The Film Music of William Alwyn, Vol. 3
William Alwyn in der renommierten Reihe Chandos-Movies zum Dritten! Nach dem Vol. 1 unter Richard Hickox führt Rumon Gamba nach Vol. 2 auch bei der dritten Alwyn-Kompilation den Taktstock.
Dieses Mal ist Musik aus insgesamt zehn Filmen vertreten, von denen hierzulande (zumindest offiziell) bislang nur die Hälfte überhaupt gezeigt worden ist. Der Bogen spannt sich von Alwyns Debüt im Spielfilmbereich mit Penn of Pennsylvania • Der Gouverneur von Pennsylvanien aus dem Jahr 1941 bis zur letzten Leinwandvertonung mit Der zweite Mann (1962). Penn of Pennsylvania basiert auf der Geschichte des Gründers der Quäkerkolonie Pennsylvanien, William Penn. Die rund elfminütige Suite reflektiert die Atmosphäre eines plüschigen Kostümfilms sowie zur Epoche der Filmhandlung — angesiedelt im England Charles II., also nach der Restauration — passende barocke Formen. Alwyns letzte in Teilen mit charmantem spanischem Flair durchsetzte Filmpartitur zu Der zweite Mann (1962) ereilte partiell dasselbe Schicksal, das so mancher Filmkomposition auch heutzutage zuteil wird: Die Vorspannmusik wurde nicht verwendet, sondern durch eine den Produzenten zeitgemäßer erscheinende poppig-jazzig angehauchte Komposition von Ron Grainer (The Omega Man) ersetzt.
The Magic Box (1951) ist einem unbekannt gebliebenen britischen Wegbereiter auf dem Gebiet der Foto- und Kinematografie gewidmet: William Friese-Greene. Der Streifen ist bislang allein im TV, 1996 im ZDF unter dem Titel Der wunderbare Flimmerkasten, präsentiert worden. Das Album präsentiert eine rund viertelstündige Suite, welche zu den wechselnden Stimmungen des Films sowohl intim-gefühlvolle walzerhafte als auch festliche Töne anschlägt.
The Way Ahead (1944), The True Glory (1944-45), The Cure for Love (1949) und Geordie (1955) sind auf deutschen Kinoleinwänden regulär bislang nicht zu sehen gewesen. Aus den beiden zuerst genannten Filmen wird entsprechend der zeitbezogenen Weltkrieg-II-Thematik jeweils ein heroisch-festlicher Marsch präsentiert. Aus der Komödie The Cure for Love erklingt ein charmanter Walzer, der im Film in vielfachen Varianten aufscheint. Die rund 17 Minuten aus Geordie bilden ein Highlight des Programms: Die biografische Filmstory um den aus dem schottischen Hochland stammenden Geordie McTaggart, der schließlich zum Olympia-Sieger im Hammerwurf avanciert, ist mit besonders stimmungsvoller und farbiger breitorchestraler Musik, durchsetzt mit schottischen Volksmelodien, unterlegt. Da bildet nicht allein „Hearken my Love“ einen romantisch-sinnfälligen Ohrwurm. Die marschartige „Highland Laddie“ dürfte darüber hinaus so manchem aus Frank Cordells Musik zu Khartoum geläufig sein.
Ein reizvoller Walzer mit speziell victorianischer Note steht für die Satire The Million Pound Note• Sein größter Bluff (1953). Swiss Family Robinson • Dschungel der 1000 Gefahren (1960) ist einer von insgesamt drei Disney-Filmen, die Alwyn vertonte. Der nach dem Kinderklassiker von Johann Wyss inszenierte Streifen um die abenteuerliche Robinsonade einer eidgenössischen Familie zeigt einmal mehr Alwyns geschickte Gestaltung: Seine Musik basiert auf dem speziell von Terry Gilkyson für den Film komponierten Song „My Heart Was an Island“, der in x-fachen Varianten den vielfältigen Stimmungen des Films farbigen Ausdruck verleiht: von einer dramatischen Moll-Variante des Blechs in der einleitenden Sturmsequenz bis zum ausladenden Walzer in einer der Inselszenen.
Wie das zweite, setzt auch das nun vorliegende dritte Alwyn-Album in der Auswahl der vertretenen Filmmusiken auf eher leichter gewichtige, unmittelbar zugängliche Stücke vor komplex auskomponierter Dramenvertonung. Entsprechend bekommt der Zuhörer auch dieses Mal zum Großteil effekt- und glanzvolle Filmmusiken im Rahmen eines Easy-Listening zu hören, die unüberhörbar von versierter Komponistenhand gefertigt worden sind. Als geschickt darf dabei auch die Art und Weise der Kompilation bezeichnet werden, bei der die Anordnung der ausgewählten Stücke einen sehr überzeugenden musikalischen Fluss ergibt. Im Endeffekt resultiert daraus der Eindruck eines gelungenen quasi „Filmharmonischen Konzerts“.
Insgesamt gibt es also auch zum dritten, die ersten beiden Alwyn-Chandoskompilationen überzeugend ergänzenden Album durchweg Positives zu berichten. Das betrifft auch Orchesterspiel und Aufnahmetechnik, deren Resultat sich vor dem Vorgänger der Reihe nicht zu verstecken braucht. Dem schließe ich mich auch auf der Wertungsseite an: Unterschiede zwischen den Vol. 2 und 3 sind weniger qualitativ denn geschmacklich begründbar. Im Sinne einer Albumwertung gibt’s daher volle fünf Sterne. Der Käufer erhält damit eine weitere wertvolle CD aus dem Hause Chandos mit britischer Filmmusik, deren wünschenswerter Verbreitung die Tatsache, dass die vertretenen Filme kaum bekannt sind, hoffentlich nicht allzu sehr im Wege steht.
Hier gibt es eine Übersicht der bisher besprochenen Chandos-Movies-CDs.
Dieser Artikel ist Teil unseres umfangreichen Programms zu Pfingsten 2006.
© aller Logos und Abbildungen bei den Rechteinhabern (All pictures, trademarks and logos are protected.)