD.