Conan The Barbarian (Prometheus-Neueinspielung)

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
25. Dezember 2010
Abgelegt unter:
CD

Score

(4.5/6)

Im zu Ende gehenden Jahr 2010 ist James Fitzpatrick offenbar weder zu stoppen noch zu toppen. Insgesamt drei feine Maurice-Jarre-Doppelalben und (in Zusammenarbeit mit Luc Van de Ven von Prometheus Records) außerdem das vorzügliche Tripel-CD-Set mit Dimitri Tiomkins The Alamo (1960) hatte uns das laufende Jahr bereits beschert. Und nun, rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft, wird — wiederum in Zusammenarbeit mit Prometheus — nochmals eins drauf gesetzt: mit einer Kompletteinspielung von Conan The Barbarian • Conan der Barbar (1982).

4252Zum Film von Regisseur John Milius muss man wohl kaum großartig viel schreiben. Schon die Tatsache, dass durch ihn Arnold Schwarzenegger in der Titelrolle international bekannt wurde, und wohl auch, dass dieser im gesamten Film nur einige eher halbgare Sätze von sich gibt, dafür aber reichlich Muckis glänzen lässt, dürfte einen wesentlichen Teil des Kultstatus’ dieses ansonsten eher zweifelhaften Leinwandopus’ ausmachen. Doch wenn etwas erst einmal zum Kult geworden ist, dann spielt Qualität kaum noch eine Rolle, dann darf es auch ruhig mal trashig sein, wie eben hier. Und so finden sich im Internet ganze Sammlungen kurioser Filmdialoge, über die man schmunzeln oder auch den Kopf schütteln mag, etwa: „Warum weinst Du? — Es ist Conan, er kann nicht weinen. Darum weine ich für ihn.“

Ein Teil des Conan-Mythos‘ ist allerdings auch die klangprächtige, wuchtige Filmmusik, die damals wie heute viele Filmmusikfreunde unmittelbar beeindruckt — selbst wenn sie mit dem Film weniger anfangen können. Ihren Komponisten, Basil Poledouris (1945–2006), Amerikaner mit griechischen Wurzeln, hatte John Milius bereits während seiner Studienjahre an der Universität von Südkalifornien kennengelernt. Für Milius vertonte Poledouris zuerst das Surfer-Movie Big Wednesday • Tag der Entscheidung (1978). Dies ist bereits eine recht beachtliche, breitorchestrale Fingerübung auf dem Weg von den frühen kleinen TV-Arbeiten hin zu den breiter angelegten Kompositionen der späteren Jahre für die große Kinoleinwand. Bereits hier zeigen sich die Qualitäten einer guten Poledouris-Musik: unmittelbar ins Ohr gehende süffige Melodik, eingebettet in einen schwelgerischen, üppigen Orchestersatz. Hier offenbart sich eine gewisse Nähe zur Musik des Briten Ron Goodwin. Der geschickte Einsatz von Holzbläsersoli (Oboe und Englischhorn) wie auch der Hörner erinnert zugleich an die Handschrift von John Barry.

Drei Jahre nach Big Wednesday erfolgte dann mit der kraftvollen wie archaischen Komposition zu Conan The Barbarian • Conan der Barbar (1982) der Durchbruch. Dabei ist dies zugleich die Musik geblieben, mit der der Name Poledouris in ganz besonderem Maße in Erinnerung gebracht wurde und wohl auch bleiben wird.

Mittelalterliche Klangschemata und in den Chorsätzen hin und wieder eine Prise „Carmina Burana“ bilden hier eine sehr kraftvolle, archaisierende, episch wirkende Filmmusik. Eine Musik, die dank ihrer markanten eingängigen Themen in üppiger Instrumentierung, der ausgeprägten Rhythmik und den üppigen Chorsätzen Klangsüffigkeit verströmt. Dabei wirkt die Komposition trotz ihres eher rückwärtsgewandten, opernhaften Pathos’ recht modern. Weniger stilistisch, aber doch eindeutig atmosphärisch, sind dabei als Vorbild die Kostümfilmvertonungen von Miklós Rózsa auszumachen. Wobei einzelne Chorpassagen in der fantasyhaft inszenierten Artus-Legende in John Boormans Excalibur (1981) zumindest einen Vorläufer besitzen.

Von Conan der Barbar gab es zum Film seinerzeit zuerst eine LP von Milan mit knapp 49 Minuten Musik. In der kurz darauf anbrechenden CD-Ära gab es diesen gut kompilierten Albumschnitt dann in mehreren Auflagen auch als Silberling. Varèse Sarabande reichte 1992 noch eine um rund 19 Minuten verlängerte CD-Version nach, bei der allerdings der auf dem Milan-Albumschnitt enthaltene, sehr atmosphärische, gesprochene Original-Filmprolog — das Intro zu „Anvil Of Crom“ — fehlt. Auf diesen, sämtlich aus der in Rom aufgenommenen Originaleinspielung gefertigten, Kompilationen musiziert ein Studioensemble unter der Leitung des Komponisten, zusammengestellt aus Mitgliedern des „Orchestra and Chorus di Santa Cecilia“ und der „Radio Symphony of Rome“.

So richtig zufriedengestellt werden konnten die Sammler damit allerdings nicht. Die Lust breiterer Fan-Schichten auf mehr von diesem Poledouris-Klassiker spiegelt sich in der relativen Fülle an Bootlegs, die in einer sogar 3 CDs umfassenden, so genannten „Ultimate Edition“ gipfelten.

Allerdings ist dadurch die Situation der an der Musik Interessierten nicht wirklich entscheidend verbessert worden. Lassen bereits die offiziellen Veröffentlichungen klanglich einige Wünsche offen — sowohl durch mangelnde Präzision der Instrumentalisten als auch infolge der in Teilen recht eigenwilligen Abmischung des aus diversen Overlays zusammenmontierten Gesamtklanges —, wirkt das Zusammenspiel mitunter inhomogen und rau, und auch das Klangbild erscheint häufig eher unnatürlich künstlich. Das durch die Bootlegs zusätzlich verfügbare Musikmaterial klingt demgegenüber aber noch deutlich bescheidener. Für vorstehend erwähnte „Ultimate Edition“ ist anscheinend von der US-DVD abgekupfert worden. Allerdings wohl nicht von einer isolierten, reinen Musikspur. Es heißt, hier sei von den rückwärtigen Surroundkanälen abgenommen worden. Das Ergebnis ist selbst für absolute Fans eher indiskutabel.

Diesen völlig unbefriedigenden Zustand haben nun James Fitzpatrick und Luc Van de Ven von Prometheus Records beendet: mit ihrer in Prag produzierten Neueinspielung des vollständigen, rund 100 Minuten umfassenden Poledouris-Klassikers, veröffentlicht als 2-CD-Set.

Dank der mittlerweile optimierten Aufnahmetechnik sind die Instrumentengruppen der unter der gewohnt professionellen Leitung von Nic Raine dynamisch und kraftvoll aufspielenden Philharmoniker der Stadt Prag räumlich und zugleich präzise abgebildet. Das gilt übrigens auch für den intonationssicher agierenden Prager Chor. Und sowohl die Tempi als auch die Interpretationen sind fast durchweg dicht an der Originaleinspielung orientiert. Unterm Strich resultiert eine straffe wie kraftvolle und auch im Zusammenspiel überaus organische Wiedergabe, die m. E. dem Geist des Originales durchaus entspricht. Bemerkenswert ist, dass man jetzt erstmalig die umfangreiche Schlagwerksektion nicht nur wesentlich differenzierter zu hören bekommt, sondern auch Instrumente zum Einsatz kommen, die zwar vom Komponisten gewünscht, aber seinerzeit in Rom nicht zur Verfügung standen, also bei der Originaleinspielung fehlen, z. B. das jetzt in einigen Teilen deutlich hervortretende Cimbalom.

Natürlich ist auch diese Neueinspielung nicht 1 : 1 deckungsgleich mit der vor nunmehr knapp 30 Jahren erfolgten Originaleinspielung. Dezent schneller als das Original ist „Gift of Fury“. Als eklatant oder gar störend empfinde ich den Unterschied aber nicht. Dafür kann man z. B. „Anvil of Crom“ aus beiden Versionen praktisch übereinanderlegen.

Etwas gravierendere Abweichungen finden sich in „Wheel of Pain“, wo das metallisch kratzende Beckengeräusch anders, jetzt in einer Kombination aus dezenteren Effekten des Beckens plus Klängen des Vibraphons und somit (wie auch im Begleitheft erwähnt) musikalischer gelöst worden ist. Auffällig ist außerdem das Fehlen der im Original wuchtigen Paukenschläge am Schluss von „The Awakening“ und ebenfalls der markanten Schläge von Becken und Tamtam in der tänzerischen, dezent bolerohaft angehauchten „The Orgy“.

4253Dies mag mancher, besonders anfänglich, als etwas störend empfinden. Angesichts der vorzüglichen Gesamtwirkung der Einspielung sollte man diese Marginalien jedoch nicht überdramatisieren. Dass man sich an eine Reihe (nicht nur) interpretatorischer, sondern auch abmischungstechnisch anders gesetzter Akzente (!) und Eigenarten gewöhnen muss, ist nämlich zwangsläufig das „Problem“ jeder noch so ambitioniert produzierten Nachspielung. Klar ist: Was man zuerst hört, das prägt einen. Im Vergleich mit einer an sich gelungenen Neueinspielung gibt es dann immer die eine oder andere Passage, bei der man das Original unmittelbar als „besser“ empfinden mag. Allerdings schwächen sich derartige „Vorbehalte“ in der Regel nach einigen Hördurchgängen zumindest deutlich ab. Im Laufe der Zeit (des Eingewöhnungsprozesses) verschwinden sie mitunter sogar ganz.

Im 24 Seiten umfassenden, informativen Begleitheft finden sich nicht nur eingehendere Infos zu jedem einzelnen Track der Musik, sondern auch einige Hintergrundinformationen zur Produktion der Neueinspielung. Den Aufnahmen liegt die originale Instrumentierung von Greig McRitchie zugrunde. Entsprechend schritten die Prager in „Nibelungen-Besetzung“ zur Tat: mit einer im Tutti 97-köpfigen Musikerschar, unterstützt vom 100 Vokalisten umfassenden Chor der Philharmonie. Bei den von diesem ambitioniert intonierten lateinischen Texten musste allerdings improvisiert werden, da die Originaltexte offenbar nicht mehr auffindbar sind. Hier diente die als Live-Konzert auf dem Úbeda Filmmusikfestival im Juli 2006 — wenige Monate vor dem Tod des Komponisten noch unter seiner Leitung — aufgeführte, rund 50 Minuten umfassende „Conan The Symphony“ als Vorbild, bei der dieses Problem bereits angegangen werden musste. Die Leiterin des Philharmonischen Chores hat sich offenbar kräftig ins Zeug gelegt, um die über die Úbeda-Fassung hinausgehenden Chorsätze vergleichbar befriedigend neu zu texten.

Und zur kompletten Musik zu Conan der Barbar gibt’s noch rund 21 Minuten Boni obendrauf: Neben einigen Alternativ-Versionen einzelner Tracks auch „Chamber of Mirrors“ aus der Musik zum Sequel Conan the Destroyer (1984, Regie: Richard Fleischer).

Die Filmmusik zu Conan der Barbar ist unterm Strich schon eine sehr feine Sache, die dank einprägsamer Themen und sehr solide ausgeführter Instrumentierung farbig und abwechslungsreich wirkt. Und diese Aussage gilt nicht nur für den bereits sehr repräsentativen LP-Schnitt. Auch in der nun vorliegenden feinen Gesamteinspielung funktioniert der Score durchgängig ohne größere Längen. „Eine der besten Filmmusiken überhaupt“, wie dazu mitunter zu lesen, das ist allerdings denn doch etwas zu enthusiastisch. Bei aller Anerkennung vor der guten Gesamtwirkung dieses wuchtigen Scores mit seinen inspirierten und auch kraftvollen Themen, die rasch ins Ohr gehen, wie das edle Liebesthema, ist die kompositorische Verarbeitung im Detail nicht voll äquivalent zu den besten Arbeiten eines Miklós Rózsa. Wertungstechnisch empfinde ich „fette“ vier Sterne als fair und auch im Kontext stimmig. Für die insgesamt sehr feine Edition ist im Sinne einer Albumwertung ein kleiner Sympathiezuschlag auf viereinhalb angebracht.

Fazit: Dank der gemeinsamen Initiative von James Fitzpatrick und Luc Van de Ven von Prometheus Records liegt die Musik zu Conan der Barbar nun in einer technisch wie interpretatorisch überaus gelungenen Neueinspielung vor. Wie immer in derartigen Fällen mag man über ein paar Details streiten: Annähernd klingt der Score jetzt aber sicher so, wie es sich auch sein Schöpfer bereits zum Zeitpunkt der Originaleinspielung gewünscht hat.

Wer schon immer über den alten LP-Schnitt hinaus mehr von Conan der Barbar und das zugleich in optimaler Tonqualität hören möchte, oder wer erst jetzt auf diesen Peledouris-Klassiker aufmerksam wird, ist mit der neuen Tadlow/Prometheus-Gesamteinspielung sehr gut beraten. Er erwirbt ein tadellos produziertes Album, das Freude bereitet und daher häufiger die Gelegenheit bekommen dürfte, im Player zu landen. James Fitzpatrick und die Philharmoniker der Stadt Prag haben damit der Reihe der Tadlow-Neueinspielungen eine weitere Perle hinzugefügt, der noch so manche folgen mögen.

Hier finden Sie einen Überblick über alle bei Cinemusic.de besprochenen CDs des Labels Tadlow Music.

Dieser Artikel ist Teil unseres Spezialprogramms zum Jahresausklang 2010.

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Komponist:
Poledouris, Basil

Erschienen:
2010
Gesamtspielzeit:
121:09 Minuten
Sampler:
Prometheus
Kennung:
XPCD 169 (2 CDs)

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