Der Zauberer von Oz 3D

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
27. Dezember 2013
Abgelegt unter:
3D

Film

(6/6)

Bild

(5.5/6)

Ton

(4/6)

Extras

(6/6)

The Wizard of Oz“ eine multimediale amerikanische Erfolgsgeschichte

The Wizard of Oz Der Zauberer von Oz, Alternativtitel Das zauberhafte Land (1939) MGMs Konkurrenz zu David O. Selznicks Vom Winde verweht ist im Vorfeld des 75. Jubiläums im Jahr 2014 dank nachträglicher Konvertierung nun ebenfalls in der dritten Dimension angekommen.

Was für uns die Grimm’schen Märchen sind, das ist für die Bürger der Vereinigten Staaten L. Frank Baums Buchreihe zu „Der Zauberer von Oz“. Das erste Buch, „The Wonderful Wizard of Oz“, erschien im Mai 1900. Der triumphale Erfolg des Buchs zog bereits 1903 eine erste, am Broadway anschließend für 10 Jahre erfolgreiche Musicalversion nach sich. Als Baum 1919 starb, waren nicht nur 13 weitere Oz-Bücher erschienen, auch die Erfolgsstory war noch längst nicht an ihrem Ende angekommen. Andere Autoren führten die Reihe bis 1963 fort, es gab außerdem Oz-Spielzeuge, -Puppen und auch die berühmte 1939er Verfilmung von MGM war längst nicht die erste Kinoversion der fantastischen Traumwelt jenseits des Regenbogens. Die Stummfilmära verzeichnet von 1908 bis 1925 insgesamt vier Verfilmungen und das Jahr 1933 den ersten animierten Kurzfilm.

MGMs Der Zauberer von Oz zog wiederum weitere Bühnenadaptionen nach sich, welche sich dann zum Teil auch der unverwechselbaren Songs und der Filmmusik bedienten. Darüber hinaus schaffte die fantastische Welt von Oz es aber über die Jahre auch in Form diverser Features verschiedentlich ins US-Fernsehen und ebenso den US-Rundfunk. In den 1970er Jahren erschien der Film dann auch erstmalig auf Videokassette, anschließend auf Laserdisc, DVD und 2009 erstmalig auch in HD auf BD. Natürlich ist auch die Filmmusik, insbesondere die Songs mit dem Judy-Garland-Evergreen „Over the Rainbow“ an der Spitze, bis heute in verschiedenen Tonträgerformaten x-fach vermarktet worden: von der 78er Schellackplatte über die LP bis zur CD.

Das Broadway-Musical „The Wiz“ (1975) versetzte die mit neuer, poppiger Musik versehene Geschichte mit Black-Power in ein komplett afroamerikanisch geprägtes Wunderland, getragen von einem ausschließlich schwarzen Ensemble. „The Wiz“ wird bis heute aufgeführt und ist 1978 auch verfilmt worden. Mit Die fantastische Welt von Oz 3D (2013) hat Disney die Oz-Thematik auch noch mit einem durchaus charmanten Prequel ergänzt.

Die auf den vom Russen Alexander Wolkow (allerdings recht frei) nacherzählten Oz-Abenteuerbüchern basierenden ostdeutschen Übersetzungen scheinen in der DDR recht beliebt gewesen zu sein. In der Bundesrepublik hingegen dürften die allermeisten die Abenteuer der durch einen Tornado ins märchenhafte Land Oz verschlagenen kleinen Dorothy wohl in erster Linie durch die prachtvolle 1939er MGM-Verfilmung kennen und lieben gelernt haben.

MGMs Der Zauberer von Oz ist Beleg für die hohen Produktionsstandards Hollywoods in der Glanzzeit des Studiosystems – in den 1930er und 1940er Jahren. Dazu gehört auch die für die Qualität des finalen Produktes so entscheidende Fähigkeit, die Kreativität der vielen unterschiedlichen Beteiligten erfolgreich zu bündeln und so optimal in das komplexe Gesamtprojekt Kinofilm zu integrieren. Dieser warmherzige Meilenstein des Kinos hat über die mittlerweile mehr als sieben Dekaden nichts von seinem Charme verloren. Er wartet mit liebenswerten Charakteren, einer so ausgefeilten wie aufwändigen und dabei unverwechselbaren Studioatmosphäre, zusammen mit heutzutage ebenfalls geradezu nostalgisch wirkenden, für ihre Zeit allerdings grandiosen Spezial-Effekten (etwa dem Wirbelsturm) auf.

Für 101 Minuten taucht der Zuschauer ein in eine faszinierend bunte, moderne Märchenwelt, welche der Brutalitäten und auch dem erhobenen Zeigefinger der meisten klassischen europäischen Vorbilder entbehrt. Deswegen ist die lineare, in einfacher, ungestelzter Sprache vorgetragene Story aber nicht etwa belanglos, da sich hinter ihr durchaus verschiedene Weisheiten verbergen. So begegnet Dorothy in ihrer jenseits des Regenbogens in leuchtenden Technicolorfarben schillernden Traumwelt nicht nur einer drolligen Zwergenbevölkerung, den Munchkins, sondern auch ihren anschließenden Weggefährten: einer mit Stroh gestopften Vogelscheuche, einem Holzfäller aus Blech und einem total ängstlichen Löwen. Viele dieser Oz-Gestalten besitzen ihr Pendant in der realen Kansas-Welt. Ungewöhnlich ist, dass der legendäre Zauberer am Ende als völlig normaler Mensch entlarvt wird, welcher überhaupt nicht zaubern kann, vielmehr nur mit Illusions-Tricks zu täuschen vermag. Dadurch ist aber nicht etwa die reizende Atmosphäre der Geschichte zerstört. Vielmehr wird sehr humorvoll und kindgerecht die zentrale Botschaft offensichtlich, nämlich dass vieles im Leben eben nicht so ist, wie es anfänglich scheint.

Nur die in der fantastischen Traumwelt Oz spielenden Szenen warten mit der für die Ära so typischen, unverwechselbaren 3-Farben-Technicolor-Buntheit auf, hingegen sind die im heimatlichen Kansas angesiedelten Teile – der rund 20-minütige Prolog sowie das kurze Finale – in sepia-eingefärbten Schwarzweiß-Bildern gehalten. Neben diesem geschickten Kunstgriff wird der fantastische Bilderrausch durch die wie angegossen passenden Songkompositionen gekrönt. Nicht allein das berühmte Lied „Over the Rainbow“, sondern auch die übrigen charmant-witzigen Lieder dieses feinen Leinwandmärchens stammen von Harold Arlen, die Texte von E. Y. Harburg. Chef des MGM-Musicdepartments, Herbert Stothart, steuerte den Großteil der auf Arlens Themen beruhenden orchestralen Filmmusik bei und führte auch den Taktstock bei den Einspielungen mit dem MGM Studio Orchester.

In den USA wird der Film in ganz besonderem Maße geschätzt und ist durch erste Wiederaufführungen 1949 und 1955 im Bewusstsein auch der nachwachsenden Generationen fixiert worden. Im Jahr 1956 war er erstmalig im US-Fernsehen zu sehen und hat seitdem nicht nur unzählige TV-Ausstrahlungen erlebt. Auch in den (US-)Kinos ist Der Zauberer von Oz seitdem nochmals 1989, 1993 und sogar erst jüngst, ab dem 20. September 2013, zwar nur für eine Woche, allerdings jetzt erstmalig in einer in 3D konvertierten Version in den US-IMAX-Kinos gezeigt worden. Diese digitale Version des Filmklassikers war ab dem 12. September übrigens auch hierzulande, allerdings nur in ganz wenigen Kinos, zu sehen. Seit dem 4. Oktober ist die 3D-Version nun auch für daheim auf BD erhältlich.

The Wizard of Oz in 3D auf BD

Neben Titanic (1997) und jüngst Jurassic Park (1993) ist mit The Wizard of Oz (1939) der derzeit älteste Kinofilm nachträglich in die dritte Dimension konvertiert worden. Ein Filmklassiker aus dem Jahr 1939 in 3D? Da stellt sich sicher für so manchen Leser die Frage, ob das nun wirklich sein musste, ob man immer alles tun muss, was technisch machbar ist. Die Antwort kann/muss sich letztlich jeder selbst geben. Meine Meinung dazu: Die 3D-Version ist unübersehbar sorgfältig produziert. Auch wenn man der nachträglichen 3D-Konvertierung eher skeptisch gegenübersteht, muss man fairerweise feststellen, dass diese vergleichbar hochwertig und liebevoll ausgeführt ist wie bei Titanic und Jurassic Parc. Entsprechend ist das Resultat eindeutig mehr als nur passabel geraten. Das Anschauen macht sogar durchaus Spaß. Abgesehen von einer handvoll Einstellungen, in denen das nachträgliche 3D eher blass erscheint, da einzelne Bildelemente eher flach wirken, vermag der Raumeindruck im überwiegenden Teil des Films schon zu überzeugen. Von nur „künstlich“ kann man also nicht wirklich sprechen. Verschiedene Einstellungen sind sogar ganz besonders überzeugend, erscheinen wie original in 3D gedreht. Dabei sind die 3D-typischen Ghosting-Artefakte nur hin und wieder kurzzeitig und dann auch nur in vernachlässigbarer Intensität zu beobachten. Insofern lautet das persönliche Fazit: Zwar würde ich mir The Wizard of Oz jederzeit auch in der gewohnten klassischen, also der flachen 2D-Version anschauen, aber die 3D-Version ist eine absolut respektable, ja wirklich nette und auch lohnende Zugabe.

Warner hat sich hier nicht lumpen lassen und für die 3D-Konvertierung nicht das bereits sehr gute HD-Master der 2009er BD-Veröffentlichung verwendet, sondern den Film nochmals komplett neu, dieses Mal sogar in 8K abgestastet. Außerdem wurden die im nur ein paar Jährchen älteren Transfer punktuell verbliebenen, allerdings absolut marginalen Rest-Mängel, nochmals bearbeitet und sind jetzt praktisch vollkommen beseitigt. Ohne die bereits sehr hohe Qualität des 2009er Transfers unnötig in Frage stellen zu wollen: Besser als in der (natürlich auch in 2D verwendbaren) 3D-Fassung hat der Zauberer von Oz nie ausgesehen. Die Schärfe ist insgesamt gut, erreicht aber keine Spitzenwerte. Das liegt in der relativ groben Körnung des verwendeten Technicolor-Filmmaterials begründet, welche bis Mitte der 1950er Jahre die Grenzen markierte. Die 2D-Version des Films auf der zweiten BD im Set ist identisch mit der qualitativ hochwertigen 2009er Edition.

Zum bevorstehenden 75.jährigen Jubiläum des Wizard of Oz ist natürlich eine besonders üppig ausgestatte BD-Ausgabe angesagt. Warner hat hierfür die bereits zu Recht als „Ultimate Collector’s Edition“ bezeichnete 2009er 2Disc-BD-Version noch um eine dritte BD (mit der 3D-Version des Films sowie diversen Wiederaufführungs-Trailern) erweitert und dieser Ausgabe jetzt erstmalig auch eine technisch aufgepeppte deutschsprachige 5.1-Dolby-Digital-Tonspur spendiert. Stereo-Ton im Kino war damals noch keine übliche Option. Entsprechend musste natürlich getrickst werden, die einzelnen auf Licht-Ton in Mono aufgenommenen Tonelemente so überzeugend wie möglich heutigen Hörgewohnheiten anzunähern sowie auf Stereo- und Surround-Sound zu trimmen. Puristen mögen hier auf Verfälschung gegenüber dem Original plädieren und die gesäuberte alte Mono-Tonspur bevorzugen. Die klanglich aufgefrischte, mit versierter Hand behutsam mit einem stereofonen Hauch versehene Tonfassung klingt aber nicht nur deutlich frischer und damit besser. Sie wartet sogar zusätzlich noch mit einigen hübsch im Raum platzierten Effekten auf und bereitet so insgesamt viel Spaß.

Darüber hinaus wurde die Boni-Kollektion um die rund 70-minütige neu in HD produzierte Doku „Der wunderbare Zauberer von Oz – Das Making-of eines Klassikers“ erweitert. Dabei handelt es sich um eine absolute sehenswerte, eher ungeschönte Darstellung der von Schwierigkeiten begleiteten Produktion, die sich wider Erwarten durchsetzte und ihre Position in der amerikanischen Kultur behauptete, aus der sie heute nicht mehr wegzudenken ist. Darin erfährt man auch kaum Nachvollziehbares, etwa dass die Verantwortlichen bei MGM zuerst die späterhin geradezu als Signatur des Films und der Darstellerin der Dorothy, Judy Garland, fungierende Songeinlage „Over the Rainbow“ aus dem Film entfernen wollten …

In der überwältigenden Fülle an Boni ist darüber hinaus sämtliches bereits zuvor veröffentlichte Bonusmaterial vertreten. Inklusive des zur 2D-Version des Films verfügbaren Audiokommentars des Filmhistorikers John Fricke und knapp dreieinhalb Stunden an vertretenem Audiomaterial aus dem Tonarchiv braucht der Oz-Liebhaber mindestens 16 volle Stunden, um alles Gebotene zumindest einmal rezipiert zu haben. Zwar ist im Füllhorn der Beigaben nicht alles Gold was glänzt: etwa das eher schwülstige, dazu in unterirdischer Bildqualität präsentierte 1990 TV-Biopic über Buchautor L. Frank Baum. Derartiges fällt aber gegenüber der Fülle an Sehenswertem nicht nennenswert ins Gewicht.

Fazit: Judy Garland mit „Over the Rainbow“ in 3D? Wer hierbei erst einmal die Stirn runzelt, den dürfte die im Ergebnis unübersehbar sorgfältig und liebevoll ausgeführte Konvertierung zumindest nicht abschrecken, wenn nicht gar positiv überraschen und zugleich versöhnen. Wer bereits die 2009er „Ultimate Collector’s Edition“ besitzt, der hat zwar bereits zweifellos einen guten Kauf getätigt. Die auf einem völlig neuen, in 8K abgetasteten Master beruhende, qualitativ sehr beachtliche 3D-Version des Films, die jetzt erstmalig mit dem schon etwas länger verfügbaren englischen Surround-Ton gleichziehende deutsche 5.1-Tonspur und nicht zuletzt das die Boni bereichernde brandneue 70-minütige Making-of und ebenso die derzeit verschiedentlich besonders günstigen Angebote für das Triple-BD-Set liefern jedoch für eine eventuelle Neuanschaffung zumindest gute Argumente.

Zur Erläuterung der Wertungen lesen Sie bitte unseren Hinweis zum Thema Blu-ray-Disc versus DVD.

Regisseur:
Fleming, Victor

Erschienen:
2013
Vertrieb:
Warner Home Entertainment
Kennung:
3Disc-Blu-ray-Set (3D-BD + 2x BD), Best.-Nr. 1000417020
Zusatzinformationen:
USA 1939

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