Stanley Kubricks zeitloser Antikriegsklassiker: Wege zum Ruhm
Paths of Glory * Wege zum Ruhm (1957) zählt längst zu den unbestritten erstklassigen Filmen, welche die Facetten der grausamen Realität des Krieges aufrichtig darstellen. Im Zentrum des mit knapp 85 Minuten eher knapp angelegten, außergewöhnlichen Filmdramas steht nicht der große Krieg, sondern vielmehr ein Prozess und die standrechtliche Erschießung dreier willkürlich ausgewählter Soldaten eines Regiments wegen angeblicher Feigheit vor dem Feind. Die Filmhandlung stellt die Welt des einfachen Soldaten, welcher die heutzutage kaum mehr nachvollziehbaren, barbarisch-primitiven Verhältnisse in den Schützengräben des 1. Weltkriegs ertragen musste, der des elitären Oberkommandos gegenüber. In sicherer Entfernung von der Front untergebracht leben die Herren vom Stab luxuriös versorgt in ihrer ganz eigenen, von der krassen Kriegsrealität nahezu völlig entrückten Welt. Manche der Offiziere sind bereit im Interesse ihrer Karriere auf der vorbehaltlosen Erfüllung undurchführbarer, sinnloser Befehle zu beharren und dabei die ihnen anvertrauten Soldaten rücksichtslos zu opfern. Die wahren Absichten werden nur oberflächlich mit wohlklingenden, freilich zynischen Worten bemäntelt. Mit Hilfe der übrigens auch in der deutschen Synchronisation brillant geschliffenen Dialoge wird so der Realitätsverlust, die Blindheit der Vorgesetzten schonungslos offen gelegt. Das große Sterben im ersten großen Weltenbrand des 20. Jahrhunderts wird hier zwar nur relativ kurz, allerdings eindringlich genug angedeutet.
Kubricks Film porträtiert eine unmenschliche militärische Hierarchie, in der die Entscheidungsträger ihre Macht über Leben und Tod zum eigenen Vorteil menschenverachtend einsetzen. Das nach dem Roman „Paths of Glory“ von Humphrey Cobb gestaltete Geschehen erweist sich letztlich als eine Parabel, welche sich in sehr ähnlicher Form auf nahezu alle militärisch ausgetragenen Konflikte übertragen lässt. Die Dreharbeiten erfolgten in Puchheim bei München, wo der mit nur kleinem Budget von rund 900.000 $ produzierte Streifen im September 1957 auch seine Welturaufführung erlebte.
Kubricks detailversessener aufwändiger Inszenierungsstil und die entsprechend vom deutschen Kameramann Georg Krause in markantem Schwarzweiß aufgenommenen Bilder zeichnen sich durch scharfe Gegenlichtkontraste und malerische Effekte aus. Unvergesslich ist die Schlussszene des Films, in welcher zwischen Freund und Feind eine Brücke angedeutet wird. Die einzige Frau des Films erhält hier ihren Auftritt, Susanne Christian, Stanley Kubricks spätere Frau, eine deutsche Gefangene verkörpernd. Zuerst wird sie von den Soldaten johlend verhöhnt, welche anschließend jedoch durch das von ihr verschüchtert vorgetragene Lied vom treuen Husaren zu Tränen gerührt werden.
Kirk Douglas in der Rolle des die drei Angeklagten verbissen verteidigenden, gradlinig humaner Colonel Dax liefert hier eine der eindringlichsten Darstellungen seiner an guten Filmen eh nicht armen Schauspielerkarriere ab. Stanley Kubrick, gerade 29 Jahre alt, stand damals noch am Anfang seiner Laufbahn. Es wurde seine erste Zusammenarbeit mit Douglas und für dessen unabhängige Produktionsfirma Bryna. In seiner Autobiographie erinnerte sich Douglas, der von dem in Hollywood als heiße Kartoffel gehandelten Drehbuch begeistert war, dass er beim ersten Treffen gesagt habe: „Stanley, ich glaube nicht, dass uns dieser Film jemals ein Fünf-Centstück einbringt, aber wir müssen ihn machen.“ Insbesondere in Frankreich erregte der Film extrem die Gemüter. Auch in Israel war der Film lange Zeit verboten und wurde selbst in der liberalen Schweiz erst 1970 freigegeben. Im deutschen Fernsehen war Wege zum Ruhm erstmalig am 17. März 1972 im ZDF, allerdings erst um 23:05 Uhr und damit im Nachtprogramm zu sehen.
Bild und Ton
Selbst in den frühen TV-Ausstrahlungen hat Kubricks erstes Meisterwerk immer sehr zufriedenstellend ausgesehen. Die jetzt vorliegende HD-Abtastung von praktisch makellosem Archivmaterial legt da allerdings unübersehbar drauf. Das Bild könnte zwar noch etwas kontrastreicher sein. Es ist aber insgesamt deutlich schärfer und insbesondere wesentlich feiner durchzeichnet als früher. Das generell sichtbare, aber dafür naturbelassen (ungefiltert) erscheinende Filmkorn tritt in einigen Szenen etwas prominenter hervor. Die das TV-Breitbild voll ausfüllende Präsentation dürfte übrigens korrekt sein, auch wenn der Film ohne Kaschierung, also im klassischen Akademieformat von 1 : 1,37 aufgenommen worden ist und so auch früher im Fernsehen zu sehen war. Was der perfektionistische Meister hier jedoch wirklich gewollt hat, darüber gehen die Meinungen auseinander. In den Kinos wird Wege zum Ruhm, verliehen von United Artists wohl wie auch Barry Lyndon, mit einem Seitenverhältnis von 1 : 1,75 gezeigt worden sein, was dem modernen Breitbild-Fernsehen (1 : 1,78) praktisch entspricht. Von einer Beeinträchtigung der Bildkomposition kann hier jedenfalls für mein Empfinden nicht die Rede sein. Eine sorgfältige Wahl des projizierten Bildausschnitts (Framing) vorausgesetzt dürfte auch das heutzutage besonders geläufige Kino-Breitwandformat mit 1 : 1,85 noch ohne einschneidende Probleme machbar sein – siehe dazu auch Disneys Das Dschungelbuch.
Sehr sauber, frisch und klar gibt sich auch der Mono-Ton. Das sorgt alles in allem für einen ungetrübten Filmgenuss.
Extras
Neben der soliden Filmpräsentation ist die übrige Ausstattung leider von ergreifender Schlichtheit: Es sind nämlich leider keinerlei Boni, nicht einmal ein Filmtrailer, vorhanden.
Zur Erläuterung der Wertungen lesen Sie bitte unseren Hinweis zum Thema Blu-ray-Disc versus DVD.