Italo-Western-Special 8: Mein Name ist Nobody/Nobody ist der Größte

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
2. Oktober 2005
Abgelegt unter:
Special

Mein Name ist Nobody/Nobody ist der Größte

Als Regisseur und Produzent Sergio Leone Mein Name ist Nobody in Angriff nahm, stand die Uhr für Western auf „fünf vor Zwölf“. So stellt die Doku „Nobody is perfect — Leones Grabgesang auf den Western der alten Generation“ im vorliegenden DVD-Set treffend fest. Über rund 73 Minuten gibt’s hier kompetent dargeboten und sehr gut aufbereitet fast durchweg stimmige Informationen zu den komplexen Hintergründen der Produktion. Dabei bezieht sich die Doku in wichtigen Teilen auf die Aussagen eines recht langen Terence-Hill-Interviews aus dem Jahr 2003.

Mit C’era una volta il west • Spiel mir das Lied vom Tod (1968) gelang es Sergio Leone den Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen, die Eurowestern negativ gegenüberstanden. Allerdings wurde der Film in den USA zunächst ein Flop und ist erst mit erheblicher Verspätung in ungekürzter Fassung gezeigt worden. (Der auf der Bonus-DVD befindliche Trailer verdeutlicht die zuerst offenbar widerwillig und lustlos erfolgte US-Vermarktungsstrategie.) Der Film gilt als europäisch-intellektuelle Sicht auf die Merkmale des US-Western-Genres, welche er seziert, ins Extreme steigert und dabei m. E. mitunter auch überdehnt. In seinen unzähligen extremen Großaufnahmen und den auf kleinste Details fixierten langen Einstellungen passiert insgesamt (zu) wenig. Hier läuft der Film auf die Dauer Gefahr, sich zu verlieren und den Betrachter zu ermüden, zumal die Geschichte im Prinzip eher dünn ist.

Die deutsche Version verfälscht übrigens bereits durch ihren Titel Spiel mir das Lied vom Tod, der, natürlich nur in der deutschen Fassung, durch eine zweimalige, zusätzliche Dialogzeile „gerechtfertigt“ wird. So, wenn der tödlich verwundete Oberschurke Frank (Henry Fonda) von „Mundharmonika“, verkörpert von Charles Bronson, besagte Mundharmonika mit den zynischen Worten in den Mund gesteckt bekommt: „Spiel mir das Lied vom Tod“. Eine dem originalen Titel „Es war einmal im Wilden Westen …“ entsprechende märchenhafte Stimmung stellt sich im recht gewalttätigen und brutalen Geschehen eher zwischendurch ein, wenn sich epische Landschaftsaufnahmen in der Kopplung mit Morricones breit angelegten Themen zu herrlichen bildgewaltigen Eindrücken verdichten. Spiel mir das Lied vom Tod gilt damit in besonders ausgeprägtem Maße als ein Film der schönen Bilder und Stimmungen. Gerade diese sind nämlich im Bewusstsein derer, die den Film gesehen haben, besonders fest verankert und machen einen entscheidenden Teil seines unbestrittenen Reizes, aber auch seiner m. E. etwas überzogenen Wertschätzung aus.

1690C’era una volta il west und Mein Name ist Nobody stehen sich nahe, verhalten sich in manchem spiegelbildlich zueinander. Ist im ersteren der Wilde Westen abseits der schönen visuellen Momente aus Musik und Landschaftspanoramen ein eher ungemütlicher und brutaler Ort, an dem Gewalt und Habgier herrschen, geht der zweite Spielfilm mit den Mythen des klassischen Westerns ungleich romantischer und wärmer um. Mein Name ist Nobody nimmt eindeutig Bezug auf John Fords Der Mann, der Liberty Valance erschoss (1961). Er fokussiert damit ganz besonders auf die Art und Weise, wie die Western-Legenden gemacht wurden. Dieses Mal aber nicht im Sinne der stilisierten Rachestory von C’era una volta il west, sondern in Form eines warmherzig und zugleich ironisch-märchenhaft gespiegelten Generationenkonflikts: Dessen Protagonisten sind der alternde Revolverheld Jack Beauregard verkörpert von Westernlegende Henry Fonda und der jungenhaft frisch und schnoddrige Nobody, verkörpert von Terence Hill. Die Handlung und szenischen Einfälle sind allerdings nicht streng logisch konzipiert, sondern vielmehr im Sinne einer vieldeutigen Sammlung von Genre-Zitaten, Hommagen und Metaphern um die Mythen des Westerns an sich gestrickt.

Jack Beauregard stellt ernüchtert fest, dass es die guten alten Zeiten des Westens in der Realität nicht wirklich gab und will sich ins „Alte Europa“ absetzen. Dabei kommt ihm Nobody in die Quere, der ihn sowohl zur Legende machen will als auch in seine Fußstapfen treten möchte. Originellerweise verfügt Terence Hill über entsprechend superblaue Augen wie sein Widerpart die Kino- und Westernlegende Henry Fonda, dessen wichtigste Westernauftritte abseits des bereits genannten C’era una volta il west sind: Drums along the Mohawk (1939), Jesse James (1939), The Oxbow Incident (1943), Tombstone (1946), Fort Apache (1948), The Tin Star (1957), Warlock (1959), How the West was Won (1961) und There was a crooked Man (1970).

Vier Fäuste für ein Hallelujah (1971) und Verflucht, verdammt und Hallelujah (1972) von Regisseur Enzo Barboni machten Terence Hill alias Mario Girotti zum Star. Diese beiden Slapstick-Western leben nicht zuletzt durch ihre salopp-frechen Sprüche, etwas, was auch auf Mein Name ist Nobody ausstrahlte. Dem, was mitunter vielleicht etwas sehr dem übertriebenen Slapstick verpflichtet erscheint, wird jedoch grundsätzlich bereits im schwarzhumorigen Sarkasmus der Dollar-Trilogie der Weg bereitet.

Dass sich Leone gerade für die Umsetzung des Nobody-Stoffes sehr stark machte, diesem Film also großen Stellenwert zugemessen hat, daran lassen die Anmerkungen von Terence Hill im o. g. Interview keinen Zweifel. Daran ändern auch die zwischenmenschlichen Probleme nur wenig, welche die Produktion klar überschatteten und für die offenbar Sergio Leone in besonderem Maße verantwortlich gewesen ist. Im Resultat primär eine eher verunglückte Kombination zweier divergierender und damit letztlich unvereinbarer (Film-)Teile — von Leone und Regisseur Toninono Valerii — zusehen, dem kann ich mich nicht anschließen. Nach dem, was man aus Aussagen über die Person Sergio Leones mit ziemlicher Sicherheit entnehmen kann, ist, dass er ein schwieriger, überaus ehrgeiziger und dabei offenbar auch nicht besonders fairer Mensch war. Einer, der seine Antworten zu einer Sache offenbar sehr vom Gesprächspartner abhängig machte, also sehr ausgeprägt zur Manipulation neigte. Er war wohl auch eifersüchtig darauf bedacht, den Ruhm nicht zu teilen, was auch die lang andauernden Streitereien mit Valerii erahnen lassen.

1691Man schreibt das Jahr 1899. Die bevorstehende Jahrhundertwende ist zugleich Sinnbild für den vielschichtig angelegten Konflikt zwischen Jung und Alt, sie steht hier für den Generationenwechsel. „Wer bleibt am Ende übrig?“ fragt Nobody und antwortet darauf selbst in gewohnt lässiger Weise: „Niemand!“. Entsprechendes gilt ja auch für die neue (junge) Generation, welche die Welt von den Alten am Ende zwar übernehmen wird, aber eben nur leihweise, bis die nächste Generation herangewachsen ist und wiederum das Erbe beansprucht.

Nobody stellt Beauregard vor schwierige und unbequeme Aufgaben, macht sich dabei mitunter auch (scheinbar) über den Alten lustig: Sie werden zu Freunden. Ein Höhepunkt des Films ist die märchenhaft stilisierte Konfrontation mit der Wilden Horde Samuel Peckinpahs (The Wild Bunch) — der zuvor grimmig sarkastisch auf einem Friedhof, sechs Fuß unter der Erde ruhend, lokalisiert worden ist. Im Rahmen eines fingierten Showdowns, der vor der pittoresken Kulisse des alten New Orleans fantastisch in Szene gesetzt ist, tritt Beauregard schließlich von der offiziellen Bühne ab. Dabei gibt es nicht nur viele Zuschauer, sondern natürlich ist auch ein das Ereignis einfangender Fotograf zur Stelle, der zugleich „Regie“ führt. Den außerhalb des Bildausschnitts im Sucher stehenden Nobody weist dieser liebevoll ein, damit das Ableben Beauregards sowie dessen Verursacher und Nachfolger Nobody optisch einwandfrei für die Nachwelt festgehalten werden kann.

Am Schluss steht eine besonders schöne Szene, angesiedelt im malerischen Hafen von New Orleans. Beauregard befindet sich an Bord eines Schiffes, das sinnigerweise den Namen Sundowner trägt und verfasst einen Abschiedsbrief an seinen Freund Nobody, in dem er elegisch wehmütig über die Vergangenheit resümiert und nicht ohne Optimismus über die Zukunft spekuliert. Zur romantischen Hafenszenerie mischt sich Ennio Morricones stimmungsvolle Musik überaus gelungen mit den Worten des Off-Erzählers. So kann sich also Jack Beauregard auf der Sundowner beruhigt auf den Weg machen, in das „Alte Europa“ und zugleich in den Sonnenuntergang seines Lebens …

Mein Name ist Nobody ist wohl kein ganz großer Film, für mich war und ist er allerdings ein besonders fantasievoller und nicht zuletzt wegen seiner Warmherzigkeit besonders nahe gehender romantischer Abgesang und überhaupt eine prächtige Liebeserklärung an das Westernkino. Hier bringt Sergio Leone (zusammen mit Tonino Valerii) den Mythos, den er so verehrte und dessen Teil er ja schließlich selber geworden ist, liebevoll parodierend zu einem lyrisch-poetischen Abschluss, der John Ford alle Ehre macht. Und dazu passt auch die den Film in typischer Leone-Manier eröffnende rund 10-minütige Sequenz, in der drei gedungene Killer Beauregard im Frisiersalon eine tödliche Falle stellen wollen. Zwar ist die Ähnlichkeit mit der Eröffnungssequenz von C’era una volta il west unübersehbar, aber die „Replik“ erweist sich bei genauerem Hinsehen als Selbstparodie, die sämtliche Leone-Klischees charmant vereint und durch das Ticken des Weckers überspitzt. Dies wird spätestens deutlich, wenn sich Nobody am Schluss selbst auf dem Barbierstuhl sitzend eines lebensverlängernden Rates von Beauregard erinnert …

1693Ich votiere daher dafür, Mein Name ist Nobody, ob seiner jugendlichen Unbeschwert- und Verschmitztheit und seines über weite Strecken lyrisch-poetischen Charmes, nicht zu unterschätzen und zu sehr im Schatten von C’era una volta il west anzusiedeln. Durchströmt von Leichtigkeit, spritzigem Humor und gewürzt mit einer kräftigen Prise Ironie ist es eine wunderschöne und sehr romantische Kinounterhaltung. Auf das Konto von Rainer Brandt gehen die in der deutschen Synchronfassung zusätzlich eingefügten flapsigen Sprüche, welche die generelle humoristische Grundtendenz des Films kräftig unterstreichen. Ob dabei nun in jedem Einzelfalle der berühmte Nagel auf den Kopf getroffen wird, darüber kann man sicher geteilter Meinung sein. Besagte Spaßeinschübe werden mitunter als allzu manierierter Mode-Gag der 70er Jahre (im Kielwasser der TV-Serie Die 2) angesehenen. Immerhin, auch bei der jüngsten Wiederbegegnung mit dem Film — immerhin knapp ein Vierteljahrhundert nach der Premiere — gelang es mir, ähnlich spontan amüsiert zu reagieren wie ehedem. Das ist zumindest kein ganz schlechtes Zeichen, oder? Thomas Danneberg lieh in der deutschen Fassung übrigens Terence Hill die Stimme, Henry Fonda ist von Wilhelm Borchert synchronisiert worden.

Demgegenüber fällt Nobody ist der Größte (1975), bei dem der aus dem Politthriller-Genre stammende Damiano Damiani Regie führte, um Längen ab. Seine Story wirkt eher holprig und zusammengestückelt. Letzteres, weil andauernd irgendwelche Figuren mit bedeutend erscheinenden Mienen auftauchen, die anschließend umso schneller und ohne Erklärung wieder abtauchen. Manches erscheint hierbei nicht nur arg seltsam, auch die Haupthandlung kommt eher schlecht als recht in die Gänge. Dafür steht z. B. auch die hierzulande erstmalig zu sehende Bordell-Sequenz, die in ihrem fast schon Fellini-haften Flair geradezu merkwürdig erscheint. Im Plot geht es um einen korrupten Major, der die Indianer im Reservat um die ihnen zustehenden Gelder, insgesamt 300.000 $ betrogen hat; Geld, das ihm „Nobody“ und sein Kumpan letztlich abjagen und zurückgeben.

Für das fertige Produkt kann man nur wenig lobende Worte finden. Abgesehen von einigen ansprechenden und unterhaltsamen Momenten (z. B. mit Klaus Kinski), wirkt der Film wie eine mitunter arg gewollt auf Komödie getrimmte, insgesamt recht verworrene Mixtur unkoordinierter Handlungsstränge. Der Grundton ist zwar sehr sarkastisch, aber Lichtjahre vom Biss der frühen Dollar-Filme Leones entfernt. Überhaupt wirkt alles an diesem Streifen eher lustlos, ist bestenfalls noch routiniert gemacht. Weder die blasse Handlung vermag zu überzeugen, noch ist die Kinematografie wirklich dazu in der Lage, dem Ganzen durch reizvolle Optik Leben einzuhauchen. Und entsprechend farblos, uninspiriert und unüberhörbar stark gealtert wirken die Klänge Ennio Morricones, die einem (wie der Rest) kaum in Erinnerung bleiben wollen. (In der Wertung ist ein kleiner Sympathiezuschlag für das Kino Sergio Leones enthalten.)

Der Film ist zudem überhaupt kein echter Nobody-Nachfolger, schon da die Filmhandlung chronologisch deutlich früher, ca. 15 Jahre vor der von Mein Name ist Nobody angesiedelt ist. Der von Terence Hill verkörperte Charakter ähnelt zwar eindeutig dem Nobody des 1973er Films, in der englischen Synchronfassung agiert dieser jedoch als Joe Thanks. Beim genaueren Hinsehen entpuppt sich Un Genio oder The Genius, wie der Film in Italien bzw. den USA betitelt wurde, als schlichte „deutsche“ Mogelpackung — hierzu siehe auch Django — Unbarmherzig wie die Sonne.

Auf der zugehörigen Bonus-DVD wird die desaströse und zugleich mysteriöse Entstehungsgeschichte gut dargestellt, in der rund halbstündigen Doku „Nobody is Half as Good As You: Leones letzter Western“. Zusammen mit der o. g. Dokumentation in den üppigen Extras zu Mein Name ist Nobody wird ein guter Überblick über die Geschichte des Eurowesterns à la Leone in jener Zeit vermittelt. Als der letzte Western des italienischen Regisseurs ist Nobody ist der Größte zwar kein bewegender, aber filmgeschichtlich immerhin nicht gänzlich belangloser Teil des europäischen Westerns. Wer sich für (europäische) Western im Allgemeinen und die Sergio Leones im Speziellen interessiert, dürfte daher mit dem gegenüber den beiden DVD-Einzelausgaben der beiden Filme etwas preiswerteren 4er-DVD-Doppel-Set gut bedient sein.

Nobody for Everybody! Weitere Infos zur DVD-Edition:

Besondere Erwähnung verdient das umfangreiche Bonusmaterial, das auf jeweils der zweiten DVD neben den erwähnten wertvollen Dokus mit weiteren Überraschungen aufwartet. Da finden sich Kollektionen mit „Sammlerstücken“, in denen man unter anderem Plakatmotive, Aushangfotos wie auch Materialien zu LP-, CD- und Videoveröffentlichungen — unterlegt mit Filmmusik — einsehen kann. Zu jedem Film gibt’s außerdem eine Präsentation schwer zugänglicher Pressehefte und sonstiger zeitgenössischer Werbematerialien.

Beide Filme sind für diese Edition(en) komplett neu, im korrekten Scope-Seitenverhältnis (1: 2,35) transferiert und zugleich in voller Lauflänge restauriert worden. Besonders vorzüglich ist dabei der High-Definition-Transfer von Mein Name ist Nobody geraten. Dank eines in gutem Zustand befindlichen Duplikat-Negativs, dem Einsatz modernster digitaler High-Definition-Abtastung — mittels einer Spirit-Datacine — und anschließend gekonnt eingesetzter Bild-Restaurationstechniken ist man zu einem exzellenten, fast makellosen Ergebnis gekommen.

Das Negativ wurde mit maximaler, das 5-fache des PAL-Video-Standards entsprechender Auflösung (!) mit 1920 x 1080 Pixeln abgetastet. Wobei jedes Einzelbild progressiv, also als Vollbild (nicht Halbbild) ausgelesen worden ist. Die erzielte, bereits gute Qualität konnte durch weitere, zum Teil mühevolle Bearbeitungsschritte in den Farben und beim Schärfeeindruck noch erheblich verbessert werden. Ebenso verursachten die infolge Alterung verhärteten Klebestellen des Negativs (immerhin ca. 600) bei der Abtastung zusätzliche Probleme beim Bildstand, die besonders zeitaufwändig, weitgehend von Hand, minimiert worden sind. In der Doku „Nobody Dusted — Der Film vor und nach der Restauration“ findet der Käufer dazu eindrucksvolle Belege. Wobei diese Dokumentation zugleich die Ende der 60er Jahre mit 8-mm-Film begonnene Entwicklung des Heimkinos interessant beleuchtet. Auf der Homepage von TLE-Films findet der Interessierte übrigens noch weitere Informationen zum Restaurationsprozess und ebenfalls Bildbeispiele, wo beispielsweise auch die Körnigkeit im Ausgangsmaterial zu sehen ist.

Ebenso liebevoll wie beim Bild ist man beim Ton zu Werke gegangen. Anstelle eines oftmals eher zweifelhaften, künstlich stereophon aufgeblasenen, so genannten „Upmix“, hat man den vom Zahn der Zeit hörbar angeschlagenen Mono-Lichtton wieder in Top-Form gebracht. Von den vorhandenen Zischlauten und weiteren Störungen ist nichts übrig geblieben. Beide Filme (und auch die zugehörigen Dokumentationen) sind sowohl mit der deutschen als auch der englischen Tonfassung ausgestattet, mit optionalen Untertiteln in Deutsch und auch in Englisch.

Das Gesamtresultat der Bild- und Ton-Restauration kann sich mehr als nur sehen lassen. Das in Teilen geradezu plastisch erscheinende, überaus detaillierte und scharfe Bild erscheint praktisch makellos. Es wird durch einen frischen und räumlichen Ton ergänzt, bei dem man fast vergisst, dass er nur von einer Mono-Lichtonspur (mit zwangsläufig eingeschränktem Frequenzgang) stammt. Die Feststellung von TLE-Films „Nie hat Mein Name ist Nobody besser ausgesehen“ kann ich also nicht nur widerspruchslos stehen lassen, sondern sogar noch ergänzen: „ … und niemals hat er besser geklungen!“

1696Der geheimnisvolle Verlust von großen Teilen des originalen Kameranegatives von Nobody ist der Größte hinterließ bereits in der Postproduktionsphase des Films unauslöschliche Spuren. Aber auch hier haben die Techniker von Technicolor in Rom sowie die den DVD-Produktionsprozess ausführenden Macher von TLE-Films Beachtliches geleistet, die in Teilen (besonders im letzten Viertel des Films) unübersehbaren und nachträglich unauslöschlichen Bild-Mängel in Grenzen zu halten. Und erstmalig sind die in der deutschen Fassung fehlenden Szenen — insgesamt rund 10 Minuten — zu sehen. Diese sind aufwändig nachsynchronisiert und insgesamt ist der MONO-Ton hier ebenso erstklassig aufgefrischt worden wie der des „ersten“ Nobody-Films. (Bei Mein Name ist Nobody klingt übrigens der englische Ton sogar noch spürbar voller und natürlicher.)

Entsprechend gibt’s bei der vorliegenden DVD-Edition unterm Strich nicht wirklich etwas zu beanstanden. Höchstens marginale Kleinigkeiten könnten angemerkt werden, die aber primär im Bereich des individuellen Geschmacks angesiedelt werden müssen. Alles in allem sieht und spürt man die Liebe zum Sujet wie auch die an den Tag gelegte Sorgfalt, aber ebenso den Spaß, den die Macher — abseits der zweifellos mühsamen Detailarbeit — bei dieser Produktion empfunden haben dürften. Das rechtfertigt in Sachen Ausstattung den Spitzenplatz und allgemein eine satte Empfehlung für das Produkt.

Die Filmmusik zu Mein Name ist Nobody

Ennio Morricone hat zur gelungenen Verneigung vor dem Westernkino eine pfiffige musikalische Untermalung geschaffen, die in der (Italo-)Western-Musikkollektion nicht fehlen sollte.

Nobodys Thema ist leichtfüßig, von jugendlich unbekümmertem Charme geprägt. Demgegenüber ist das Jack Beauregard zugeordnete Thema melancholisch ruhig und abgeklärt. Im Duktus ähnelt es — wie in der DVD-Doku stimmig angemerkt wird — dem bekannten Evergreen „My Way“, in der Interpretation von Frank Sinatra. Als Symbol für die nachgewachsene Generation erklingt das Nobody-Thema zumeist in besonders ausgeprägt mit Stilismen der Popmusik der 70er Jahre versehenen Arrangements — dabei wird gepfiffen, kommen Gitarre, E-Gitarre, Flöte aus dem Kinderzimmer und auch typische Synthesizer-Sounds der Ära zum Zuge. Es erklingt aber auch in nachdenklicherer, dem Beauregard-Thema ausdrucksmäßig merklich angenäherter Variante.

Als Dritter im Bunde fungiert die Musik, welche die Auftritte der Wilden Horde untermalt. Mittendrin hat der Maestro hier parodierend den Wagner’schen Walkürenritt implantiert. Er geht aber noch weiter, (über-)steigert bis zum Sarkasmus, indem der Chor nicht nur vokalisierend unterstützt, sondern schreiend agiert. Der Grad des Schreiens ist gegenüber Zwei glorreiche Halunken deutlich gesteigert. Hier gibt es, wenn auch auf insgesamt merklich höherem Niveau, durchaus Ähnlichkeiten zu den Klängen, die Peter Thomas für die Edgar-Wallace-Filme komponierte. Überhaupt erscheint Parodistisches und Skurriles immer wieder in der Musik durch: So in der Szene im Spiegelkabinett, wo das Thema Nobodys umrahmt von Mickey-Mousing-haften Klangeffekten, wie in einer grotesken Ballett-Szene erklingt.

Im Mein-Name-ist-Nobody-Score spiegeln sich zwar auch die Musiken der Dollar-Trilogie, aber besonders nahe stehende Verwandte und Bindeglieder sind im episch-opernhaften Spiel mir das Lied vom Tod und Todesmelodie (1970). Wobei letztere Komposition bereits besonders ausgeprägt mit skurrilen, auf die Nobody-Vertonung verweisenden Einschüben durchsetzt ist.

Besonders interessant ist das gegenüber dem alten LP-Schnitt mit rund 75 Minuten komplettierte CD-Album, erstmalig erschienen 2000 bei Screen Trax (Vertrieb: Intermezzo Media). 2004 legte GDM/Edel Italia den gleichen Albumschnitt von Screen Trax als Digipack mit anderem Cover nach. Allerdings ist das Gebotene über die Gesamtlänge nicht derart dicht und abwechslungsreich, wie das entsprechende Album zu Zwei glorreiche Halunken, wirkt als reines Höralbum insgesamt doch merklich redundanter. Durch Programmieren einer individuellen Zusammenstellung von ca. 50 bis 55 Minuten resultiert aber auch hier ein wiederum sehr stimmungsvolles und überaus unterhaltsames Hörerlebnis. Und da es auch beim Klang nichts zu beanstanden gibt, steht auch an dieser Stelle einer klaren Empfehlung nichts im Wege.

Italo-Western-Special 9: Für eine Handvoll Dollar/Für ein paar Dollar mehr

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