Blu-ray: Die Wunderwelt der Gebrüder Grimm (Cinerama)

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
25. Dezember 2023
Abgelegt unter:
Blu-Ray, Sehen

Film

(4/6)

Bild

(6/6)

Ton

(5/6)

Extras

(6/6)

Die Wunderwelt der Gebrüder Grimm auf Blu-ray

Die hiesige Doppel-BD von Plaion Pictures im üblichen blauen Amaray-Set nebst Pappschuber ist erfreulicherweise eine 1:1-Übernahme der vorzüglichen US-Ausgabe von Warner-Home-Video (erschienen am 29.03.2022). Das bedeutet, dass beide Ausgaben auch ausstattungsmäßig identisch sind, so dass der Käufer erfreulicherweise auf keines der feinen Boni der US-Version verzichten muss. Den Film gibt’s sowohl in Letterbox-Version (Disc 1) als auch in der so genannten „Smile-Box-Version“ (Disc 2). Bei Letzterer handelt es sich um eine recht elegante digitale Nachbildung der Proportionen des stark nach innen mit 146°-Krümmung arbeitenden Cineramabildes für die planen Flachbildschirme unserer Tage. Zwar zeigt die ultrabreite Letterbox-Version insbesondere am oberen und unteren Bildrand etwas mehr an Bildinformation. In der Gesamtwirkung ist die Smile-Box-Fassung ihrem Letterbox-Pendant trotzdem eindeutig überlegen. Und das liegt nicht einfach nur daran, dass man dieses zwangsläufig im Panzerschlitzformat anschauen muss. Hierzu muss man sich verdeutlichen, dass die Macher niemals daran gedacht haben, Cinerama-Filme derart, nämlich flach in Letterbox zu präsentieren. Die so produzierten Filme waren vielmehr ausschließlich zur Projektion auf eine bis zu 146°-gekrümmte und zusätzlich meist aus einzelnen Streifen bestehende, spezielle Leinwand vorgesehen.

Vom Fischaugeneffekt der extrem weitwinkligen 28mm-Kameraobjektive der 3-Streifen-Cinerama-Kamera herrührende Verzerrungen sind in beiden Versionen vereinzelt feststellbar. Insbesondere in der gekrümmten Smile-Box-Versions sind diese dezenter und damit kaum mehr störend zu beobachten. Und was den bei Cinerama- bzw. Smileboxpräsentation unvermeidbaren leichten Beschnitt des Bildes angeht, ist dieser bereits bei der Aufnahme berücksichtigt worden, spielt also keinerlei entscheidende Rolle.

Bild und Ton

Der Bildeindruck ist insgesamt vorzüglich, ja geradezu atemberaubend gut. Dieser zeichnet sich durch schon extravagante Schärfe in Kombination mit einem sehr guten Kontrastverhältnis inklusive sattem Schwarzwert und insgesamt ebenso tadelloser Wiedergabe der vielfältig gestalteten, dabei häufiger betont satten Farbkompositionen aus. Keinerlei Bilddetails verschwinden im Schwarz, und neben der hervorstechenden Detailfreudigkeit nimmt auch die absolut frisch wirkende Buntheit der üppigen Bildkompositionen den Zuschauer direkt für sich ein. In seiner Brillanz ruft das vorliegende Set die vergleichbar edle 2008er-Edition zu Das war der Wilde Westen in Erinnerung. Von diesem existiert allerdings ein praktisch neuwertiges Originalnegativ, wodurch aufwändigere Restaurationsarbeiten entfielen. Davon konnte bei Die Wunderwelt der Gebrüder Grimm leider nicht die Rede sein. Hier mussten insbesondere diverse durch einen Wasserschaden deutlich in Mitleidenschaft gezogene Filmrollen besonders intensiv digital nachbearbeitet, also restauriert werden, was im Endergebnis aber vergleichbar exzellent ausschaut. Was gegenüber Das war der Wilde Westen hier nun aber sogar doch noch etwas besser geraten ist, sind die selbst dort bereits nur gelegentlich und dann stark abgemildert sichtbar werdenden beiden Nahtstellen eines Cineramabildes. Bei den Gebrüdern Grimm fallen diese nur noch in einigen ganz wenigen Momenten überhaupt auf. Insofern verdient die Bildwertung ohne wenn und aber die Spitze und damit die 6-Sterne-Marke.

Neben der englischen-Stereo-Ton-Spur, abgemischt in DTS-HD MA 5.1, ist erfreulicherweise auch eine in hörbar gutem Zustand befindliche deutsche Stereotonfassung (vermutlich abgenommen von einer 4-Kanal-Magnettonkopie) vorhanden, was im Übrigen auch zur Angabe DTS-HD MA 2.0 passt. Die dazu häufiger zu lesende Angabe (Mono) ist also erfreulicherweise falsch.

Die unüberhörbar sorgfältig und auch liebevoll produzierte deutsche Synchronfassung könnte eventuell auch einige der „Synchronverweigerer“ unserer Tage von den in aller Regel doch sehr hohen Qualitätsmaßstäben überzeugen die seinerzeit für die deutschen Synchronfassungen als verbindlich galten und die auch heutzutage nicht als obsolet angesehen werden sollten. Wer miteinander vergleicht wird feststellen, dass gegenüber dem englischen Original nichts grob entstellt und damit verhunzt worden ist. Dabei wird übrigens, ähnlich wie im englischen Original, auch ausgiebig davon Gebrauch gemacht den Ton der Sprechenden gemäß ihrer Position im Bild akustisch korrekt im Raum zu platzieren und damit die Sprache mit der zugehörigen Figur wandern zu lassen (Dialog-Panning). Die Filmdialoge akustisch nur monaural in der Mitte (im Center) zu platzieren, ist eine abmischungstechnische Unsitte, die erst ab etwa Mitte der 1970er Einzug gehalten hat und inzwischen erfreulicherweise nur noch hin und wieder anzutreffen ist. Achtung! Karl-Heinz Böhm hat sich leider nicht selbst synchronisiert. Ihm hat vielmehr Michael Chevalier die Stimme geliehen.

Mit von der Partie sind zudem, wie in den sich langsam ihrem Ende zuneigenden Goldenen Tagen des Kinos bei echten Eventfilmen üblich, eine originale Ouvertüre, Pausenmusik, Entr’acte (Vorspiel zum 2ten Filmteil) sowie eine – hier als musikalisch unterlegter ausführlicher Restaurations-Abspann gestaltete – rund zweiminütige Exit-Music, die den Zuschauer stimmungsvoll wieder in die Alltagswelt entlässt.

Extras

Auch hier bekommt der Käufer Top-Standard mitgeliefert: Im Zentrum steht die besonders ausführliche Doku zur Filmrestauration, „Rettung eines Fantasy-Klassikers“ (40:19 min), in der übrigens auch anschaulich erklärt wird, wieso zum korrekten Bildseitenverhältnis bei Cinerama merklich differierende Angaben kursieren. 1 : 2,89 entspricht dem, was sich bei einer kompletten Darstellung der nutzbaren Bildbereiche der drei Teilbilder ergibt. Das ist deutlich breiter als die „nur“ 1 : 2,76 womit 70-mm-Produktionen in Ultra-Panavision, wie z.B. Ben Hur, aufwarten können. Demgegenüber steht, dass einige Quellen angeben dass das korrekte Cinerama-Bildseitenverhältnis sogar nur 1 : 2,59 betrage. Aber Cinerama ist eben schon ein außergewöhnliches Verfahren, bei dem die drei Teilbilder hochspeziell miteinander zusammengefügt (dabei auch dezent ineinander verschoben) und abgebildet werden müssen.

In „Die tanzende Prinzessin“ konnten ein paar zuvor deutlich erkennbare tricktechnische Unzulänglichkeiten der frühen 1960er erheblich verbessert und nahezu ausgemerzt werden, und das gilt auch für kleinere Probleme, die beim Kombinieren eines Cineramabildes aus den drei Teilbildern in Form von Dopplungen mitunter resultieren, prima veranschaulicht anhand der Finalszene mit dem Jungen der zwei Ohren nebeneinander aufweist. Zu den Erklärungen sind jeweils auch aufschlussreiche Vorher-Nachher-Vergleiche zu sehen. Auch ein eindrucksvoller Blick in das bemerkenswerte Heimkino von Randy Gitsch, das mit natürlich verkleinerter, aber originalgetreuer Cinerama Streifenleinwand (s.o.) ausgestattet ist, fehlt nicht.

Hinzu kommen weitere kleinere Features wie „Die wunderbare Karriere von George Pal“ (8:47 min) oder „Das fantastische Artwork“ (7:00 min) sowie Radio-Interviews mit Russ Tamblyn (5:11 min) und Yvette Mimieux (5:39 min). Die umfangreiche, überwiegend in bester Qualität befindliche Trailerkollektion (ebenfalls sowohl in Letter- als auch in Smile-Box vorhanden) ist nicht bloß zum Einstimmen, sondern auch prima für Demo-Zwecke geeignet, etwa mit dem knapp fünf-minütigen, besonders eindrucksvollen Cinerama-Ankündigungstrailer, restauriert in Eye-Catcher-Qualität. Bis auf den der deutschen Ausgabe hinzugefügten deutschen Trailer sind sämtliche Bonifeatures im englischen Original belassen, wozu man sich aber erfreulicherweise solide deutsche Untertitel hinzuschalten kann. Darüber hinaus ist auch eine über 12 Minuten liebevoll mit Originalfilmmusik in Stereo unterlegte Galerie mit raren Aufnahmen vom Dreh und diversen Werbematerialien vorhanden.

Ein Wermutstropfen ist allerdings die schlichtweg grobschlächtige Unterteilung in nur 16 einzeln anwählbare Kapitel. Warum Plaion Home Entertainment (ehedem Koch-Media) hier nicht einfach die wesentlich feinfühligere Unterteilung der US-BD-Ausgabe mit 55 Kapiteln (!) übernommen hat, bleibt ein schlichtweg Kopfschütteln erregendes Mysterium, eines das aber leider nicht neu ist. Auch weitere an sich zweifellos edle Koch-Media-Produkte leiden darunter, etwa Gefahr aus dem Weltall oder Wem die Stunde schlägt.

Hier geht’s zum Kommentar zum Film und dem Cinerama-Verfahren.

Und hier geht’s zum Gewinnspiel (abgeschlossen am 8. Januar 2024).

© aller Logos und Abbildungen bei PLAION PICTURES Home Entertainment – zuvor Koch Media. (All pictures, trademarks and logos are protected by PLAION PICTURES Home Entertainment – before Koch Media).

 

Originaltitel:
The Wonderful World of the Brothers Grimm

Erschienen:
2023/11
Land:
Deutschland
Vertrieb:
PLAION PICTURES Home Entertainment (ehedem Koch Media)

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