Kommentar zu Ennio Morricone – The Maestro
Ennio Morricone (1928–2020) hat für Giuseppe Tornatore, mit dem er seit Cinema Paradiso zusammen gearbeitet hat, immerhin 13 Filme vertont. Ennio war damit aber nicht bloß sein Hauskomponist, Guiseppe war ihm zugleich ein echter Freund, wie der vorliegende Dokumentarfilm ansprechend verdeutlicht. In seinem ambitioniert und liebevoll inszenierten Porträt setzt Tornatore dem wohl schillerndsten Vertreter der europäischen (Film-)Komponistengarde des Silver Age ein würdiges Denkmal. Dabei ist der Werdegang des Ennio Morricone insgesamt recht unspektakulär und kaum als filmreif zu bezeichnen. Aus eher ärmlichen Verhältnissen stammend sollte der Junge in die Fußstapfen seines Vaters treten und wie dieser Trompeter werden. Aber neben dem Studium der Trompete konnte er dank glücklicher Umstände auch ein Musikstudium in der Meisterklasse seines späteren Mentors Goffredo Petrassi absolvieren und 1954 abschließen. Die dadurch gewonnenen breitgefächerten musikalischen Kenntnisse bildeten die entscheidende Basis für seine erfolgreiche Komponistenkarriere.
Einen zentralen Punkt in Ennio Morricone – The Maestro bildet ein längeres Interview, das Tornatore noch mit dem im Juli 2020 Verstorbenen aufzeichnen konnte. Sein Porträt zeichnet das Bild einer hochbegabten, sich über ihr Können jedoch eher im Unklaren befindlichen, zudem insgesamt wohl eher scheuen Künstlerpersönlichkeit, die lange Zeit unter der geringschätzigen, abwertenden Haltung gegenüber dem Komponieren für den Film gelitten hat, nicht zuletzt durch seinen Lehrer Goffredo Petrassi. Das ging offenbar soweit, dass er sich zeitweilig gar als Verräter gegenüber den anderen, den Puristen der seriösen Musik empfand, wie Morricone dazu bemerkt. Entsprechend arbeitete er in seinen frühen Jahren auch unter Pseudonymen. Sein Aufstieg begann mit Sergio Leones ersten beiden Dollar-Western und war endgültig mit Spiel mir das Lied vom Tod (1969) vollzogen, eines der am besten verkauften LP-Alben des Komponisten.
Die kompositorischen Finessen in Ennio Morricones Tonschöpfungen werden im zentralen Teil des Dokumentarfilms geschickt und eindringlich zugleich veranschaulicht. Sein überaus breit gestreutes Wissen um die Klassik einschließlich der Neuen Musik und auch seine vielseitige Tätigkeit bei der staatlichen Rundfunkanstalt Radiotelevisione Italiana (RAI) in den späten 1950er Jahren als Arrangeur, Bandleader und Orchesterdirigent für Pop- und Unterhaltungsmusik flossen dabei entscheidend stilbildend mit ein. Zweifellos ebenfalls sehr bedeutend für die für ihre Zeit außergewöhnlichen, zum Teil geräuschhaften Klänge und deren Kombinationen war aber auch seine Mitwirkung im avantgardistischen Ensemble für improvisierte Musik: „Gruppo di Improvvisazione Nuova Consonanza“. So geht beispielsweise im 1960er Popsong „Il Barattolo“, komponiert von Gianni Meccia, das geschickt eingefügte rhythmische Dosengeklapper auf das Konto des hier als Arrangeur tätigen Morricone. Dies gilt entsprechend für das für die Sängerin Mina komponierte Hitparaden-Lied „Se telefonando“ (1966), dessen Thema übrigens auf nur drei Tönen beruht, die aus dem Klang einer Marseiller Polizeisirene stammen. Darüber hinaus verfügt dieser Song über acht Wechsel der Tonart, was im Refrain Spannung aufzubauen hilft.
Entsprechend hat Morricone die sich seit Mitte der 1950er Jahre, nicht bloß in der europäischen Filmmusik, in zunehmendem Maße Bahn brechenden Popeinflüsse auch noch durch zusätzlich eingearbeitete Raffinesse enorm kultiviert und weiter verfeinert: „Ich bestehe aus all der alten Musik, die ich studiert habe“ merkt Morricone dazu an. Dabei bildet das Neben- Mit- und Ineinander- Verweben diverser musikalischer Formen und Stile, nicht zuletzt des Barock, ein weiteres der unverwechselbaren Markenzeichen seiner Musik. Dieses ist zugleich Beleg dafür, welchen außerordentlichen Wert eine umfassende musikalische Ausbildung für jeden aus der Masse herausragenden Filmkomponisten hat.
Als Arrangeur seiner Filmmusiken verwendet der Maestro neben den zu erwartenden Einsätzen der Trompete häufiger ebenfalls Unerwartetes, etwa die so unvergesslich gepresst und schräg erklingende Mundharmonika (Spiel mir das Lied vom Tod), pfiffig stilisierte Rülpsgeräusche (Todesmelodie), Kojotengehäul (Zwei Glorreiche Halunken), Peitschenknallen (Für eine handvoll Dollar) vielschichtige Orgelklänge (Mercenario – Der Gefürchtete) oder auch die Maultrommel (Für ein paar Dollar mehr). Bemerkenswert sind zudem die in mehreren seiner Westernmusiken vor den finalen Duellen eingeschobenen, opulenten Orchestereinlagen, die insbesondere in ihrer Funktionalität an italienische Opern-Intermezzi erinnern. Die insbesondere in betont atmosphärischen sowie Gefahrenmomenten zum Tragen kommenden avantgardistisch und dabei mitunter auch betont geräuschhaft geprägten Einschübe, die auch Improvisiertes (Aleatorik) mit einschließen, liefern zum Romantiker Morricone einen starken, eckigen und kantigen Kontrast.
Wie raffiniert und pfiffig diese Stil- und Klangmixturen in ihren guten und besten Momenten sind, führt der Dokumentarfilm in seinem Hauptteil anhand vieler treffend gewählter Beispiele eindrucksvoll vor, indem Filmausschnitte unterlegt mit der zugehörigen Musik präsentiert werden. Dabei findet sich verschiedentlich auch so außergewöhnlich wie elegant gehandhabte Kontrapunktik in Kombination mit pfiffiger Strukturierung. Eine seiner besonders brillianten Filmkompositionen bildet das Hauptthema zu Henri Verneuils Gangsterballade Der Clan der Sizilianer (1969). Wie hier das Bach’sche Präludium und Fuge in a-Moll (BWV 543) zugrunde gelegt ist und gewissermaßen die Basis für das viernotige Hauptmotiv bildet, das als Gitarrenriff fortlaufend auftaucht und mit einer süffigen sizilianischen Melodie kontrapunktisch kontrastiert ist, das ist nicht bloß meisterlich gesetzt, es besitzt einige Ohrwurmqualitäten.
Aber auch schrullig anmutende Ausflüge in den vielfach eher banal anmutenden italienischen Pop der 1960er und entsprechende Loungemusik finden sich in Morricones Oeuvre (Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe). (Wer sich eingehender mit den mitunter auch etwas skurrilen Aspekten in Morricones Klängen beschäftigen möchte, der sollte in die 2021 erschienene Decca-Kompilation „Morricone Segreto“ hineinschnuppern.)
Bei Für eine handvoll Dollar (1964) hatte sich Sergio Leone in Dimitri Tiomkins für Rio Bravo (1958) komponiertes mexikanisches Trompetenthema, „Deguello“, geradezu vernarrt und damit den Rohschnitt unterlegen lassen. Um stattdessen doch eine eigene musikalische Lösung im Film unterzubringen, ließ sich Morricone etwas einfallen. Er komponierte ein eigenes Trompetenthema, welches er mit Verzierungen ausstattete, die denen des „Deguello“ entsprachen. Diese augenzwinkernde dezente Imitation zeigt zugleich, wie geschickt der Komponist es eben auch Verstand mit seinen Regisseuren umzugehen. (Hier dürfte übrigens auch ein wichtiges Vorbild für den seinerzeit in die Charts gelangten Nino-Rosso-Trompetenhit, „Il Silenzio“, aus dem Folgejahr liegen.)
Ebenfalls ungemein prägend und zugleich ein Glücksfall für seine Karriere war die aus vier endlos wiederholten schlichten Textzeilen bestehende Ballade, die von Joan Baez (*1941) so unverwechselbar für Sacco und Vanzetti (1971) interpretiert worden ist, den Film von Giuliano Montaldo über die 1927 in den USA hingerichteten Anarchisten Nicola Sacco und Bartolomeo Vanzetti. Baez ist ja nicht nur als ungemein markante Folk-Sängerin geläufig, sondern gilt bis heute auch als „Stimme und Gewissen ihrer Generation“. Eine derartige Ikone der US-amerikanischen Protestszene der 1960er Jahre und zugleich eine mit ihrer so charakteristischen Sopranstimme ausdruckstarke Sängerin war natürlich auch hilfreich dabei, das Interesse an einem aufstrebenden, hochbegabten europäischen Komponisten international beflügeln zu helfen.
Und als Referenz an die häufiger unüberhörbaren Popanklänge in Morricones Filmmusiken spielt seit 1983 die US-amerikanische Metal-Band Metallica bei jedem Konzert zum Auftakt eine speziell arrangierte Version von „The Ecstasy of Gold“ aus Zwei glorreiche Halunken. Davon gibt’s übrigens auch eine „Symphonic Version“ aus dem Jahr 2019, wo Metallica zusammen mit dem San Francisco Symphony Orchestra auftrat. Auch wenn ich die Hard-Rock-Varianten als schmissiger empfinde, ist dies zugleich ein weiterer Beleg dafür, wie fließend die Übergänge zwischen Popmusik und Sinfonik gestaltet werden können, was wiederum mit dabei geholfen hat, Morricones Popularität weiter zu steigern. Und darin liegt sicher auch das begründet, was ihn zur modernen Filmmusik-Ikone des ausgehenden 20. und frühen 21. Jahrhunderts hat werden lassen. Nicht zu vergessen ist in diesem Zusammenhang auch John Zorns LP-Album aus dem Jahr 1986 „The Big Gundown“. Dieses ist bestückt mit provokanten Cover-Versionen des im experimentellen Jazz beheimateten amerikanischen Komponisten und Multiinstrumentalisten von Morricones Musik zu Sergio Sollimas gleichnamigem Western aus dem Jahr 1966.
Wie offenbar fast unausweichlich bei derartigen Huldigungen wird auch in Ennio Morricone – The Maestro durch punktuell eingestreute Quäntchen von Pathos und Weihrauch der Mythos gepflegt, nicht zuletzt wenn Roland Joffés The Mission (1986) recht breit thematisiert wird. Den anscheinend (die Angaben schwanken) knapp 500 Filmmusiken, die Morricone zugeschrieben werden, wenn auch nur indirekt und dezent zu attestieren, dass es sich dabei durchweg um hochkarätige Vertonungen handele, erscheint schon etwas arg übertrieben. Dasselbe gilt wenn es einmal heißt, dass er die Filmmusik überhaupt erst erfunden habe. Mit „er schrieb die Musik so schnell als würde er einen Brief schreiben“ wird zudem suggeriert, das Morricone alles, inklusive der Einspielungen, ausschließlich komplett selbst gemacht habe, also ohne, wie es ja nicht nur in Hollywood aus Zeitgründen gang und gäbe war, etwa von Orchestratoren und weiteren Helfern unterstützt worden zu sein. Die Bemerkung des Maestros, er habe in einem Jahr 18 Filme vertont, wirft zumindest die Frage auf, um wieviel Musik es sich dabei denn insgesamt gehandelt hat, wohl kaum um jeweils 40 oder gar 60 Minuten pro Film. Das dürfte nämlich selbst einen zweifellos Fleißigen wie den Italiener wohl doch überfordert haben. Derartiges haben nämlich selbst die Klassiker des so genannten Golden Age definitiv nicht fertig gebracht: Max Steiner (rund 275 Filmvertonungen), Victor Young (rund 350), Franz Waxman (ca. 150), Dimitri Tiomkin (ca. 110), Miklós Rózsa (ca. 100), Bernard Herrmann – der definitiv nahezu alles selbst gemacht hat – („nur“ ca. 50) oder Alfred Newman (rund 200). Aber damit nicht genug kommen zum umfangreichen Katalog der Filmvertonungen bei Morricone ja auch noch über 100 Konzertkompositionen und unzählige Poparrangements aus seiner Frühphase hinzu.
Auch Pressestimmen sind beim Hypen des Morricone-Mythos mitunter etwas arg überschwänglich mit von der Partie. So wird z.B. festgestellt, dass vor ihm die Musik im Film nur Begleitung gewesen wäre, seitdem sei Filmmusik Komposition, oder er habe die Filmmusik nicht bloß revolutioniert, beim in Teilen ausgeprägt Modernistischen handele es sich gar um weltstürzende Innovation. Auch wird angemerkt, dass keiner die Komposition für den Film derart von den Ketten der Tradition befreit habe. Bei aller absolut gerechtfertigten Anerkennung für dessen Lebenswerk führen derartig blumige, allzu superlativistisch geprägte Aussagen eher komplett in die Irre denn zur Wahrheit.
Schließlich gilt (und das nicht nur) in der Musik doch erst einmal, das Neuartiges keinesfalls zwangsläufig besser ist als traditionell Gehaltenes, was allein deswegen auch um keinen Deut weniger interessant sein muss. Entsprechend dürften nicht bloß die Komponisten des Golden Age sondern auch seine ebenfalls sehr verdienstvollen Landsleute, etwa Nino Rota, Angelo Lavagnino oder Alessandro Cicognini nicht nur die These, sie hätten quasi in Ketten gelegt komponieren müssen, wohl nicht bloß arg verwundert zur Kenntnis genommen, sondern sogar entschieden abgelehnt haben. Bernard Herrmann, einer der ganz großen Neuerer im Umgang mit ungewohnten orchestralen Klangfarben, etwa im Ausdruck komplexer, auch abgründiger Emotionen seiner Filmprotagonisten und ebenso bekannt für gelegentliche Ruppigkeit im persönlichen Umgang, wäre dazu mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit laut geworden.
Dass Morricone (angeblich) keine Melodien mochte, hat er nicht bloß zu Lebzeiten verbreitet, es klingt auch kurz in der Doku an. Dabei bleibt dann allerdings im Geheimen, wieso er sich dann offenbar doch so unüberhörbar eindeutig dazu entschlossen hat dem Rat seiner Mutter zu folgen: „…Du musst schöne Melodien schreiben, wenn du berühmt werden willst.“ Dabei drängt sich dann unmittelbar die Frage auf, was Morricones Musik ohne die darin in Fülle zu findende ungemein prägende Melodik überhaupt wäre. Entscheidend für die Masse der Morricone-Fans ist wohl kaum das in Teilen seiner Kompositionen enthaltene, mehr oder weniger kompromisslose Neutönertum, sondern vielmehr das in großer Menge anzutreffende unmittelbar Eingängige. Die große Popularität Morricones beruht damit letztlich eindeutig darauf, dass er eine ausgeprägte Begabung für eingängige melodische Themen besaß, häufig mit ausgesprochenem Potential zum Ohrwurm und damit Hitcharakter. Es sind ja gerade diese zum Teil unvergesslichen Melodien, welche die Fans und Besucher der Morricone-Konzerte im Gedächtnis haben und etwas grob vereinfacht auf das Gesamtwerk übertragen. Das verbindet ihn zugleich mit John Williams oder dem ihm sowohl im souveränen Hantieren mit beliebigen tradierten Stilen als auch im Experimentellen in ganz besonderem Maße mindestens ebenbürtigen Jerry Goldsmith (1929–2004). Dass die Fans in den zahlreichen vom Maestro selbst dirigierten Konzerten die dargebotenen Piecen allerdings praktisch immer merklich anders arrangiert zu hören bekommen haben als im jeweiligen Film, nämlich durchweg verpackt in einen üppig-süffigen Breitwandsound, sei der Vollständigkeit halber angemerkt.
Dazu ein Beispiel: So faszinierend die geradezu ikonische Eröffnungsszene von Spiel mir das Lied vom Tod auch heutzutage wirkt, die ihr unterlegte, rein geräuschhafte Musikuntermalung (Musique concrète) ergibt nur im Zusammenhang mit den Filmbildern einen Sinn. Davon gelöst möchte diese wohl kaum einer im Konzertsaal geboten bekommen, was auch für diverse der immer wieder in Morricones Filmkompositionen auftauchenden, ausgeprägt avantgardistisch angelegten Passagen gilt. Im Rahmen eines üblichen Fan-Konzertabends kann man Derartiges eher mit Alibi-Funktion einbinden, d.h. in geraffter Form kurzzeitig streifen, aber kaum mehr.
Und wie etwa Sergio Leone u.a. in den drei Dollar-Western und Spiel mir das Lied vom Tod teilweise Neuland betrat, so sind diese Filme der 1960er auf ihre so spezielle, mitunter geradezu comichafte Art der Inszenierung vergleichbar märchenhaft stilisiert und auch klischiert wie etwa die Western John Fords aus den beiden Dekaden davor. Nicht ohne Grund hat Leone zudem eine Reihe der aus den Ford-Western so unverwechselbaren Ansichten des Monument Valley aufnehmen lassen und in seinen Film einmontiert. Bei den Szenen vom Eisenbahnbau hat er dazu unübersehbar King Vidors Duell in der Sonne (1946) in einer Szene geradezu 1:1 zitiert. Entsprechend werden aber auch bei Morricone neben dem pfiffig-Neuartigen immer wieder auch Vorbilder spürbar, etwa in den gestopft erklingenden, das Anrücken einer Armee signalisierenden, Militärsignalen im Main Title von Zwei glorreiche Halunken. Vieles seiner so beliebten wohlklingend-süffigen Orchestersounds geht auf das Konto der Light Music und den daraus hervorgegangenen frühen Synthesen aus Sinfonik und poppigen Einflüssen durch Tanz- und Unterhaltungsorchester ihrer Zeit, etwa Percy Faith, Henry Mancini, Frank de Vol oder auch Bert Kaempfert. Der häufiger so betont üppige Streicherklang liegt mitunter sogar besonders dicht bei dem eines der berühmtesten Unterhaltungsorchester der 1940er bis 60er Jahre: Annunzio Mantovani (z.B. Spiel mir das Lied vom Tod oder in Es war einmal in Amerika). In der zum Teil opernhaften Melodik steht er nicht zuletzt seinem Landsmann und Freund Nino Rota nahe, der übrigens auch in einigen seiner Filmvertonungen für Federico Fellini bereits ebenfalls raffiniert-eigenwillige Synthesen aus Sinfonik, Pop-, Jazz- und Loungemusik vorgelegt hat. Und auch Dimitri Tiomkin, Hollywoods größtem klassischen Westernkomponisten, der bereits in seiner Pariser Zeit (für die Choreographin Albertina Rasch und ihre berühmte Tanztruppe, die Albertina Rasch Dancers komponierend) ausgeprägt auch für Einflüsse der Populärmusik offen gewesen ist und späterhin entscheidender Mitbegründer der Pop-Ära in der Filmmusik wurde, verdankt Morricone sicher manche Inspiration. Vermutlich gilt dies etwa für das in der Musik zu Alamo (1960) ja völlig unerwartet eingesetzte, geradezu anachronistische Cembalo: Dieses darf dann nämlich entsprechend in Spiel mir das Lied vom Tod Jills Thema intonieren.
Aber nun, das punktuell etwas zuviel an verströmtem Weihrauch beeinträchtigt letztlich nur unwesentlich die sehr gute Gesamtwirkung von Giuseppe Tornatores liebe- und respektvollem Morricone-Porträt, das erstmalig im September des Jahres 2021, auf den 78. Internationalen Filmfestspielen von Venedig, das Licht der Leinwand erblickte.
Seine erste Oscar-Nominierung erhielt Ennio Morricone 1979 für Terrence Malicks In der Glut des Südens. Den ersten Preis in seiner Heimat, den David Di Donatello, erhielt er sogar erst knapp 10 Jahre später, im Jahr 1988 für Giuliano Montaldos Brille mit Goldrand. Durchaus verständlich bleibt damit die Enttäuschung, für The Mission (1986) nicht endlich den begehrten Oscar bekommen zu haben. Dies dauerte nochmals weitere rund 20 Jahre. Erst 2007 wurde Morricone mit dem Oscar für sein Lebenswerk ausgezeichnet und erhielt 2016 dann noch einen weiteren für die Musik zu Tarantinos The Hateful Eight.
Zur Vorstellung der Blu-ray-Edition zu Ennio Morricone – The Maestro geht’s hier.
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