Lautlos im Weltraum

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
30. September 2014
Abgelegt unter:
Blu-Ray

Film

(4/6)

Bild

(3.5/6)

Ton

(3.5/6)

Extras

(4.5/6)

Arche Noah im Weltall: Kameramann und Trickspezialist, Douglas Trumbulls Lautlos im Weltraum.

„Die Grenzen des Wachstums“, diese im Auftrag des Club of Rome erstellte und im Frühjahr 1972 in Buchform veröffentlichte Studie wurde weltweit zum ersten größeren Prestigeschub für die sich seit den frühen 1960ern langsam formierende Ökobewegung. Von diesem, damals noch in den Kinderschuhen steckenden Zeitgeist ist auch der vom 29-jährigen Kameramann und Trickspezialist, Douglas Trumbull, inszenierte Silent Running Lautlos im Weltraum inspiriert, der fast zeitgleich, im März 1972 in die US-Kinos kam und anfänglich kaum beachtet wurde. Infolge des schlechten US-Geschäftes kam der Film hierzulande überhaupt nicht in die Kinos, sondern wurde erstmalig im April 1974 in der ARD ausgestrahlt. Trumbull führt den US-Kinoflop in einem der Interviews (s.u.) bemerkenswerterweise darauf zurück, dass der Film von Universal praktisch nicht beworben worden ist. Man setzte vielmehr auf Mund-zu-Mund-Propaganda.

In einer (damals) näheren Zukunft (zu Beginn des aktuellen Jahrtausends) existieren auf der überbevölkerten Erde keine Pflanzen mehr. Die letzten Biotope befinden sich in den fünf riesigen Kuppeln eines Raumschiffs, der Valley Forge, betreut von einer kleinen menschlichen Crew und drei kleinen Robotern (in denen Pixars Wall-E ein Vorbild besitzt), welches sich in einem Orbit um den Saturn bewegt. Freeman Lowell (Bruce Dern) ist der einzige der Besatzung, dem diese letzten ökologischen Nischen wirklich am Herzen liegen. Als von der Erde der Befehl kommt, das Projekt aufzugeben, die Kuppeln zu sprengen und zur Erde zurückzukehren, widersetzt er sich. Beim Versuch zu retten, was noch zu retten ist, wird er sogar zum Mörder an seinen Kameraden. Lowell kann schließlich die Kuppel mit dem von ihm persönlich betreuten Waldbiotop, weiterhin versorgt von den Robotern, auf eine Reise in die Unendlichkeit des Alls bringen.

Silent Running ist das erste kinematografische Mahnmal gegen die Umweltzerstörung überhaupt. Der Film erscheint inzwischen eher gemächlich und verzichtet völlig auf die heutzutage üblichen Actioneinlagen. Die Handlung ist freilich kein quasi-politisches Statement, sondern ein mit einigem Sentiment angereichertes Märchen, bei dem Logik offenbar eine völlig untergeordnete Bedeutung besitzt. Geradezu naiv erscheint die Vision einer Zivilisation, die auf einer überbevölkerten Erde ohne Ökosystem offenbar immer noch existieren kann, anstatt von schwersten Krisen geschüttelt, bereits beträchtlich dezimiert in einem Zustand der Auflösung, ja des Untergangs befindlich zu sein. Davon ist in Lautlos im Weltraum nicht einmal ein Hauch zu spüren. So beträgt die Temperatur überall angenehme 23 Grad Celsius und jeder hat Arbeit. Man ist immer noch in der Lage, mit Atomsprengköpfen zu hantieren, eine Raumflotte zu unterhalten und dem geläufigen amerikanischen Patriotismus zu huldigen. Zudem recht sentimental (oder wenn man so mag auch anrührend) ist Lowells Umgang mit den Robotern, die sich in gewissem Maße zunehmend menschlicher verhalten, nachdem er sie umprogrammiert hat. Im Vergleich dazu erscheint die pessimistische Zukunftsvision erheblich nüchterner und realistischer, die in dem nur ein Jahr später in die Kinos gekommenen Soylent Green Jahr 2022 – die überleben wollen nach dem 1966 erschienenen Roman „New York 1999“ von Harry Harrison entwickelt wurde.

Gedreht wurde auf einem zum Verschrotten vorgesehenen Veteran des Vietnam- und Koreakrieges, dem US-Flugzeugträger Valley Forge, dessen Name ironischerweise dann auch der des Raumschiffs im Film wurde. Dies half Kosten für Studiobauten zu reduzieren, da man Teile der unter Deck befindlichen Räume, etwa den Hangar für die Flugzeuge, mit vertretbarem Aufwand geeignet umbauen konnte. Ähnlich trickreich half man sich auch an anderen Stellen, etwa den zu Raumanzügen umgearbeiteten Ski-Anzügen oder auch bei den drei Robotern, in deren Kunststoffgehäusen verborgen multipel Amputierte sämtliche Bewegungen ausführten.

Berücksichtigt man das für die Realisierung der gesamten Produktion zur Verfügung stehende äußerst geringe Budget von nur rund 1 Mio $, sieht der Film durchaus ansprechend aus. Freilich kann man nicht ähnlich spektakuläre Spezialeffekte erwarten wie die, welche Trumbull rund fünf Jahre zuvor für Stanley Kubricks 2001 – Odyssee im Weltraum (1968) produzierte. Gegenüber dieser, das Science-Fiction-Weltraum-Genre geradezu revolutionierenden Tricktechnik nimmt sich die von Silent Running natürlich zwangsläufig deutlich bescheidener aus: Das Gezeigte besitzt durchaus Charme, auch wenn der Modellcharakter und das Studiohafte unübersehbar sind. Hinzu kommt natürlich auch, dass der Kinogänger von heute durch die qualitativ immer realistischer werdenden CGI-Tricks sehr verwöhnt und anspruchsvoll geworden ist.

Als Keimzelle der Ökofilmgeschichte und als erstes eigenes Filmprojekt von Douglas Trumbull besitzt Silent Running natürlich seinen Platz in der Filmgeschichte und neben seinem Klassiker- und Fanstatus zugleich beträchtliches Nostalgiepotential. Das betrifft auch die Filmmusik von Peter Schickele und dabei besonders die zwei für den Film komponierten Songs („Silent Running“ und „Rejoice in the Sun“), unverwechselbar interpretiert von der Folk-Sängerin Joan Baez.

Lautlos im Weltraum erstmalig in HD auf BD

Das HD-Bild im korrekten Format (1 : 1,85) sieht zwar spürbar detailfreudiger aus als das der betagten DVD-Ausgabe, es vermag allerdings nicht als knackig scharf durchzugehen. Insbesondere bei Schärfe und Detailvielfalt werden insgesamt eher durchschnittliche bis gute, aber eben keine sehr guten oder gar herausragenden Werte erreicht. Zudem erscheinen insbesondere dunkle Bildbereiche mitunter teilweise gräulich und sind zudem häufiger besonders stark vergrieselt. Der etwas bescheidene, meist von dezenter Softness geprägte Look dürfte wohl im äußerst knappen Produktionsbudget und den damit verbundenen nur 32 Drehtagen mit begründet sein, etwas, das für eine kleine Independent-Produktion steht und eben nicht für einen Blockbuster. Zu überzeugen vermögen die guten Farben sowie der solide Kontrast nebst Schwarzwert. Das sichtbare Filmkorn erscheint an sich ebenfalls natürlich und erfreulicherweise nicht durch übertriebenen Einsatz elektronischer Rauschverminderer verschlimmbessert. Der (Mono-)Ton dazu klingt nicht nur frisch und sauber, sondern sogar recht dynamisch.

Die (rund zweistündige) informative Boni-Kollektion ist in SD-Qualität vorhanden. Bis auf die Koch-Media-typischen Beigaben, eine Super-8-(Kurz-)Fassung sowie die auch hier recht ansprechende „Bildergalerie mit seltenem Werbematerial“, ist diese von der 2002er-US-DVD-Ausgabe übernommen. Im Zentrum stehen ein rund 50-minütiges Making-of, zusammengestellt interessanterweise aus während der Dreharbeiten aufgenommenem Dokumentarmaterial. Hinzu kommen zwei besonders aufschlussreiche Interviews mit Douglas Trumbull: „Silent Running by Douglas Trumbull“ (31 min.) sowie „Douglas Trumbull: Then and Now“ (4 min). Obendrauf kommt noch ein zum Film wählbarer Audiokommentar von Regisseur Trumbull und Hauptdarsteller Bruce Dern, zu dem es im Gegensatz zu den übrigen Boni leider keine deutschen Untertitel gibt. Sehr ansprechend ist die Produktpräsentation als schickes glänzendes Steelbook.

Fazit: Koch Media präsentiert Douglas Trumbulls gefühlvolles Ökomärchen nun erstmalig in HD, in einer bildtechnisch zwar nicht perfekten, aber respektablen Blu-ray-Ausgabe. Neben der informativen, umfangreichen Bonikollektion sticht die ansprechende Produktpräsentation als glanzlackiertes Steelbook hervor.

Zur Erläuterung der Wertungen lesen Sie bitte unseren Hinweis zum Thema Blu-ray-Disc versus DVD.

Regisseur:
Trumbull, Douglas

Erschienen:
2014
Zusatzinformationen:
Koch Media

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