Buchrezension: Stille Nacht, eilige Nacht

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
15. November 2025
Abgelegt unter:
Lesen

Wer hat den härtesten und wohl auch den gefährlichsten Jobs der Welt? In seiner jüngsten Buchpublikation, Stielle Nacht, eilige Nacht, verdeutlicht der Physiker Metin Toland dem Leser eindringlich und bestechend zugleich, dass es sich hierbei zweifellos um den Weihnachtsmann handelt. Dabei wird erstmals richtig verdeutlicht, wie außerordentlich belastend es wird, wenn einer, alle Jahre wieder, an nur einem einzigen Tag in erdumspannender Mission all die vielen Geschenke an Ort und Stelle bringen muss. Bestechend einleuchtend ist dabei bereits die Erklärung, warum man Santa Claus beim Bescheren überhaupt nicht zu Gesicht bekommen kann: Da das menschliche Auge nur etwa maximal 50 Bilder pro Sekunde aufnehmen und analysieren kann, der Weihnachtsmann aber rund 2000 Haushalte pro Sekunde abzuarbeiten hat, macht ist es logisch, dass man keine Chance hat, ihn bei der Arbeit zu beobachten!

Und wie oder was braucht es genau, um einen 100-Gramm-Schokoweihnachtsmann wieder von den Hüften zu bekommen? Eine der vielen in Frage kommenden Möglichkeiten wäre, dazu die Differenz von 50 Watt pro Sekunde zwischen Stehen und Sitzen zu nutzen. Ergebnis: Man müsste nur gut  12 Stunden, also einen halben Tag wo herumstehen und das Übergewicht ist wieder weg. Alternativ könnte man aber auch mit 4 km/pro Stunde 6 Stunden spazieren gehen. Erheblich reizvoller dürfte allerdings für viele die dritte angegebene Möglichkeit sein: nämlich durch zwei Wochen ununterbrochenes, intensives Küssen.

In derart drolligem investigativen Stil wird selbstverständlich auf exakt wissenschaftlicher Basis durchleuchtet, was sich an Heiligabend in der Atmosphäre und in den in die geschmückten Wohnstuben führenden Kaminen zum Großteil waghalsiges, ja geradezu halsbrecherisches abspielt. Metin Toland, ist von DER SPIEGEL zum womöglich coolsten Physikprofessor Deutschlands gekürt worden. Seine streng wissenschaftliche Analyse zum Risikojob Weihnachtsmann erfolgt auf der Basis der physikalischen Naturgesetze. Auch wenn dadurch dem Leser nur völlig nutzlose, aber ungemein amüsant zu lesende Erkenntnisse vermittelt werden, so ist dies doch ein echt gelungener, drolliger Spaß auf der ganzen Linie. Dass es dabei keineswegs nur kalauernd, sondern anspruchsvoll zugeht, zeigen die in den vielen Fußnoten angerissenen Berechnungen. Diese machen gewiss nicht dümmer. Man kann diese zwar weitgehend links liegen lassen, etwa um den Lesespaß nicht unnötig auszubremsen. Hierzu wünschte ich mir aber schon noch eine Art Anhang, etwa in Form eines downloadbaren PDFs, in dem die Rechnungen und einzelnen Rechenschritte detailliert für den Hausgebrauch auch weniger für Mathematik Begabter aufbereitet dargestellt und alles somit noch besser nachvollziehbar gemacht wird. Das wäre doch vielleicht mal eine nette Aufgabe für einen von Herrn Metins Studenten.

Das reizende kleine Buch passt nicht bloß bequem in jede etwas größere Tasche der Bekleidung. Es ist auch vorzüglich zum Lesen zwischendurch geeignet. Charmant augenzwinkernd vermittelt es sowohl humor- als auch anspruchsvoll etwas ganz besonderes vom Zauber der Weihnacht, freilich auf eine ganz spezielle, außergewöhnliche Art und Weise.

Ebenfalls auf Cinemusic.de vorgestellt, von Joachim Stolze und Metin Tolan:
Geschüttelt, nicht gerührt: James Bond und die Physik

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Erschienen
2025/10
Land
Deutschland
Seiten:
144 Seiten
Verlag:
Piper Verlag GmbH
Kennung:
ISBN 978-3-492-07428-5

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