Schatten der Zeit

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
17. August 2005
Abgelegt unter:
CD

Score

(4/6)

Schatten der Zeit

Gert Wilden jr. ist nicht das erste Mal vertreten, gab bereits in 2002 mit Leo und Claire sein Cinemusic.de-Debüt. Schatten der Zeit, Regie Florian Gallenberger, startete am 12. Mai in den deutschen Kinos. Die tragische, bittersüße, ein ganzes Menschenalter umspannende Liebesgeschichte zwischen Ravi und Masha nimmt in einer Teppichfabrik in Kalkutta, im Indien vor der Unabhängigkeit, ihren Anfang. Der Komponist, Sohn von Gert Wilden Senior (siehe „Deutsche Filmkomponisten“), entwickelt seine Musik aus dem Liebesthema des Paares, das wiederum einem kurzen, sehnsuchtsvoll aufsteigenden Moll-Motiv entspringt, sich zur recht großformatigen Melodie entwickelt, die in „The Kiss“ auch als sehnsuchtsvolle, breit ausgespielte Orchesterkantilene ihren Auftritt erhält.

Wildens musikalischer Kommentar zu den Filmbildern ist eine geschickte Synthese aus tradierter abendländischer Orchestermusik und indischen Instrumenten und Klangfarben. Eine wichtige Rolle im Klangkonzept spielt beispielsweise die Bansuri, eine schlichte indische Bambusflöte. Diese wird oftmals zusammen mit ihren abendländischen Pendants Querflöte und dem melancholischen Englischhorn eingesetzt, was der Musik stimmungsmäßig besondere Reize verleiht. Weitere charakteristische Akzente setzen die Langhalslaute Tambura, welche im Klang der abendländischen Harfe ähnelt, und Santur, eine persische Hackbrett-Variante.

Die Musik zu Schatten der Zeit ist ein aus dem Gros der eher blassen Filmkompositionen im (nicht nur) deutschen Kino ein kleines Schmuckstück, das Wilden jr. als fähigen und subtilen sinfonischen Gestalter einer Filmhandlung präsentiert. Ein deutscher Komponist, der es ohrenfällig versteht, mit einem Orchester umzugehen und zwar ohne dabei mit Krampf auf modischen elektronischen Schnickschnack zuzugreifen. Seine melancholische, eher ruhig-elegische Musik zum Dietl-Film ist zwar weitgehend monothematisch, aber keineswegs langweilig, sondern recht vielfältig gestaltet. Sie sollte daher von aufgeschlossenen, entdeckerfreudigen Filmmusikfreunden neben den vielleicht auf den ersten Höreindruck spektakuläreren Kompositionen zu Hollywood-Blockbustern keinesfalls übersehen oder vielmehr überhört werden. Wertungsmäßig stehen an dieser Stelle dreieinhalb Sterne auf völlig sicherem Grund, mit etwas Rückenwind halte ich auch vier für noch vertretbar. Mögen diese dem schönen Album vielleicht zu etwas mehr Beachtung verhelfen.


Mehrteilige Rezension:

Folgende Beiträge gehören ebenfalls dazu:


Komponist:
Wilden, Gert Junior

Erschienen:
2005
Gesamtspielzeit:
47:10 Minuten
Sampler:
Colosseum
Kennung:
CST 8098.2

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