Red River: Howard Hawks Westernklassiker erstmalig in HD
Der Regisseur Howard Hawks (1896 – 1977) gilt heutzutage als einer der ganz Großen des klassischen Hollywood-Kinos. Mit Red River (1948) unternahm er seinen ersten Ausflug ins Westerngenre und landete direkt einen maßstabsetzenden Volltreffer. Dabei hat Hawks auch in anderen Genres, etwa der Komödie oder dem Kriminaldrama, überaus sehenswerte Beiträge geliefert. In Red River ist neben dem damals bereits gestandenen John Wayne der junge Montgomery Clift in seiner ersten Leinwandrolle zu sehen, die ihm direkt zum Durchbruch verhalf.
Mit Superlativen ist zwar immer Vorsicht geboten. Es ist aber wohl kaum zu hoch gegriffen, Hawks Westerndebut als einen der oberen Kandidaten unter den zehn besten Kinowestern überhaupt zu bezeichnen. Erstaunlicherweise ist Hawks bei der jährlichen Oscar-Verleihung von den Juroren praktisch regelmäßig übersehen worden. Abgesehen von einer einzigen Nominierung im Jahr 1942 für den eher unbedeutenden Propagandastreifen Sergeant York wurde ihm lediglich – erst Jahre nach dem Karriereende – 1975, immerhin von John Wayne, ein Ehren-Oscar für sein Lebenswerk überreicht.
Seit seinem erstmaligen Auftauchen im deutschen Fernsehen im Jahr 1968, zählt Red River übrigens zu den wenigen klassischen Filmen, deren Präsentation bis fast heute (rund 47 Jahre später!) kein technisches Update erfahren hatte – am 14. Dezember 2014 in der ARD, ist der Film erstmalig in verbesserter, in der hier vorliegenden HD-Fassung zu sehen gewesen. Mehr Infos zum Film und auch zur vorzüglichen Filmmusik von Dimitri Tiomkin finden sich im Artikel zum Red-River-CD-Album.
Red River in HD auf Blu-ray
Die Ende November auf dem Markt erschienene deutsche Blu-ray-Ausgabe beruht wohl auf der bereits Ende Mai diesen Jahres in den USA veröffentlichten Criterion-Edition. Im Vergleich erweist sich die deutsche Blu-ray unmittelbar als auf eine einzelne BD-Disc reduzierte Sparversion. Das bedeutet, dass König Kunde hierzulande auf sämtliche Boni der US-Version verzichten muss. Außerdem ist die auf der zweiten BD der Criterion-Ausgabe ebenfalls in HD vertretene 127-minütige offizielle Verleihversion des Films auf der hiesigen Einzel-BD-Ausgabe als Bonus, allerdings nur in SD (!) untergebracht – darüber hinaus nur deutsch untertitelt, also ohne deutschen Ton. Im Zentrum steht also die 133 Minuten umfassende, gegenüber der offiziellen Verleihversion um rund sechs Minuten längere Vorabschnittfassung in HD. Besagte liegt übrigens auch der über Jahrzehnte (nicht nur) im deutschen Fernsehen gezeigten Version zugrunde.
Wie der Schreiber dieses Artikels dürften auch die allermeisten Leser Red River praktisch ausschließlich bei den öffentlich rechtlichen TV-Ausstrahlungen und damit bislang leider bildtechnisch nur sehr unbefriedigend gesehen haben. Allerdings gibt es zum Bild der bisherigen internationalen DVD-Ausgaben des Films auch nicht gerade Gutes zu lesen. Für die hiesigen Kinos ist dieser Hawks-Western übrigens ausschließlich in der um rund eine halbe Stunde gekürzten 92-Minuten-Schnittfassung verliehen worden: zuerst 1951 von Columbia als Panik am roten Fluss und, nachdem er seit 1958 komplett aus dem Verleihprogramm verschwunden war, 1964 nochmal von United Artists, dafür erstmalig unter dem Originaltitel Red River.
Was die beiden auf der aktuellen BD-Ausgabe vertretenen Schnittfassungen anbelangt – die Vorab-Schnittversion mit 133 Minuten und die offizielle Verleihversion mit 127 Minuten –, spart die Verleihversion u. a. dadurch Zeit ein, dass sie auf die in der Vorabschnittversion eingeblendeten Tagebucheintragungen verzichtet und stattdessen auf per voice-over von Walter Brennan gesprochene, verbindende Kommentare setzt. Dadurch konnten die Übergänge schneller geschnitten werden. Dazu ist allerdings bemerkenswert, dass es diesen subtilen, aber dennoch markanten Unterschied in der Erzählstruktur beider Fassungen ausschließlich in der englischen Originalversion, jedoch (zumindest was die TV-Version betrifft) nicht in der deutschen Synchronfassung gibt. Letztere liefert nämlich die Brennan-Kommentare, eingesprochen von Bum Krüger, noch zusätzlich. Das mag zwar einige der heutigen Puristen stören. 1968 war es aber – und in den Fünfzigern per se – noch absolut selbstverständlich auch Texteinblendungen einzudeutschen – etwas, das übrigens die Disney Studios für die geplante deutschsprachige Fassung von Schneewittchen im Jahr 1938 sogar selbst gemacht haben. Im Falle von Red River wäre dies wohl wegen der Überblendungen technisch zu schwierig geworden, so dass man sich für die den eingeblendeten Texten entsprechenden Kommentare von Bum Krüger entschieden hat. Zur deutschen Synchronfassung sei noch angemerkt, dass diese in der Übertragung sowohl in den Dialogen als auch im Charakter der gewählten Sprecher der jeweiligen Entsprechung im englischen Original so überzeugend nahe kommt, dass es besser wohl kaum machbar ist. Wer wie diverse Puristen dazu dennoch nur die Nase rümpfen mag, dem ist schlichtweg nicht zu helfen.
Was es landauf landab zum Finale zu Lesen gibt, wirft jedoch Fragen auf. Demnach müsste nämlich die finale Konfrontation zwischen Matthew Garth und Tom Dunson in der Vorabschnittversion markant, also merklich, länger sein. Zwischen beiden auf der BD gespeicherten Versionen konnte ich dazu allerdings keine Unterschiede feststellen! Auch die bis auf wenige Sekunden übereinstimmenden Lauflängen dieser Passage in beiden Fassungen stützen diese Aussage.
Bei der Bildqualität vermag ich nicht vorbehaltlos in die angelsächsischen Lobeshymnen einzustimmen. Sicher ist: Das jetzt erstmalig in HD Gezeigte sieht (wobei sich beide Filmversionen technisch punktuell durchaus mehr oder weniger deutlich unterscheiden) insgesamt eindeutig besser aus als das, was man von sämtlichen früheren TV-Ausstrahlungen kennt.
Spitzenwerte werden beim Bild jedoch absolut nicht erreicht. Dafür fehlt es einfach an den in brillanten Schwarzweiß-Präsentationen hervorstechenden feinsten Abstufungen der Grauwerte vom reinen Weiß hinunter bis zum satten Schwarz. Davon kann hier nämlich nur deutlich eingeschränkt die Rede sein. Selbst in den besten Momenten erscheint die Graustufendifferenzierung nicht annähernd ausgereizt. In diesen Teilen sieht der Film zwar sehr ordentlich aus und auch in den übrigen Teilen ist der Bildeindruck immer noch sehr respektabel, aber das fehlende Quantum an Frische macht zugleich das Alter unübersehbar. Das gilt besonders, wenn in einigen Passagen die ansonsten gute, gelegentlich auch sehr gute Schärfe einknickt und alles im wahrsten Wortsinn unübersehbar alt aussehen lässt. Exakt diesen Eindruck unterstreichen auch die immer wieder erkennbaren leichteren Bildschäden, wie Kratzer und Laufstreifen sowie in besonderem Maße das durchweg präsente, meist äußerst kräftige Filmkorn. Dazu bleibt als Fazit allein, dass das derzeit zur Verfügung stehende Bildmaterial leider doch klare Grenzen aufzeigt.
Am Ton gibt es dagegen kaum etwas zu beanstanden. Das englische Original und auch die deutsche Synchronfassung wirken überwiegend sauber und recht frisch. Bereits die Unterteilung in jeweils 31 Kapitel ist in jedem Fall sehr professionell. Drum dürfte es für die meisten Interessenten verschmerzbar sein, dass allein zur in HD untergebrachten Vorabschnittversion beliebige Indexmarken gesetzt und wieder gelöscht werden können.
Fazit: Howard Hawks meisterlicher Western Red River ist jetzt auch hierzulande in solider HD-Qualität auf Blu-ray erhältlich. Auch wenn bildtechnisch längst nicht derart gut wie erhofft, so ist die nun verfügbare HD-Ausgabe der Asbach-uralt-TV-Videofassung doch eindeutig überlegen. Sie ist daher in jedem Fall eine klare Empfehlung wert.
Zur Erläuterung der Wertungen lesen Sie bitte unseren Hinweis zum Thema Blu-ray-Disc versus DVD.