TV-Natur-Dokumentarserien, 21. Folge:
Bildgewaltige 3D-Impressionen vom schwarzen Kontinent: Afrika – Das magische Königreich
Neil Nightingale, langjähriger Naturfilm-Produzent bei BBC Earth (Dinosaurier 3D – Im Reich der Giganten), hat zusammen mit Patrick Morris an der neuesten BBC-Dokumentation Enchanted Kingdom * Afrika – Das magische Königreich gearbeitet. Das zentrale, die vielfältigen Schauplätze elegant miteinander verbindende Leitmotiv des Films ist dabei das für das Leben auf unserem Planeten unerlässliche Wasser, das den Reigen in Form von Londoner Regen eröffnet und auch beschließt.
Über die rund 90 Minuten Lauflänge bekommt der Zuschauer imposante Impressionen der vielschichtigen afrikanischen Flora und Fauna gezeigt. Unterlegt sind die Bilder mit stimmungsvoller Musik von Patrick Doyle (Merida), und Christian Brückner (in erster Linie geläufig als die deutsche Synchronstimme von Robert De Niro) liefert dazu mit markanter Stimme den Off-Kommentar. Dass es sich diese mitunter atemberaubende Highlight-Show der Superlative erlaubt, beim Gezeigten ausschließlich an der Oberfläche zu bleiben, liegt praktisch auf der Hand. In dieselbe Kategorie gehört, dass die BBC unter dem unübersehbaren Etikett „für die ganze Familie tauglich“ vor einer Reihe betont kindgerechter Effekte bei Kommentar und Geräuscheffekten, ja mitunter auch mal einem Mätzchen, nicht zurückschreckt. Was man allerdings schon hätte einbauen sollen, wäre die einzelnen Schauplätze jeweils auf einer Karte anschaulich zu verorten und damit dem Zuschauer einzuprägen. Das ist m. E. der einzige echte Lapsus dieses wie eine High-Tech-Demo wirkenden Dokumentarfilms.
Sicher, das Meiste des Gezeigten hat man bereits zuvor, im Rahmen anderer Afrika-Dokus zu sehen bekommen, etwa die nach Gnus schnappenden Nilkrokodile. Das mit seiner langen Zunge einen Käfer fangende Chamäleon ist mittlerweile wohl fast schon ein Demo-Klassiker des HD-TV. Trotzdem besitzen die von Afrika – Das magische Königreich gezeigten Eindrücke gerade durch ihre qualitativ auf derzeitigem Top-Niveau befindliche 3D-Technik mitunter geradezu überwältigende Reize. Der 3D-Liebhaber, der sich allein die Wasserszenen mit den großen überschlagenden Wellen in Kapitel 6 (ab ca. 38 Minuten) vornimmt, dürfte vom sich dabei auftuenden, so überzeugend plastisch darbietenden, ungemein tief wirkenden Tunnel(-Blick) bereits ziemlich von den Socken sein. Klar, auch das kennt man bereits von der inzwischen über eine Dekade alten BBC-Serie Unser blauer Planet (2003), wo diese Szene – damals natürlich nur in 2D und in Standard-Auflösung zu sehen – bereits ein Eye-Catcher im Trailer war. Jetzt allerdings wirkt’s doch nochmals eindeutig grandioser. Faszinierend zu betrachten sind darüber hinaus aber noch viele weitere Dinge, etwa in Massen auf Beutejagd gehende Treiberameisen oder auch die gewaltigen Heerschaaren von rosa Zwergflamingos, deren eingefangene Balzchoreografie Bilder von berückender Schönheit abgeben. Aber das ist natürlich längst noch nicht alles. Seien es die Viktoria-Fälle, der besonders farbenprächtige Ausflug in ein Korallenriff vor der afrikanischen Küste oder selbst die schwimmenden Elefanten. All das hat man derart zum Greifen nahe bisher kaum oder noch überhaupt nicht gesehen. Das wohl bizarrste Highlight des Films bilden die vulkanischen Landschaften des in der äthiopischen Wüste befindlichen Dallol, wo durch heiße Quellen neben Mineralsalzen elementarer Schwefel in Mengen zu Tage gefördert wird, was für ungewöhnliche Eindrücke sorgt.
Bereits bei der sehr beachtlichen TV-Serienproduktion Die fantastische Reise der Vögel ist mit 3D experimentiert worden. Es ist unübersehbar, dass für Afrika – Das magische Königreich von Seiten der Macher Demo-Material von außergewöhnlicher Qualität angestrebt worden ist, etwas, das unbedingt für die ganz große Kinoleinwand taugt und nicht bloß für die dagegen zwangsläufig bescheideneren TV- oder Heimkino-Dimensionen. Und was bereits im Kino überwältigt, das sieht dann zuhause infolge der Verkleinerung nochmals ein Tickchen brillanter aus.
Zweifellos strahlt die eindrucksvolle, ja mitreißende Bilderflut auch eine gewisse Künstlichkeit aus. Wie lautet es bereits im Kino-Trailer: „Entfliehe dem Alltag“. Entsprechend ist das Ganze weniger eine Doku, sondern vielmehr eine spielfilm-ähnlich montierte Leistungsshow der facettenreichen Natur des afrikanischen Kontinents, welche in dieser dreidimensionalen Fülle und Opulenz bisher so noch nicht zu sehen war.
Afrika – Das magische Königreich auf 3D-Blu-ray
Die technische Seite dieser High-Tech-Produktion, die sogar in 4 K aufgenommen und im Kino beim Ton mit dem derzeit (neben Auro-3D) die Spitze der Surround-Sound-Innovation bildenden Dolby-Atmos aufwartet, wird durch das hiesige Blu-ray-Set insgesamt sehr solide abgebildet. Allein die überschaubare Gruppe von High-End-Heimkino-Überfliegern muss stattdessen wohl doch auf die japanische Edition ausweichen. Dolby-Atmos, das mit punktgenau im Raum platzierbaren Audioelementen (Audio-Objekten) arbeitet und wahren 3D-Sound verspricht, ist für alle Diejenigen, die für den optimalen Sound auch einiges mehr zu investieren bereit sind, grundsätzlich schon eine interessante Angelegenheit.
Dolby-Atmos wurde bereits im April 2012 eingeführt. Das aufwändige, kostspielige Nachrüstungen erfordernde Tonsystem ist aber am Markt bislang keineswegs richtig etabliert, sondern seine Verbreitung steckt derzeit noch eher in den Kinderschuhen. Die Zahlen sprechen da für sich: In ganz Deutschland verfügen derzeit erst rund 20 Kinosäle über Dolby-Atmos und auch auf dem Blu-ray-Markt steht nur eine ganz kleine Handvoll Titel überhaupt zur Verfügung. Glaubt man den dazu auffindbaren Stimmen, dann scheint davon allein die „Diamond Luxe Edition“ zu Gravity akustisch sehr überzeugend zu sein und somit einen echten Mehrwert zu besitzen. Das es deren Dolby-Atmos-Ton aber nur in Englisch gibt, ist freilich schon etwas kurios. Geradezu unbegreiflich ist allerdings, dass besagte spezielle Edition diesen, neben seiner Akustik doch auch visuell ebenso außergewöhnlichen Film nur in 2D im Gepäck hat.
Insofern gilt m.E.: Besser noch etwas Zeit ins Land gehen lassen und die weitere Entwicklung in Ruhe beobachten. Wie auch immer: Die überaus solide deutsche DTS-HD HR 5.1 Tonspur der Highlight-Edition zu Afrika – Das magische Königreich lässt bis auf Weiteres kaum Wünsche offen. Der sehr satte, dynamische Sound ist nicht nur kristallklar, sondern auch praktisch durchweg auf sämtlichen Kanälen aktiv, wobei mit wohlgesetzten Effekten nicht gespart wird.
An der Filmpräsentation gibt es ebenso wenig zu beanstanden. Das Bild ist sowohl in 2D als auch in 3D von vergleichbar superber Qualität. Es zeichnet sich durch außergewöhnlichen Detailreichtum, satte Farben und sehr gute, meist sogar optimale Schärfe aus. Das gilt ebenso für den Kontrast sowie den fast durchweg brillanten Schwarzwert. Das referenzwürdige Bild der 3D-Version verdient einen weiteren Pluspunkt, da es so gut wie keine Mängel, etwa Ghosting-Artefakte, aufweist.
Rund 50 Minuten überwiegend informativer Boni-Features runden den sehr überzeugenden Eindruck des BD-Sets ab, die sowohl den betriebenen Aufwand als auch einige der vielen mit dem Dreh verbundenen Strapazen erfahrbar machen. Erfreulicherweise fehlt auch der zum Einstimmen hochwillkommene 3D-Trailer nicht.
Fazit: Sicher kann man das, was Afrika – Das magische Königreich vermittelt, als zu oberflächlich, zu kindgerecht und gerade infolge seiner so einfallsreichen wie außergewöhnlichen Kamerafahrten, Einstellungen und Montagen als zu reißerisch inszeniert und bereits zum Spielfilm tendierend kritisieren. Aber was kann man von einer derartigen Hochglanzproduktion, einer auf knapp 90-Minuten getrimmten Show der Superlative, bestehend aus einer Tour-de-Force sensationeller Bilder aus der Tier- und Pflanzenwelt des Schwarzen Kontinents, wirklich großartig anderes erwarten? Sehenswert ist Afrika – Das magische Königreich in jedem Fall. Freunde opulenter 3D-Bilder sollten sich den im hiesigen Kinobetrieb vielleicht übersehenen (da weitgehend gefloppten) BBC-Demo-Dokumentarfilm keinesfalls für ihr 3D-fähiges Heimkino entgehen lassen.
Weiterführende Links:
Zur Erläuterung der Wertungen lesen Sie bitte unseren Hinweis zum Thema Blu-ray-Disc versus DVD.