Grey Owl

Geschrieben von:
Michael Boldhaus
Veröffentlicht am:
10. Mai 2000
Abgelegt unter:
CD

Score

(4/6)

Richard Attenborough stellte seinen Film Grey Owl bereits 1998 fertig. Mit ziemlicher Verspätung gelangte der Film am 13.4.2000 in die deutschen Kinos. Allerdings scheint die 20th Century Fox wenig Interesse an diesem Projekt zu haben, denn offenbar sind kaum Kopien in Umlauf.

Grey Owl schildert die wahre Geschichte des Halbblutes Archie Grey Owl (Pierce Brosnan), der im Kanada der dreißiger Jahren durch sein Engagement für den Schutz der Natur, der Tiere und der Wälder für Aufsehen sorgte. Mit einem selbst verfassten Buch „Pilgrims of the Wild“ ging er sogar auf Vortragstour nach England. Von Southampton bis Leicester standen die Menschen Schlange, um den geistigen Nachfolger des legendären Indianerhäuptlings Hiawatha in voller Stammeskluft zu sehen und als Redner zu erleben. Allerdings war der Zeitungsreporter Cyrus Finney (Stewart Blick) bereits Archies Geheimnis auf der Spur – dieser war überhaupt kein Halbblut sondern ein Weißer mit gefälschter Biografie. Aus Respekt vor dem Engagement versprach Finney aber, das Geheimnis erst nach Grey Owls Tod zu lüften. Nach dessen Tod 1938 allerdings schwand mit der Aufdeckung seiner Herkunft rasch der Ruhm als Nationalheld, und seine ehrenvolle Sache geriet in Vergessenheit.

Richard Attenborough und sein Bruder David haben den historischen Grey Owl noch live erlebt und, wie sich der Regisseur schmunzelnd erinnert, hat David sein signiertes Exemplar von „Pilgrims of the Wild“ bis heute aufbewahrt. Attenborough wurde 1923 in Cambridge geboren und gehört zu den großen „Alten“ des Kinos. Als Schauspieler erhielt er bereits 1942 seine erste Filmrolle und wirkte in seiner langen Laufbahn sowohl als Regisseur, Produzent und als Darsteller. Zu seinen bekanntesten Regiearbeiten zählen Young Winston (1972) und Gandhi (1982). Vielen jüngeren Lesern dürfte er als Schauspieler in den Spielberg-Filmen Jurassic Park und dessen Fortsetzung Lost World eher ein Begriff sein.

Wie mir aus zuverlässiger Quelle berichtet wurde, ist Grey Owl in epischen, zum Teil grandiosen Naturstimmungen gehalten, die speziell für das große Kino in CinemaScope konzipiert sind. Diese sind auch dem Kameramann Roger Pratt zu verdanken, der schon zu Filmen wie Batman und Twelve Monkeys eindrucksvolle Bilder inszeniert hat. Sicher wirkt der Film des 77-jährigen Regisseurs auch „altmodisch“, da er nicht auf Action, sondern eher auf traditionelles Erzählkino in üppigen Bildern zielt.

Dem britischen Komponisten George Fenton, dessen Arbeit zu Andy Tennants Anna und der König auf Cinemusic schon gut bewertet wurde, hat auch zu diesem prä-grünen Öko-Epos Grey Owl einen geschmackvollen, melodischen Musikbeitrag geliefert. Auch hier sind die Hauptakteure Streichinstrumente und Harfe, die überwiegend in breiter melodischer Americana schwelgen dürfen; und behutsam erzeugtes pseudo-indianisches Klangkolorit (weitgehend Flöten und Schlagwerk) symbolisiert die Welt der Indianer. Wer die Musik zu Anna und der König mag, dem dürfte auch die ähnlich lyrisch warme Tonschöpfung zu Grey Owl gefallen. Vielleicht ist der Gesamteindruck nicht so stark und unmittelbar, wie in der Komposition zu Tennants asiatischem Epos, da die Komposition hier (zwangsläufig) nicht so prächtig angelegt ist, aber hörenswert ist die ansprechende Musik sicherlich. Besonders schön gelungen sind Fenton die Illustration der zarten Liebeszenen (z. B. Track 8 „Archie and Pony“) und verschiedene Naturstimmungen (z. B. Track 12 „Journey to Elk River“). Das Booklet bietet verschiedene Bilder und einige Informationen zum Film, und die Picture-CD zeigt Action-Pierce-Brosnan ungewohnt als zopfiges Halbblut. Die tadellose Tonqualität der Aufnahme rundet den positiven Eindruck der sorgfältig produzierten CD ab.

Fazit: Nur wenige Filmfreunde dürften überhaupt Gelegenheit haben, Richard Attenboroughs Alters-Regiearbeit zum Öko-Epos Grey Owl auf der großen Kinoleinwand sehen zu können. George Fentons gelungene lyrisch-romantische Musikuntermalung ist dagegen in Form der CD leicht zugänglich und wird hoffentlich häufiger in den Archiven der Sammler zu finden sein.

Komponist:
Fenton, George

Erschienen:
2000
Gesamtspielzeit:
55:38 Minuten
Sampler:
Label X
Kennung:
LXE 710

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