Five Divertimentos | Serenade

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
24. November 2017
Abgelegt unter:
Klassik

Leó Weiner: Five Divertimentos | Serenade

Leó Weiner (1885–1960) hat für den Aufbau des ungarischen Musiklebens Unschätzbares geleistet. Er wirkte insbesondere als Kammermusiklehrer und hat unzählige Nachwuchsmusiker ausgebildet. Zu seinen berühmtesten Schülern zählen der Pianist Géza Anda sowie die Dirigenten Antal Doráti, Fritz Reiner und Georg Solti. Der Komponist Weiner, der weder ein Moderner und erst Recht kein Wegbereiter der Avantgarde war, blieb stets einem spätromantischen Stil verpflichtet, der gelegentlich Einflüsse des Impressionismus zeigt und welchen er fortlaufend verfeinert hat. Dem ist es wohl auch geschuldet, dass er international immer noch klar im Schatten seiner berühmten Studienkollegen Béla Bartók und Zoltan Kodaly steht, auch vielen Klassikfreunden kaum bekannt ist.

Dabei wirkt Weiners Musik trotz ihrer ausgeprägten Verbundenheit mit der Tradition keineswegs altbacken oder langweilig. In der vom in Tallinn beheimateten Staatlichen Symphonieorchester Estlands unter der Leitung ihres Chefdirigenten Neeme Järvi mit Elan und Spielfreude dargebotenen, charmanten Serenade und den ebenso reizvollen, tänzerischen Divertimenti besitzt sie dank der unüberhörbaren Einflüsse ungarischer Volksmusik eine unmittelbar besonders ansprechende, lebendige, häufiger auch feurige Note. Untertitel wie „nach alten ungarischen Tänzen“ zum 1. Divertimento, das übrigens dem späterhin berühmten Dirigenten Fritz Reiner (siehe dazu auch „Living Stereo“) gewidmet ist oder „Ungarische Volksweisen“ zum 2. Divertimento sprechen bereits eine eindeutige Sprache. Und so fußt das, was es dazu dann in diesen sämtlich leichtfüßig daherkommenden, unmittelbar eingängigen Stücken zu hören gibt, eindeutig auf dem, was dem Hörer von den Lizt’schen Ungarischen Rhapsodien bzw. den Ungarischen Tänzen eines Johannes Brahms bekannt ist. Das positioniert diese feine und so kurzweilige CD-Produktion geradezu als vielleicht ideales Leó-Weiner-Einsteiger-Album. Dass dieses dann auch noch satte 83 Minuten Spieldauer umfasst, erfreut noch zusätzlich.

Entsprechend bleibt zu hoffen, dass dieses Produkt nicht das letzte Chandos-Weiner-Album bleiben wird, sondern man uns vielmehr weitere seiner wichtigen orchestralen Schöpfungen in vergleichbar ambitionierten Einspielungen vorlegen wird: z.B. das von Georg Solti geschätzte Ballett „Csongor und Tünde“, die Tondichtung „Toldi“ und ebenso Weiners bemerkenswerte Orchestration von Franz Liszts weltberühmter h-Moll-Klaviersonate, die als Ausdruck der Verbundenheit und zugleich wichtige Brücke zur Liszt-Tradition anzusehen ist.

© aller Logos und Abbildungen bei den Rechteinhabern. (All pictures, trademarks and logos are protected.)

Komponist:
Weiner, Leó

Erschienen:
2017
Gesamtspielzeit:
83:05 Minuten
Sampler:
Chandos
Kennung:
CHAN 10959
Zusatzinformationen:
Roderick Williams, Bariton; Estonian National Symphony Orchestra; Dirigent: Neeme Järvi

Weitere interessante Beiträge:

The Film Music of Ralph Vaughan Williams, Volume 2

The Film Music of Ralph Vaughan Williams, Volume 2

Somewhere in Time

Somewhere in Time

Prokofjew: Hamlet/Boris Godunow

Prokofjew: Hamlet/Boris Godunow

Hanussen/Der rote Rausch

Hanussen/Der rote Rausch

Cinemusic.de