Drei Männer im Schnee (Blu-ray)

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
23. Dezember 2010
Abgelegt unter:
Blu-Ray

Film

(5/6)

Bild

(5/6)

Ton

(3.5/6)

Jahrelang war sie aus den Programmen der TV-Sender verschwunden, jetzt ist sie für den Heimbereich wieder zurück: Regisseur Kurt Hoffmanns (Ich denke oft an Piroschka) reizende Verfilmung des Erich-Kästner-Romans Drei Männer im Schnee (1955) ist seit dem 3. Dezember 2010 erstmalig als Silberling und zwar nicht nur im soliden DVD-Format, sondern auch in High Definition (HD) als Blu-ray erhältlich. Und da kommt sie sehr passend. Ist doch der im Hauptteil vor tief verschneiter österreichischer Alpenkulisse spielende Film wohl den meisten Lesern gerade als ein vergnügliches Schmankerl zur Weihnachtszeit in Erinnerung.

4231Der Film erzählt ein modernes Märchen: Die Geschichte eines kauzigen, aber gutmütigen Millionärs, Geheimrat Schlüter, der in die Rolle des armen Schluckers schlüpft, um das Verhalten seiner Mitmenschen zu testen. Als solcher begibt er sich als Gewinner eines Preisausschreibens in ein luxuriöses Berghotel. Zwar begleitet ihn sein Diener, der sich jedoch als vermögender Geschäftsmann einmieten und vorgeben muss, ihn nicht zu kennen. Dort freunden sich die beiden rasch mit einem echten armen Schlucker, dem arbeitslosen Dr. Hagedorn an, der in besagtem Preisausschreiben ebenfalls gewonnen hat.

Selbstverständlich hat das engere soziale Umfeld des Geheimrates, in Form des reizenden Töchterleins, zusammen mit dem Diener und der schrulligen Hausdame ein wohlmeinendes Komplott gegen den törichten Plan des Herrn Papa geschmiedet. Doch die über die Anreise eines als Habenichts getarnten Millionärs vorgewarnte Leitung des Grandhotels hält den falschen, nämlich Dr. Hagedorn, für den Angekündigten. So nimmt eine von bissigen und spritzigen Dialogen sowie turbulenter Situationskomik getragene, aber zugleich verschmitzt-warmherzige Komödie der Irrungen und Wirrungen ihren Lauf. Natürlich wird der für mittellos gehaltene Inkognito-Millionär erwartungsgemäß von der Hotelleitung schikaniert. Durch die täglichen — natürlich heimlich erfolgenden — Infoanrufe des Dieners beunruhigt, begeben sich das Töchterlein nebst Hausdame schließlich auf die Reise, um alles aufzuklären. Als sie im Grandhotel auftauchen, kulminieren die Ereignisse, und am Schluss steht der wahre Habenichts, Dr. Hagedorn, als ganz großer Gewinner da.

Beim Wiedersehen mit beliebten Darstellern der Fifties, wie Paul Dahlke als Geheimrat Schlüter (der „olle“ Schlüter), Günther Lüders als Diener (Herr Kesselhut), Claus Biederstaedt als Dr. Hagedorn, Nicole Heesters als Tochter des Geheimrates (Hilde Schlüter) oder der unvergesslichen, liebenswert schrulligen Margarete Haagen (siehe auch Die Immenhof-Saga) als schusseliger Hausdame Kunkel (Tante Julchen), kommt zweifellos auch eine gehörige Portion Nostalgie mit ins Spiel.

Regisseur Kurt Hoffmann (1910-2001) war insbesondere in den 1950ern Fachmann für spritzige und mitunter auch farbenprächtige Unterhaltungsfilme, wie Ich denke oft an Piroschka (1955) oder Das Wirtshaus im Spessart (1956) (beide übrigens mit Lilo Pulver). Er zeichnet aber auch für zwei der gelungensten Kästner-Adaptionen (in Schwarz-Weiß) verantwortlich: neben der hier vorgestellten Drei Männer im Schnee die ein Jahr zuvor, ebenfalls in Zusammenarbeit mit dem Autor, produzierte Das fliegende Klassenzimmer (1954).

Freilich hat der Handlungsrahmen von Drei Männer im Schnee, der in den Tagen des langsam in Fahrt kommenden bundesrepublikanischen Wirtschaftswunders entstand, mittlerweile charmante Patina angesetzt. So zeitgebunden allerdings die geschilderten Lebensumstände wie auch die Interieurs erscheinen, die im Zentrum der Geschichte stehenden pfiffigen wie warmherzigen Charakterstudien sowie deren einfühlsam und häufig satirisch gezeichnete zwischenmenschliche Konflikte sind jedoch wie auch in den meisten anderen Kästner-Stoffen weitgehend zeitlos. Mit behutsamer und versierter Hand vorgenommene Modernisierungen vertragen die Kästner-Romane nämlich durchaus, wie gerade einige der jüngeren Neuverfilmungen belegen, z. B. Das fliegende Klassenzimmer (2002, Regie Tomy Wigand). Auch für die inzwischen so nostalgisch wirkende 1955er Leinwandadaption Drei Männer im Schnee ist diese Aussage weitgehend passend, stammt doch das Buch bereits aus dem Jahr 1934 — freilich waren nur geringfügige Änderungen erforderlich, um den Stoff in die 50er Jahre zu übertragen. Dass gerade die in den 1970ern gedrehten Kästner-Remakes, Das fliegende Klassenzimmer (1973) und ebenso die völlig untergegangenen Drei Männer im Schnee (1974), nur als verunglückt bezeichnet werden können, sei nur angemerkt.

Wie in seinen besonders berühmt gewordenen Jugendbüchern vermittelt Kästner — der übrigens das Drehbuch zu Drei Männer im Schnee selbst verfasste, die satirischen Zwischentexte allerdings nicht selbst spricht — auch in dieser märchenhaft angehauchten, augenzwinkernden Gesellschaftskomödie ohne mahnend erhobenen Zeigefinger essentielle Grundwerte: Höflichkeit und respektvollen Umgang miteinander, wobei auch die Sympathie für die ganz kleinen Leute nicht unter den Tisch fällt. Das funktioniert denn auch bei den Drei Männern prächtig und sorgt in einer an sich leichtgewichtigen, kurzweiligen Unterhaltung immer wieder für Momente, in denen neben einer gehörigen Portion menschlicher Wärme gelegentlich auch ein wenig Nachdenklichkeit zum Tragen kommt. Und das ist es, was dieser Komödie zugleich einen Hauch von Tiefe und ganz besonderen Charme verleiht.

Drei Männer im Schnee auf Blu-ray & DVD

Universum Film bringt den Film erfreulicherweise nicht nur als technisch überarbeitete alte Videofassung, sondern als komplett neu erstellten HD-Transfer auf Blu-ray und DVD auf den Markt. Was man hier nun zu sehen bekommt, das ist zwar nicht perfekt, aber ebenso eindeutig (!) erheblich besser als die bislang von Videokassette oder auch aus dem Fernsehen bekannten, sehr soften, wenig detailfreudigen Bilder. Insbesondere die Blu-ray spielt hier dank überwiegend sehr guter Detailschärfe und dem in feinen Grauabstufungen detailliert durchzeichneten Schwarz-Weiß-Bild klar ihre Trümpfe aus: denn auch Schwarz-Weiß-Film besitzt eindeutig HD-Potenzial.

Als Schwachpunkte sind gelegentlich zu sehende Bildschäden, etwas Bildgriesel sowie der in einigen Szenen recht unruhige Bildstand zu erwähnen. Vermutlich handelte es sich beim für den Neutransfer vorliegenden Filmmaterial nicht um ein in Topzustand befindliches Original-Negativ bzw. eine optimal gelagerte, praktisch neuwertige Archivkopie, sondern um eine, die durch häufigen Einsatz diverse Beschädigungen aufweist. Entsprechend sind trotz digitaler Retusche gelegentlich Reste der Gebrauchsspuren (Laufstreifen, Kratzer etc.) sichtbar, und der mitunter problematische, dezentes Flackern verursachende Bildstand rührt wohl von Schäden in der Perforation her. Dabei sollte man die erkennbaren Mängel aber nun nicht überdramatisieren: In erster Linie ist es nämlich die nur rund 30 Sekunden umfassende Ski-Montage (zu Beginn von Kapitel 4), welche aufgrund ihrer diversen Laufstreifenreste das Alter der Kopie deutlich erkennen lässt. Und das gilt auch für das gelegentliche Flackern des Bildes, welches in erster Linie bei größeren Bilddiagonalen etwas störend ins Gewicht fallen dürfte.

Auf der Habenseite ist dafür allerdings des Weiteren der jetzt insgesamt sehr frisch und sauber, ohne die bei alten Filmen häufig zu beobachtenden Zischlaute, erklingende Mono-Ton zu verbuchen. Das gilt ebenfalls für das gegenüber den bisherigen Transfers jetzt erstmalig im korrekten Seitenverhältnis (!) abgetastete Bildformat (1 : 1,37). Bei alten Videotransfers erkennt man regelmäßig an den seitlich mehr oder weniger deutlich beschnittenen Rollentiteln das Overscanning, d. h. es wurde ins Bild hineingezoomt. Entsprechend fehlen dann an sämtlichen Bildrändern Informationen.

4233Boni gibt’s allerdings keine. Es findet sich nur eine Trailershow der Kategorie Eigenwerbung. Aus diesem Grund entfällt eine Wertung unter der Rubrik Ausstattung. Die Unterteilung des rund 90-minütigen Films in 12 Kapitel ist in Ordnung. Ein Auffinden gewünschter Szenen gestaltet sich somit recht komfortabel.

Bei nicht optimaler Materialsituation sind voll befriedigende Ergebnisse bei Filmtransfers trotz anschließender aufwändiger Restauration längst nicht immer machbar. Aber selbst wenn die vorhandenen Fehler sauber korrigiert werden können, dann ist dies meist nur mit viel Aufwand erreichbar. Derartiges erfordert Zeit und entsprechend viel Geld. Anstatt jetzt übertrieben zu jammern, etwa dass ältere deutsche Filme nur unter 10 € angeboten werden dürften, und/oder naserümpfend mit entsprechenden Top-Produkten aus Hollywood zu vergleichen, sollte beherzt zugegriffen werden. Sonst muss man sich nicht wundern, wenn es hierzulande in punkto Aufbereitung der eigenen Filmschätze kaum vorangeht. Die Amerikaner sind da nämlich nur punktuell, aber nicht grundsätzlich überlegen: Klagen über mängelbehaftete US-Transfers und Restaurationen sind ebenfalls keine Seltenheit. In Hollywood fällt es allerdings deutlich leichter, das für einen auch aufwändigeren Transfer und soweit erforderlich daran anschließenden Restaurationsprozess erforderliche Geld locker zu machen. Aufgrund des viel größeren — nicht nur englischsprachigen, sondern zugleich internationalen — Marktes sind höhere Umsatzzahlen zu erwarten, und das macht es von vornherein erheblich einfacher, auch hohe Kosten wieder hereinzuholen.

Es gibt also allen Grund, die „Kirche im Dorf zu lassen“, es mit dem Klagen nicht zu übertreiben. Mit dem, was man jetzt auf Blu-ray und DVD zum lange Zeit verschwundenen Kästner-Film Drei Männer im Schnee erhält, kann man in jedem Fall sehr gut leben.

Fazit: Kurt Hoffmanns Drei Männer im Schnee zählt zu den sehr gelungenen Kästner-Verfilmungen und dürfte insbesondere für viele, die ihn noch aus Kindheitstagen kennen, ein mit beträchtlicher Nostalgie verbundener Spaßfaktor sein. Aber auch so mancher Filmfreund jüngeren Alters wird sich für diese charmante wie zeitlose Filmkomödie im Retro-Look erwärmen können. Handelt es sich hierbei doch um einen der vorbehaltlos vorzeigbaren Vertreter des Unterhaltungskinos der 50er, echter Wohlfühleffekt inklusive. Das ist sicher auch darauf zurückzuführen, dass hier ein wenig der Optimismus, die Aufbruchsstimmung der Wirtschaftswunderjahre mitschwingt.

Die DVD- und ganz besonders die Blu-ray-Präsentation ist, wenn auch beim Bild nicht perfekt, eine erhebliche Verbesserung gegenüber dem vom Film bislang von TV-Ausstrahlungen oder Videoaufzeichnungen Gewohnten. Und das rechtfertigt die klare Kaufempfehlung.

Zur Erläuterung der Wertungen lesen Sie bitte unseren Hinweis zum Thema „Blu-ray-Disc versus DVD“.

Dieser Artikel ist Teil unseres Spezialprogramms zum Jahresausklang 2010.

© aller Logos und Abbildungen bei MFA + Film Distribution e. K. (Universum Film). (All pictures, trademarks and logos are protected.)


Mehrteilige Rezension:

Folgende Beiträge gehören ebenfalls dazu:


Regisseur:
Hoffmann, Kurt

Erschienen:
2010
Vertrieb:
MFA + Film Distribution e. K. (Universum Film)
Kennung:
80477 9
Zusatzinformationen:
AUT 1955

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