Kleiner Wikinger ganz groß: Jetzt auch zum Greifen nah!
Im Jahr 2009 lockte Wickie und die starken Männer im gesamten deutschsprachigen Raum immerhin knapp sechs Millionen Zuschauer ins Kino, und das steht hierzulande schon für einen Kassenknüller. Und inzwischen steht bereits die Fortsetzung, Wickie auf großer Fahrt, für den Heimgebrauch bereit. Als Ersatz für den nicht abkömmlichen Bully Herbig holte die Constantin den Jugendfilmerfahrenen Christian Ditter ins Drachenboot. Ditter hatte sich zuvor bereits durch eine dezent modernisierte filmische Adaption von Max von der Grüns Jugendbuchklassiker Vorstadtkrokodile (2009) sowie die daran frei anknüpfende Fortsetzung Vorstadtkrokodile 2 (2010) profiliert. Die bewährte Darstellergarde des ersten Films ist weitgehend wieder mit von der Partie.
Überraschenderweise hat die Fortsetzung an den Kinokassen längst nicht so gut eingeschlagen wie ihr Vorläufer. Warum? Das ist mir nicht so recht klar geworden, denn schlechter gemacht als der sogar etwas grelle, effekthascherische Bully-Verschnitt ist Wickie auf großer Fahrt keinesfalls geraten. Das vielmehr sehr kindgerechte Abenteuer-Spektakel erinnert in der Konstellation merklich an das ebenfalls in 3D produzierte Animationspektakel Drachenzähmen leicht gemacht, wo es ja im Vater-Sohn-Konflikt ebenfalls darum geht, das sich die körperlich Stärksten nun längst nicht in allen entscheidenden Lebenssituationen auch als die Tauglichsten erweisen.
Dieses Mal muss Wickies (Jonas Hämmerle) Papa Halvar (Waldemar Kobus) aus fataler Klemme befreit werden. Sitzt der Hühne mit der rotschopfigen Mähne doch bei seinem am „Kap der Angst“ hausenden Erzfeind, dem schrecklichen Sven (Günther Kaufmann), gefesselt im Kerker. Da hilft nix! Nun muss der schmächtige Wickie den Job des Ersatzhäuptlings übernehmen und die Führung der tapferen, mitunter jedoch etwas einfältigen und tumben Nordmann-Recken-Truppe aus dem Wikinger-Dorf Flake übernehmen. Und so gehts dann auch bald mit dem bereits aus dem ersten Film geläufigen Drachenboot auf große Abenteuerfahrt ins Eismeer, wo 3D prächtig zur Geltung kommt. Lustigerweise erhält Wickie im Rahmen der turbulenten Handlung Unterstützung vom etwa gleichaltrigen, mindestens vergleichbar pfiffigen Töchterlein des schrecklichen Sven. Svenja, so heißt die junge Maid, wird verkörpert von Valeria Eisenbart, womit zugleich die Frauenquote erfüllt ist.
Bei Regisseur Dittner entfallen die Bully-typischen Anspielungen und weitgehend auch der ebenfalls mehr für die Erwachsenen bestimmte typische Bully-Comedy-Klamauk des ersten Films. Die sicher recht einfache und vorhersehbare Geschichte wirkt aber dafür sehr kindgerecht und ist gerade für die kleinen Leute auch sehr spaßig geraten. Durch die meist gewitzt zum Einsatz kommende 3D-Technik wird dem Ganzen schon ein bereicherndes Quäntchen an (Raum-)Tiefe verliehen. Besonders drollig ist die Aktion geraten, wo einem der Wikinger ein schmerzender Zahn sehr unkonventionell, mit Hilfe von Schnur sowie Pfeil und Bogen rausgerupft wird. Und auch die gewohnt schrulligen, aber dabei doch meist recht liebenswerten Figuren erscheinen besonders nett in die Handlung integriert. Im Übrigen geht es mit so manch nettem Slapstick-Gag und einer merklichen Prise aus der (Young-)Indiana-Jones-Abenteuersaga zur Sache. Das Ergebnis verfehlt das Beabsichtigte nicht: Wickie auf großer Fahrt ist ein sehr unterhaltsamer Kinderfilmspaß, bei dem auch die allermeisten der Erwachsenen gern sitzenbleiben dürften. In meinen Augen taugt das für fette dreieinhalb österliche Cinemusic.de-Sterne, die damit mit einem kleinen Fingerzeig nach oben, zu vollen vier, versehen sind.
Wickie auf großer Fahrt als 3D-Blu-ray-Premium-Edition
Schon allein beim Bild kommt Wickie 2 überzeugend daher. Meist sehr gute, in Teilen gestochene Schärfe, ausgewogener Kontrast zusammen mit in der Regel sehr gutem Schwarzwert und kombiniert mit überzeugender Farbwidergabe: Das zusammen ergibt gerade in der 2D-Version ein fast durchgehend knackiges Bild mit oftmals nahezu perfekter Detailzeichnung. Auch die 3D-Fassung überzeugt mit ihren dieses Mal komplett aus deutschen Landen stammenden, durchweg tadellosen stereoskopischen Eindrücken. Ghosting ist nur in wenigen Momenten und dann auch nur sehr geringfügig feststellbar. Wobei sich auch die computergenerierten Motive überwiegend sehr harmonisch in die Realanteile der Bilder einfügen und nur in einzelnen Einstellungen ein Quäntchen an Schärfe vermissen lassen. In Teilen erreicht die sehr gute Präsentation beim Bild annähernd die Referenzklasse.
Zum feinen Bild kommt ein ziemlich satter, mit Effekten gespickter Surround-Tonmix — in 5.1 DTS-HD High Resolution — hinzu, bei dem es bei Bedarf sowohl kraftvoll als auch im Bereich der subtileren Klangeffekte mit Sorgfalt zur Sache geht. Hier wartet das Kinderabenteuerkino, auch dank der breitorchestral üppigen Musikuntermalung von Ralf Wengenmayr, mit einem beachtlichem Profi-Breitwandsound auf, der sich vor dem des Blockbusterkinos nicht verstecken muss.
Weniger überzeugend als die Filmpräsentation ist jedoch die etwas schlichte Konzeption dieser „Premium-Edition“ aus dem Hause Constantin/Highlight Entertainment, die einfach die jeweils auch einzeln erhältliche 3D-BD- mit der Standard-DVD-Ausgabe kombiniert. Die Bezeichnung „Premium“ sollte denn schon etwas Besonderem, also einer Edition vorbehalten bleiben, die durch eine speziell produzierte zweite BD mit anderweitig nicht erhältlichem, wertvollen (!) Bonusmaterial aufgewertet wird. Wer sich derzeit nicht mehr in 3D-Wartestellung befindet, also die DVD eher nicht braucht, der sollte besser zur in normaler blauer Amaray-BD-Box erhältlichen 3D-BD greifen. Dafür bietet die 3D-BD exklusiv ein recht gut gemachtes rund viertelstündiges Special zur Machart der 3D-Effekte („3D-Special Making of“), das auch deswegen gut funktioniert, weil es ebenfalls in 3D produziert worden ist. Recht ansprechend ist auch der zum Film wählbare Audiokommentar von Regisseur Dittner — der bei der Boniauflistung auf dem Schuber offenbar vergessen worden ist.
Fazit: Wickie auf großer Fahrt ist ein keineswegs billig ausschauendes Constantin-Kinderabenteuer-Spektakel, das als ansprechendes Leichtgewicht inszeniert ist. An den Pfiff des verwandten Drachenzähmen leicht gemacht reicht Wickie zwar nicht voll heran, ist aber in jedem Fall eine sehr ansprechende Unterhaltung für den Nachwuchs und auch jung gebliebene Erwachsene. Die 2D-Fassung sieht dabei schon prima aus, aber ganz besonders gelungen wirkt die mit viel Raumtiefe und einer Reihe fein integrierter Effekte aufwartende 3D-Version. Die Präsentation in Bild und Ton ist sehr gut und erreicht in Teilen fast Referenzklasse-Niveau. Die Boni der Blu-ray-Ausgabe besitzen einige vorzeigbare Segmente, vermögen es aber nicht den Betrachter zu Jubelstürmen hinzureißen. Die „Premium-Edition“ als schlichtes Combipack aus 3D-BD und DVD vermag nicht recht zu überzeugen. Dafür dürften diejenigen, die sich über festsitzende, die Optik beeinträchtigende FSK-Logos ärgern, sich vielleicht gerade mit der optisch recht ansprechend gestalteten Premium-Edition anfreunden können. Bei dieser ist selbiges nämlich ausschließlich auf einem zusätzlichen, abnehmbaren Mini-Pappschuber vertreten.
Dieser Artikel ist Teil unseres Spezialprogramms zu Ostern 2012.
Zur Erläuterung der Wertungen lesen Sie bitte unseren Hinweis zum Thema „Blu-ray-Disc versus DVD“.
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