Vor nunmehr fünfzig Jahren erblickte das bezaubernde märchenhafte Musical um die gute Fee Mary Poppins, die als Nanny im Haushalt einer etwas arg biederen Londoner Bankiers-Familie für im wahrsten Wortsinn „frischen Wind“ sorgt, das Licht der Kinoleinwände. Neben insbesondere Julie Andrews in ihrer ersten Filmrolle, begeistert nach wie vor die liebevolle Machart des Films. Selbiger besitzt zwar einen weder großartig dramatischen noch komplexen Plot, aber gerade das „wie“ hier alles in Szene gesetzt ist, macht den entscheidenden Unterschied, welcher für den immer noch ungebrochenen Zauber dieses reizenden Leinwandmärchenmusicals verantwortlich ist.
Zum visuellen Reiz kommen aber noch die so stimmungsvollen, unmittelbar ins Ohr gehenden Lieder der Sherman-Brüder (Richard M. und Robert B.) hinzu, die hierfür ihr Bestes gegeben haben. Dank der sorgfältigen Synchronisation funktionieren die Lieder auch im Deutschen praktisch genauso gut wie im englischen Original. Diese nach wie vor sehr ansprechenden Songs werden durch die vergleichbar kompetent ausgeführte sinfonische Hintergrunduntermalung optimal ergänzt, in welcher wiederum die Songthemen sehr geschickt eingebunden sind.
Mit für seine Zeit beträchtlichem tricktechnischen Aufwand entstand das als Schauplatz benötigte London von 1910 ausschließlich in den Disney-Studios. Natürlich ging man seinerzeit noch mit rein klassischen Techniken, freilich auf dem Top-Niveau der Zeit, zu Werke. Neben einer Vielzahl von Matte-Paintings (Glasmalereien) für die Hintergründe sind in diversen Szenen auch Real- und Zeichentrickfilm miteinander kombiniert. Keine Frage: Die Tricks, im Uraufführungsjahr ein Knüller und daher mit dem Oscar ausgezeichnet, können ihr Alter nicht verbergen. Aber vielleicht ist es inzwischen ja gerade diese unübersehbare Patina des von vornherein bewusst künstlich erscheinenden und heutzutage zudem leicht altertümlich wirkenden Looks, welche das Märchenhafte der Handlung so überzeugend unterstreicht? Wie auch immer: Mary Poppins zählt immer noch zu den in besonderem Maße zeitlosen Filmen aus den Disney-Studios.
Mary Poppins von Blu-ray in HD
Die HD-Präsentation zum 50. Jubiläum sieht insgesamt sehr überzeugend aus. Zwar wirken, wie vordem von DVD, auch in der HD-Version die Farben mitunter etwas stumpf, könnten hier und da etwas satter und leuchtender sein, und auch die Hauttöne erscheinen verschiedentlich ein wenig bräunlich. Diese wohl bereits im Negativ implantierten, dezenten Schwächen werden aber durch die überwiegend gute bis sehr gute Schärfe und Detailzeichnung weitgehend überspielt. Nur einzelne Szenen, in denen besonders viel getrickst worden ist – etwa im drolligen Ballett der Schornsteinfeger –, sehen erheblich softer und weniger detailliert aus. Im Schnitt wirkt das zwar unübersehbare, aber überwiegend recht dezente Filmkorn sehr natürlich. Einzelne Szenen, etwa die Eröffnung, sind dagegen deutlich stärker verrauscht als der Rest. Hier und da erkennt man auch mal ein durch Blue-Screen-Technik verursachtes dezentes Schimmern an den Konturen oder bemerkt in Teilen des Bildes auch mal eine leichte Unruhe (Flackern). Derartige, nicht gravierende Einschränkungen sind darauf zurückzuführen, dass bei Trickszenen, die vor der CGI-Ära, also ohne Computer, entstanden, die einzelnen Bildelemente noch rein mechanisch zusammengeführt wurden. Somit dürfte Mary Poppins selbst im Uraufführungsjahr kaum besser ausgesehen haben.
Als ebenfalls sehr fit präsentiert sich der saubere 5.1-Surround-Ton, obwohl er eher frontlastig ist und insgesamt nicht über die dynamische Power heutiger Abmischungen verfügt. Insbesondere die Musikeinlagen klingen dafür recht frisch und voluminös. Nur in einzelnen Momenten gibt’s dann auch mal etwas für den Effekt zu tun: etwa, wenn im Schornsteinfegerballett „Schritt und Tritt“, die Feuerwerksraketen auch akustisch durch das Heimkino zu fliegen scheinen.
Die Bonikollektion ist ebenfalls sehr gut geraten. Enthalten sind nämlich sämtliche der sehr informativen „Klassische(n) DVD Extras“. Im Zentrum stehen dabei die beiden jeweils rund fünfzig Minuten umfassenden Doku-Segmente „Supercalifragilisticexpialigetisch: Das Making-of“ und „Vom Papier auf die Bühne“, wobei sich Letzteres eingehend mit der den Ausgangspunkt für den Film bildenden Broadway-Musical-Version befasst.
Darüber hinaus gibt’s auch noch zwei neu produzierte Boni in HD. „Mary-Oke“ ist eine Montage von vier der zentralen Ohrwürmer des Films zum Mitsingen für Karaoke-Freunde. „So wird man Mr. Sherman“ hingegen ist eine eindeutige Werbung für den seit dem 6. März auch bei uns angelaufenen Disney-Spielfilm Saving Mr. Banks, welcher die langwierige und mühevolle Entstehungsgeschichte der Musicalverfilmung zum Thema hat. In John Lee Hancocks Film verkörpert Tom Hanks Walt Disney und Emma Thompson die Buchautorin und Mary-Poppins-Schöpferin P. L. Travers. In der Trailer-Sektion gibt’s dazu dann auch noch den Kinotrailer zu sehen.
Fazit: Auch mittlerweile 50 Jahre nach dem Kinostart hat Disneys Mary Poppins kaum etwas von ihrem warmherzigen Charme verloren. Der Film profitiert zwischenzeitlich zusätzlich noch von seinem auf klassischer Tricktechnik beruhenden, betont künstlich erscheinenden Look, dessen unübersehbare, aber hübsche Patina alles zusätzlich märchenhaft entrückt wirken lässt. Auch in optimalen Kinopräsentationen hat diese Leinwandproduktion keinesfalls jemals besser ausgesehen oder geklungen als jetzt in HD in der Jubiläumsedition von Blu-ray. Das ist doch einfach supercalifragilisticexpialigetisch, oder?
Zur Erläuterung der Wertungen lesen Sie bitte unseren Hinweis zum Thema Blu-ray-Disc versus DVD.