Singin‘ in the Rain (Blu-ray)

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
8. Dezember 2012
Abgelegt unter:
Blu-Ray

Film

(6/6)

Bild

(5/6)

Ton

(4/6)

Extras

(3.5/6)

HD gewinnt auch im Bereich der Filmklassiker weiteres Terrain und legt mit Singin’ in the Rain • Du sollst mein Glücksstern sein (1952) jetzt eine Sternstunde des Hollywood-Musicals auf Blu-ray-Disc (BD) vor. Zum 60-jährigen Bestehen des Films und zum 100. Geburtstag seines männlichen Hauptdarstellers, Gene Kelly, hat sich Warner nicht lumpen lassen und eine 4K-Neuabtastung (inklusive digitaler Restauration) des zuvor sorgfältig gereinigten Filmmaterials vorgenommen.

Eine besondere Stärke des Films sind, neben der überaus geschickt integrierten, humorvollen und selbstironischen Story, in besonderem Maße die zu perfekten Choreografien geradezu in Serie erklingenden, sämtlich hochkarätigen Songs. Dafür zeichnen Arthur Freed (1894-1973) und Nacio Herb Brown (1896-1964) verantwortlich. Arthur Freed begann seine Karriere als Pianist, Komponist und Songtexter. Er arbeitete unter anderem für die Marx-Brothers und trat auch in Nachtclubs auf. In den späten 20er Jahren kam er zu MGM, wo er zuerst als Angestellter für hunderte von Songs die Texte lieferte, die meist Nacio Herb Brown vertonte. Darunter ist auch der heutzutage legendäre Song „Singin’ in the Rain“. Dieser entstand übrigens bereits für The Hollywood Revue of 1929, musste auf seine Karriere als Evergreen aber noch geraume Zeit warten.

Nachdem Freed bereits bei The Wizard of Oz • Der Zauberer von Oz (1939) als Co-Produzent mitgewirkt hatte (ohne in den Filmcredits genannt zu werden) erhielt er bei MGM seine eigene Abteilung. Damit wurde die Spitzenposition von MGM in Sachen Film-Musicals besiegelt. Freed holte weitere Talente ins Studio, darunter Adolph Green, Vincente Minnelli, Betty Comden, June Allyson und nicht zu vergessen Fred Astaire. Das MGM-Musik-Department erhielt zudem frisches Blut durch versierte Orchestratoren bzw. Komponisten wie Conrad Salinger und John Green. Green leitete späterhin übrigens das Musik-Department, in den Jahren von 1949-1959 — siehe dazu [url id=2937]Raintree County[/url](1956). Auch Stars wie Gene Kelly, Frank Sinatra, Lena Horne, Jane Powell, Cyd Charisse, Esther Williams, Kathryn Grayson, Howard Keel und Ann Miller haben, neben vielen anderen, der Ära Freed viel zu verdanken.

Freed und sein Team versorgten das an Musicals interessierte Publikum bis Ende der 1950er Jahre mit einer fortlaufenden Reihe von guten bis außergewöhnlichen Produktionen. Dass er seinen Mitarbeitern, Regisseuren und Choreografen im damaligen Studioalltag völlig ungewöhnliche Freiräume in der Gestaltung ließ und auch Experimente gestattete, sorgte für frischen Wind. Dieser ist verantwortlich dafür, dass so manche der MGM-Musicals dieser goldenen Ära auch heutzutage noch erstaunlich frisch, ja in Teilen fast modern wirken und/oder zumindest nur eine leichte, charmante Patina angesetzt haben.

Das Drehbuch zu Singin’ in the Rain entstand in Zusammenarbeit von Gene Kelly und Stanley Donen mit dem mehr als 60 Jahre unzertrennlichen Duo Betty Comden (Songschreiberin, Drehbuchautorin und Schauspielerin) und Adolph Green (Songschreiber, Drehbuchautor und Schauspieler). Der Song „Moses Supposes“ stammt übrigens ebenfalls von Comden und Green. Sämtliche übrigen Lieder wurden wie auch der den titelgebende (s. o.) aus Musicals der frühen Tonfilmära recycelt. Von Comden und Green stammt auch die Idee, die Filmstory in die Umbruchphase vom Stumm- zum Tonfilm zu legen. Daraus resultierte zugleich ein ironischer wie satirischer Blick hinter die Kulissen Hollywoods. Wie elegant hier intelligentes Drehbuch, mit versierter Hand ausgewählte Songs und einfallsreiche Choreografien Hand in Hand gehen, ist auf diese brillante Art wohl kaum ein weiteres Mal derart überzeugend gelungen. Neben dem charmanten, in der Blüte seiner Jahre stehenden Gene Kelly verkörperte die damals erst 19-jährige Debbie Reynolds ihre erste Hauptrolle als Kellys ebenso charmanter weiblicher Widerpart. Zusammen mit dem als komische Figur agierenden Donald O’Connor bilden sie das eine hinreißende Performance liefernde Hauptdarsteller-Trio. Und Gene Kellys unvergesslicher Tanz im strömenden Regen ist zusammen mit dem heutzutage berühmten Song ein Klassiker geworden, der in seiner handwerklichen Perfektion (sintflutartiger Studio-Regen, Bauten und Ausleuchtung) zugleich die Brillanz und Leistungsfähigkeit des klassischen Studiosystems belegt.

Es bleibt noch anzumerken, dass Singin’ in the Rain längst nicht von Anfang an derart hochgeschätzt worden ist, wie man annehmen könnte. Im Uraufführungsjahr erhielt der Film zwar gute Kritiken und lieferte auch ein gutes Einspielergebnis, das allerdings deutlich hinter Kellys zuvor inszeniertem Filmmusical Ein Amerikaner in Paris (1951) zurückblieb. Von den Oscars blieb der Streifen, aus heutiger Sicht kaum verständlich, völlig ausgenommen. Erst in den 1960er Jahren, als die Ära der Filmmusicals langsam zu Ende ging, begann das Ansehen des Films langsam, aber unaufhaltsam zu steigen. Regisseur Jacques Demy schuf seine eindeutige Hommage mit Les Parapluies de Cherbourg • Die Regenschirme von Cherbourg (1964, Musik: Michel Legrand). MGMs erste Hommage an die Goldene Ära der hauseigenen Musicals, That’s Entertainment! aus dem Jahr 1974, begründete in den Folgejahren zusammen mit der sich langsam etablierenden Home-Video-Technik und dem damit verbundenen Videokassetten-Verleihgeschäft den kometenhaften Aufstieg von Singin’ in the Rain zu dem Filmklassiker, als der er seitdem fest im Bewusstsein verankert ist.

Singin’ in the Rain erstmalig im Glanz von HD

Bereits in der bis etwa Mitte der 1990er reichenden Laser-Disc-Ära erlebte das berühmte Musical eine hochwertige Präsentation auf dem gewichtigen und im relativ sperrigeren LP-Format agierenden ersten silbernen Bilddatenträger, der Bildplatte. Nach der früheren DVD-Ausgabe ist es jetzt zeitgemäß erstmalig im HD-Format auf der erheblich handlicheren und auch technisch überlegenen Blu-ray-Disc angekommen.

Hervorstechend ist die Reinheit der jetzt besonders viele Details offerierenden Bilder. Zum Beispiel führten zuvor mechanische Beschädigungen infolge des an den betreffenden Stellen schichtweise abgetragenen „Dreifarben-Technicolordruck“ zu farbigen Blitzen. Derartige Bildschäden, Laufstreifen, Kratzer sowie Reste von Verschmutzungen wurden durch digitale Retusche sauber entfernt. Hierzu lohnt es, mit der als Bonus vertretenen Dokumentation „Inspiration für eine neue Generation“ zu vergleichen. In dieser stammen die verwendeten Filmausschnitte nämlich offenbar aus verschiedenen Quellen, sind von deutlich schwankender Qualität. Die besten Teile davon sind im Schärfegrad und der Farbgüte der Filmpräsentation zwar bereits recht ähnlich, aber das Bild ist häufig mit gut erkennbaren kleineren Bildfehlern versehen.

Die Filmpräsentation zeigt sehr typische, in den Fleischtönen besonders natürlich wirkende, im Übrigen mit dezentem Gemälde-Touch versehene Technicolorfarben, die sich in einigen der temperamentvollen, mit Gusto und Verve absolvierten Tanzeinlagen auch mal zu wohlorganisierter satter Buntheit aufschwingen. Auch der solide Kontrast und der saubere Schwarzwert vermögen zu überzeugen. Die Schärfe ist ebenfalls sehr respektabel, aber sie erreicht nicht annähernd Spitzenwerte, wie etwa im jüngst als Diamond-Edition erschienenen, praktisch gleichaltrigen Cinderella aus dem Hause Walt Disney.

Beim Ton gibt es zwischen dem englischen Original und der deutschen Synchronfassung gewichtige Differenzen. Die Originalfassung ist nicht nur durch sorgfältige Aufbereitung des zur Verfügung stehenden Audiomaterials klanglich am besten. Diese allein besitzt auch den unverwechselbaren Charme der Originalstimmen in den Songnummern. Der in den 1960er Jahren bekannte TV-Darsteller der Krimi-Serie Der Kommissar, Erik Ode, hat in besonderem Maße die deutsche Synchronfassung betreut. Ode verfasste nicht nur das Dialogbuch und übernahm die Synchronregie, er lieh Gene Kelly auch seine Stimme. Das Resultat kann sich sowohl inhaltlich wie auch vom stimmlichen Ausdruck der Sprecher durchaus sehen lassen. Die Übersetzungen werden, von einzelnen Ausnahmen abgesehen (z. B. der gewöhnungsbedürftigen Übertragung des Titelsongs „Singin’ in the Rain“ als „Ich bin heut’ ganz verdreht“), dem Sinn der Originale durchaus gerecht. Die — wie seinerzeit noch üblich — von den Synchronsprechern ebenfalls übernommenen, ins Deutsche übertragenen Liedeinlagen sind auch dank des sehr ambitionierten Vortrages für sich genommen durchaus beachtlich geraten. Aber abgesehen davon, dass man der etwas rauh klingenden deutschen Tonfassung die rund 60 Lenze auf dem Buckel deutlich anmerkt, hat sich auch der Zeitgeschmack seitdem stark gewandelt, so dass die allermeisten Interessenten wohl (zumindest auf Dauer) der Originalfassung den Vorzug geben dürften. (In der Ausstrahlung im deutschen Fernsehen wurden übrigens die englischen Originalsongs in die deutsche Fassung eingefügt. Wäre diese Tonspur noch zusätzlich auf der BD vertreten, wäre dies natürlich eine optimale Lösung gewesen.)

In der als Bonus enthaltenen, knapp 40-minütigen 2007er HD-Dokumentation „Inspiration für eine neue Generation“, lassen sich Nachwuchstänzer, geläufig etwa aus American Idol oder High School Musical, anerkennend über den Film aus. Als Zugabe zu einem informativen Making-of wäre das eine recht nette Sache, aber so wie hier, als Einzelstück, bleibt der Eindruck denn doch etwas blass. Als noch vor Einführung der Breitwandverfahren entstandener Film sollte auch Singin’ in the Rain, der auf den modernen 16:9-TV-Geräten mit schwarzen Balken am rechten und linken Bildrand erscheint, in seinem originalen Format (1 : 1.37) belassen und nicht (!) formatfüllend aufgeblasen werden. Wie stark ansonsten die Bildkomposition durch den Beschnitt beeinträchtigt wird, das kann man auch bei einigen der Ausschnitte der genannten Boni-Dokumentation ausmachen.

Warner hält neben der zur Verfügung gestellten Einzel-Disc-Ausgabe noch eine „Blu-ray Collector’s Edition“ bereit. Dieses wesentlich aufwändiger gestaltete Set enthält die BD der Einzel-Disc-Version, einen handlichen kleinen Bildband zur Entstehungsgeschichte des Films sowie die mit umfangreichen Boni ausgestattete Zusatz-DVD der früheren DVD-Veröffentlichung.

Fazit: Ein weiterer Kinoklassiker ist in der HD-Ära angekommen: Das superbe MGM-Musical Singin’ in the Rain. An der für sich genommen zwar hochwertigen, aber durch die eingedeutschten Songeinlagen heutzutage etwas anachronistisch erscheinenden deutschen Synchronfassung werden sich die Geister scheiden. Aber der anlässlich des 60-jährigen Filmjubiläums und des 100. Geburtstags von Gene Kelly auf den Markt gebrachte 4K-HD-Transfer (inklusive sorgfältig ausgeführter digitaler Retusche) dürfte alle Wogen glätten. Nie zuvor hat Singin’ in the Rain derart gut ausgesehen.

Zur Erläuterung der Wertungen lesen Sie bitte unseren Hinweis zum Thema „Blu-ray-Disc versus DVD“.

Dieser Artikel ist Teil unseres Spezialprogramms zum Jahresausklang 2012.

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Erschienen:
2012
Vertrieb:
Warner Home Entertainment
Kennung:
1000307416
Zusatzinformationen:
USA 1952

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